Der Drang, endlich wieder aufzutreten, ist der Zirkusfamilie Lauenburger deutlich anzumerken. "Es wird Zeit, dass es wieder auf Reise geht", sagt André Lauenburger, der das Familienunternehmen mittlerweile in der achten Generation leitet. Seit etwa 200 Jahren gibt es den Circus Julius Lauenburger. Doch die letzten zwei Jahre waren hart für die Familie. In den Zeiten der besonders strengen Corona-Regeln konnten sie gar keine Vorstellungen geben, dazwischen ging es "immer wieder punktuell". Im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt André Lauenburger, wie der Zirkus, der seit 2007 regelmäßig in Wonfurt sein Winterquartier aufschlägt, die Zeit überstanden hat.
Viel Unterstützung kam von den Menschen in Wonfurt
"Es war die Bevölkerung hier, die uns am Leben gehalten hat", sagt der Zirkus-Chef. Die Hilfe, die der Zirkus durch die Menschen aus Wonfurt erhalten hat, bestand unter anderem aus Geld- und Lebensmittelspenden, aber auch daraus, dass einige Bürgerinnen und Bürger des Ortes Möglichkeiten für Aufführungen vermittelten. "Das ist gar nicht mehr in Worte zu fassen", berichtet der 47-Jährige.
Voll des Lobes ist er auch für den Wonfurter Bürgermeister Holger Baunacher (CSU). Nachdem der Zirkus seit vielen Jahren auf dem Platz hinter dem Kindergarten die Wintermonate verbringt, sei Baunacher gleich zu Beginn der Corona-Krise auf die Artisten zugekommen und habe ihnen gesagt, sie könnten das Gelände auf jeden Fall für längere Zeit in Anspruch nehmen. "Wir sehen die Familie als Wonfurter, sie gehören zu uns", sagt der Bürgermeister im Gespräch mit der Redaktion. "Wenn jemand Unterstützung braucht, bekommt er die auch von uns."
Mittlerweile haben die Zirkusleute auch zahlreiche Bekannte und Freunde im Ort. Geärgert hat sich die Familie allerdings darüber, dass offenbar in den letzten Jahren jemand die große Beliebtheit des Zirkus in der Bevölkerung ausgenutzt hat: "Leute haben in unserem Namen Geschäfte abgeklappert", berichtet Lauenburger.
So seien Personen, die gar nichts mit dem Zirkus zu tun haben, unter anderem in Haßfurt unterwegs gewesen und hätten dort versucht, angebliche Spenden für den Zirkus zu sammeln. "Wir hören das immer wieder von der Bevölkerung", sagt der Zirkus-Chef und stellt klar: "Von uns geht definitiv keiner sammeln oder betteln!"
Eine Arbeit als Lkw-Fahrer scheiterte an der Versicherung
Und wie kam, abgesehen von den Spenden einiger Wonfurter, genug Geld zusammen, um die Zeit zu überstehen? Da gab es zum einen die staatlichen Hilfen für Menschen, die aufgrund der Pandemie ihren Beruf nicht ausüben konnten. "Da haben wir einmal ein bisschen bekommen", erinnert sich Lauenburger. Problematisch fand er aber, dass das Geld innerhalb eines Dreivierteljahres zurückgezahlt werden sollte, ohne dass es dazwischen viele Gelegenheiten für Einnahmen gegeben hätte.
Ansonsten hatte die Zirkusfamilie versucht, mit anderen Arbeiten ein bisschen Geld zu verdienen – vor allem durch Minijobs, unter anderem als Zeitungsausträger. Eigentlich, so berichtet Lauenburger, hätten sie gerne noch mehr gemacht. Unter anderem haben viele Zirkusleute einen Lkw-Führerschein, den sie brauchen, um während der Spielzeit mit ihrem ganzen Material von einem Spielort zum nächsten umzuziehen. So hätte es sich durchaus angeboten, als Fahrer zu arbeiten. Doch die Zeit mit einem "größeren" Job zu überbrücken, wäre aus versicherungstechnischen Gründen schwierig geworden.
Außerdem sei Lauenburger die Umstellung auf recht monotone Minijobs durchaus schwergefallen, im Vergleich zum vielseitigen Zirkus-Leben. Schließlich besteht die Tätigkeit eines Artisten nicht nur darin, als Akrobat, Tierdresseur oder Clown in der Manege zu stehen. Gefragt sind auch handwerkliche Fähigkeiten, wenn es um Reparaturen oder den Aufbau der Zelte geht, ebenso wie um organisatorische Aufgaben. "Man ist Manager, Lkw-Fahrer, Artist, Maler, Lackierer und noch mehr", zählt er auf.
Die Familie stemmt alles alleine
Die Lauenburgers sind stolz darauf, dass sie das alles alleine schaffen. Der Zirkus ist ein reines Familienunternehmen, zu dem neben André noch seine Frau Nadine sowie vier der fünf Kinder des Paares gehören: Manoel, Chiara, Charlize und Marvin. Ebenfalls mit dabei sind Andrés Mutter Marga, seine Schwester Anja und seine Schwiegertochter Selina.
So gut die Zirkusfamilie auch in Wonfurt aufgenommen wurde: Ihnen fehlt es, auf Reisen zu sein. Und auch die Vorstellungen fehlen. Wenn man die Zirkusnummern immer nur trainiere, ohne sie vor Publikum aufzuführen, gingen nicht nur Einnahmen, sondern auch die Motivation verloren. So sind die Lauenburgers umso glücklicher, dass es nun endlich wieder losgeht. "Wir hoffen, dass wir in zwei bis drei Wochen hier weg sind", sagt der 47-Jährige.
Vorher stehen allerdings über die Ostertage noch drei Vorstellungen im Wonfurter Winterquartier an. Danach geht es wieder auf Tour durch Ober- und Unterfranken: Etwa von Miltenberg bis Bayreuth reicht das Gebiet, in dem der Zirkus von März bis November jedes Jahr umherzieht. Früher hätte der Zirkus sehr knapp geplant und oft nicht gewusst, wo er in ein paar Tagen spielen würde. Jetzt, wo der Circus Lauenburger einen guten Namen hat, sei es möglich, schon die gesamte Saison weitgehend vorauszuplanen.
Neben den normalen Vorstellungen bietet der Zirkus auch viele Schulprojekte an, in denen Kinder etwas Artistik beigebracht bekommen und kleine Nummern vorbereiten. Immerhin: In einem gewissen Rahmen konnten diese Dinge auch in Corona-Zeiten stattfinden, wenn auch Pandemie-bedingt so manche Abschlussvorstellung vor den Eltern ausfallen musste.
Die Angst vor neuen Beschränkungen schwingt mit
Und wie hat sich der Circus Lauenburger allgemein durch die Zwangspause verändert? "Früher hatten wir mehr Tiere", sagt Lauenburger. Doch Pferde, Lamas, Kamele und Ziegen hat der Zirkus nun abgegeben, "die letzten sind an einen Kollegen nach Dänemark gegangen".
Die Tiere, die viel Futter brauchen, über die Zeit zu bringen, wäre zu schwierig gewesen. Behalten haben sie aber ihre Hunde: "Unsere Hundenummer ist deutschlandweit eine der besten", ist der Zirkus-Chef überzeugt.
Glaubt André Lauenburger daran, dass jetzt wieder alles normal wird? "Wir haben jetzt Lockerungen, aber man glaubt noch nicht so richtig dran", meint er. "Die Wahrheit wird der nächste Winter uns bringen."
Drei Vorstellungen des Circus Lauenburger gibt es am Karsamstag, Ostersonntag und Ostermontag, jeweils um 14 Uhr in Wonfurt.