
Dunkle Wolken schweben über dem Arbeitsmarkt im Landkreis Haßberge. Zumindest ist das den Ausführungen von Thomas Stelzer, dem Leiter der Schweinfurter Agentur für Arbeit, zu entnehmen. Er brachte dem Kreisausschuss für Arbeit und Soziales nämlich am Montag die aktuelle Lage näher.
Wie die Aussichten genau sind, das vermochte er aber nicht zuverlässig zu beurteilen. Denn auf dem Arbeitsmarkt beobachten er und die Mitarbeiter seiner Behörde gewaltige Veränderungen, die aber zum Teil im Hintergrund ablaufen. Entlassungen, Umstrukturierungen, Standortschließungen oder Zentralisierung besonders bei den großen Arbeitgebern – diese Maßnahmen betrachtet er mit Sorge. Wie sich das alles auswirkt? Offen.
Die Quote liegt bayernweit im unteren Drittel
Zumindest scheint die Ausgangslage im Landkreis Haßberge aber nicht die Schlechteste zu sein. Stelzer sprach von einer aktuellen Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent, das bezeichnete er als "niedrig. Denn wir hatten schon das Doppelte oder Dreifache" blickt er auf die vergangenen Jahre zurück. Im Vergleich mit dem restlichen Bayern sind diese Zahlen auch nicht so schlecht, die bewegen sich zwischen 2,1 Prozent (Eichstätt) und 7,6 (Hof).
Dass es die von Stelzer angesprochene "Trendumkehr" gibt, verdeutlicht ein Blick auf die vergangenen sechs Jahre. Zwischen 2014 und 2018 sank die Zahl der Erwerbslosen immer weiter, 2019 stieg sie erstmals wieder an – und kletterte 2020 erneut nach oben. Das sei gar nicht mal so sehr corona-bedingt, bereits im vergangenen Herbst hätten sich viele Menschen aus der Großindustrie arbeitslos gemeldet.
Gesundheits- und Sozialberufe als Jobmotor
Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigt kontinuierlich, sogar in den vergangenen beiden Jahren habe sich diese Zahl gesteigert. Den Bereich Gesundheits- und Sozialwesen hat der Chef der Schweinfurter Behörde als Jobmotor ausgemacht.

Von Kurzarbeit, die durch den Ausbruch der Corona-Pandemie verstärkt zum Thema wurde, ist der Landkreis Haßberge "stärker betroffen als das Bundesgebiet". Von den 2100 Unternehmen hätten 772, also etwa ein Drittel, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht. "Die Zahl der Kurzarbeiter ist aber rückläufig", das sei das Ergebnis der Lockerungen. 95 Prozent aller Gastronomiebetriebe hätten ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, im Segment der Künste seien es 78 Prozent, im verarbeitenden Gewerbe 57 Prozent aller Firmen. In der Summe sprach Stelzer von fast 12 000 Menschen, die ihren Job nicht in Vollzeit ausüben können.
Kurzarbeit hat viele Fehlerquellen
Unterm Strich wertete Stelzer den Einsatz des Instruments Kurzarbeit als "gutes Zeichen, weil die Mitarbeiter gehalten werden sollen". Er gab unumwunden zu, dass die Vorschriften "kompliziert" seien und viele Fehler passieren, zum großen Teil aus mangelndem Wissen, allerdings auch zu einem geringen Teil "bewusst".
Auf dem Ausbildungsmarkt sieht es aus Sicht der Schulabgänger rosig aus, denn es gibt nach wie vor "mehr Stellen als Bewerber". In Zahlen ausgedrückt: Für 464 potenzielle Azubis gibt es 551 Angebote. Aktuell sind 180 Stellen offen, dem stehen 44 Schulabsolventen gegenüber, die also im Schnitt aus 4,1 Ausbildungsmöglichkeiten wählen könnten.
Über die Landkreisgrenzen hinaus blickte Stelzer in Sachen Pendler. "Was in Schweinfurt, Bamberg und Coburg passiert, ist für den Kreis Haßberge sehr bedeutend". Denn fast die Hälfte der fast 36 500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeitet in den benachbarten Landkreisen. Einpendler gleichen das aus, allerdings nicht in gleichem, sondern etwas geringeren Maße (gut 8000).
