
Es ist eine erschütternde Geschichte, die an diesem Dienstag am Landgericht Bamberg zu hören ist. Ein 39-Jähriger aus Zeil (Lkr. Haßberge) ist unter anderem wegen versuchten Mordes angeklagt. Er soll im April seinem zwei Monate alten Sohn schwere Verletzungen zugezogen haben - in Tötungsabsicht. Am zweiten Verhandlungstag nun wurden die Aussagen der Mutter des Kindes verlesen.
Der 39-Jährige hatte am ersten Prozesstag die Anklagepunkte weitgehend eingeräumt. Deshalb musste seine Lebensgefährtin nun nicht selbst in den Zeugenstand.
Lebensgefährtin schildert schwierige Beziehung und Gewalt
Was die Mutter gegenüber der Polizei geschildert hatte: Anfangs sei ihre Beziehung noch in Ordnung gewesen. Doch irgendwann entpuppte sich der Mann als äußerst eifersüchtig - grundlos, sagt die Frau. Im Gegenteil: Sie habe ihn beim Sex mit einer anderen erwischt. Als sie ihn zur Rede stellte, habe sie keine Entschuldigung zu hören bekommen - sondern eine Faust ins Gesicht.
Als der 39-Jährige erfahren habe, dass er Vater wird, sei er schockiert gewesen. Er habe versucht, sie zu einer Abtreibung zu drängen, so die Aussage der 30-Jährigen. Es sei erneut zum Streit gekommen, ihr Lebensgefährte habe sie wieder ins Gesicht geschlagen.
Nach der Geburt sei die Lage schwieriger geworden, schildert die Frau. Der 39-Jährige habe den Säugling immer öfter angeschrien und sie geschlagen. Zur Polizei sei sie aber nicht gegangen: "Im Iran ist es normal, dass man als Frau geschlagen wird." Man habe dort kein Vertrauen in Polizei und Justiz, geholfen werde den Frauen nicht.
Fenster geöffnet und gedroht: Das Baby war in größter Gefahr
Auch als er im April, einige Tage vor dem Angriff auf das Baby, mit einem Küchenmesser gedroht habe, er werde sie alle umbringen, habe sie geschwiegen. Der 39-Jährige werde immer aggressiv, wenn etwas nicht so geschehe, wie er es sich vorgestellt habe, so die Schilderung der Mutter.
In der Tatnacht selbst war die Gefahr für den Säugling offenbar noch größer als bislang bekannt. Der Polizei hatte die Frau nach dem Vorfall geschildert, wie der Vater das Baby nahm, ein Fenster öffnete und drohte, es hinauszuwerfen. "Ich will das Kind nicht mehr. Ich werde es töten", habe er gesagt. Erst durch ihr Flehen habe er davon abgelassen, so die Mutter. Er habe sie aber gewarnt, dass er das Kind, sie und sich selbst töten werde, wenn sie die Polizei holen werde.
Tatsächlich versucht der 39-Jährige, als die von einem Nachbarn herbeigerufenen Beamten bereits in der Wohnung sind, den Kopf des Kleinen mit bloßen Händen zu zerquetschen. Nur der volle Einsatz der Polizisten verhindert das Schlimmste. Sie selber habe keine Hilfe holen können, der Mann habe ihr Smartphone zerstört, sagt die Mutter. Und ein Freund, der in der Wohnung übernachtet habe, habe Angst vor dem als gewalttätig bekannten Mann gehabt.
Mutter von der Schwester des Lebensgefährten bedrängt und bedroht
Nach dem Vorfall habe sich die Schwester des Mannes gemeldet, heißt es in der Aussage der 30-Jährigen. Sie solle doch angeben, der Vater habe das Kind versehentlich fallen lassen, und ihre Strafanzeige zurückziehen. Wenn sie bei der Wahrheit bliebe, werde sie richtige Probleme bekommen, habe die Schwester gedroht.
Doch die Frau bleibt dabei, dass der 39-Jährige das Baby zu Boden geworfen hat, absichtlich und mit voller Wucht, aus einer Höhe von knapp zwei Metern. Die Schwester des Mannes habe ihr gedroht, sie werde ihr das Baby wegnehmen, sagt die Zeugin. Als klar ist, dass die Mutter des Kindes gegen den 39-Jährigen aussagen wird, sei ihr nach lautstarken Beschimpfungen und Beleidigungen final gedroht worden: Wenn ihr Bruder längere Zeit ins Gefängnis müsse, werde sie das Baby töten.
30-Jährige nach Vorfall unter Polizeischutz
Die Mutter des Kindes steht unter Polizeischutz und lebt in einer Wohnung an unbekanntem Ort. Der Prozess wird an diesem Mittwoch mit psychiatrischen und rechtsmedizinischen Gutachtern fortgesetzt. Sie sollen die Schuldfähigkeit des Mannes sowie die Gefährlichkeit der Gewalttaten einschätzen.