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Kreis Haßberge
Arbeitsmarkt im Kreis Haßberge: Dunkle Wolken und Hoffnung
Mit Sorge blickt Thomas Stelzer, der Chef der Schweinfurter Agentur für Arbeit, auf die Situation am Arbeitsmarkt. Warum er trotzdem guter Dinge ist.
Vor gewaltigen Veränderungen steht der Arbeitsmarkt im Landkreis Haßberge, meint Thomas Stelzer, Leiter der Schweinfurter Agentur für Arbeit. Er dachte dabei auch, aber nicht nur, an die geplante Schließung des Eltmanner Schaeffler-Werkes. 
Foto: René Ruprecht | Vor gewaltigen Veränderungen steht der Arbeitsmarkt im Landkreis Haßberge, meint Thomas Stelzer, Leiter der Schweinfurter Agentur für Arbeit.
Jochen Reitwiesner
Jochen Reitwiesner
 |  aktualisiert: 14.02.2024 16:01 Uhr

Dunkle Wolken schweben über dem Arbeitsmarkt im Landkreis Haßberge. Zumindest ist das den Ausführungen von Thomas Stelzer, dem Leiter der Schweinfurter Agentur für Arbeit, zu entnehmen. Er brachte dem Kreisausschuss für Arbeit und Soziales nämlich am Montag die aktuelle Lage näher.

Wie die Aussichten genau sind, das vermochte er aber nicht zuverlässig zu beurteilen. Denn auf dem Arbeitsmarkt beobachten er und die Mitarbeiter seiner Behörde gewaltige Veränderungen, die aber zum Teil im Hintergrund ablaufen. Entlassungen, Umstrukturierungen, Standortschließungen oder Zentralisierung besonders bei den großen Arbeitgebern – diese Maßnahmen betrachtet er mit Sorge. Wie sich das alles auswirkt? Offen.

Die Quote liegt bayernweit im unteren Drittel

Zumindest scheint die Ausgangslage im Landkreis Haßberge aber nicht die Schlechteste zu sein. Stelzer sprach von einer aktuellen Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent, das bezeichnete er als "niedrig. Denn wir hatten schon das Doppelte oder Dreifache" blickt er auf die vergangenen Jahre zurück. Im Vergleich mit dem restlichen Bayern sind diese Zahlen auch nicht so schlecht, die bewegen sich zwischen 2,1 Prozent (Eichstätt) und 7,6 (Hof).

Dass es die von Stelzer angesprochene "Trendumkehr" gibt, verdeutlicht ein Blick auf die vergangenen sechs Jahre. Zwischen 2014 und 2018 sank die Zahl der Erwerbslosen immer weiter, 2019 stieg sie erstmals wieder an – und kletterte 2020 erneut nach oben. Das sei gar nicht mal so sehr corona-bedingt, bereits im vergangenen Herbst hätten sich viele Menschen aus der Großindustrie arbeitslos gemeldet.

Gesundheits- und Sozialberufe als Jobmotor

Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigt kontinuierlich, sogar in den vergangenen beiden Jahren habe sich diese Zahl gesteigert. Den Bereich Gesundheits- und Sozialwesen hat der Chef der Schweinfurter Behörde als Jobmotor ausgemacht. 

Arbeitsmarkt im Kreis Haßberge: Dunkle Wolken und Hoffnung

Von Kurzarbeit, die durch den Ausbruch der Corona-Pandemie verstärkt zum Thema wurde, ist der Landkreis Haßberge "stärker betroffen als das Bundesgebiet". Von den 2100 Unternehmen hätten 772, also etwa ein Drittel, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht. "Die Zahl der Kurzarbeiter ist aber rückläufig", das sei das Ergebnis der Lockerungen. 95 Prozent aller Gastronomiebetriebe hätten ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, im Segment der Künste seien es 78 Prozent, im verarbeitenden Gewerbe 57 Prozent aller Firmen.  In der Summe sprach Stelzer von fast 12 000 Menschen, die ihren Job nicht in Vollzeit ausüben können. 

Kurzarbeit hat viele Fehlerquellen

Unterm Strich wertete Stelzer den Einsatz des Instruments Kurzarbeit als "gutes Zeichen, weil die Mitarbeiter gehalten werden sollen". Er gab unumwunden zu, dass die Vorschriften "kompliziert" seien und viele Fehler passieren, zum großen Teil aus mangelndem Wissen, allerdings auch zu einem geringen Teil "bewusst".

Auf dem Ausbildungsmarkt sieht es aus Sicht der Schulabgänger rosig aus, denn es gibt nach wie vor "mehr Stellen als Bewerber". In Zahlen ausgedrückt: Für 464 potenzielle Azubis gibt es 551 Angebote. Aktuell sind 180 Stellen offen, dem stehen 44 Schulabsolventen gegenüber, die also im Schnitt aus 4,1 Ausbildungsmöglichkeiten wählen könnten. 

Über die Landkreisgrenzen hinaus blickte Stelzer in Sachen Pendler. "Was in Schweinfurt, Bamberg und Coburg passiert, ist für den Kreis Haßberge sehr bedeutend". Denn fast die Hälfte der  fast 36 500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeitet in den benachbarten Landkreisen. Einpendler gleichen das aus, allerdings nicht in gleichem, sondern etwas geringeren Maße (gut 8000). 

Thomas Stelzer, Leiter der  Arbeitsagentur Schweinfurt (hier auf einem Archivfoto), schilderte dem Kreisausschuss Arbeit und Soziales die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt. 
Foto: Gerd Landgraf | Thomas Stelzer, Leiter der  Arbeitsagentur Schweinfurt (hier auf einem Archivfoto), schilderte dem Kreisausschuss Arbeit und Soziales die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt. 

Punkt für Punkt aus dem Kreisausschuss für Arbeit und Soziales

Mehrere Förderanträge segnete das Gremium ab. Für das Projekt "Haßberg-Card" gibt der Landkreis Haßberge 19 260 Euro Zuschuss, für die Migrations- und Sozialberatung 50 900 Euro und für die Wohnungs- und Sozialbörse "FairMieten" 24 705 Euro. 
Das "Netzwerk Betreuungsverein Haßberge" erhält für seine Arbeit künftig einen höheren Stundensatz, er beläuft sich nicht mehr auf 44 Euro, sondern ab 1. Januar 2012 auf 48,85 Euro. Der Verein bemüht sich darum, in Zusammenarbeit mit den Betroffenen eine Vormundschaft zu vermeiden. 
Das Modell der Integrationslotsen möchte der Landkreis Haßberge auch in den kommenden drei Jahren fortführen. Damit Siza Zaby ihre Arbeit fortsetzen kann und es finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite gibt, muss der Landkreis vorab seine Unterstützung zusagen – was er auch tat. Ein Fünftel der anfallenden Kosten muss die Behörde am Herrenhof übernehmen. 
Der Caritas-Kreisverband Haßberge erhält für die Jahre 2021 bis 2023 Gelder für seine Flüchtlings- und Integrationsberatung, die er ab Januar dann unter eigener Federführung organisiert. Bislang war das Landratsamt mit eingebunden. Für das kommende Jahr kostet das den Landkreis voraussichtlich 35 500 Euro. 
Das Mehrgenerationenhaus, das das Bayerische Rote Kreuz in Haßfurt betreibt, unterstützt der Landkreis Haßberge im Jahr 2020 mit 60 900 Euro.  In den kommenden Jahren wird ähnlich verfahren, der Ausschuss gab ein formales Bekenntnis dazu ab. Der Schritt ist nötig, um auch künftig Fördergelder des Bundes zu erhalten. 
Das Bundesprogramm "Demokratie leben!", das unter dem Dach des BRK im Mehrgenerationenhaus in Haßfurt angesiedelt ist, wird 2021 mit knapp 14 000 Euro bezuschusst. In dem Projekt wird vor allem gegen alle Formen von Extremismus gekämpft und für zivilgesellschaftliches Engagement. 
Quelle: MP/jre
 
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