Für viele Haßfurter Feuerwehrleute kam die Nachricht sicher überraschend: Als zum Jahreswechsel die Neuwahl der Kommandanten anstand, wollten sich weder die langjährige Kommandantin Julia Volpert noch ihr Stellvertreter Thomas Kainz erneut zur Wahl stellen. Zwar blieben die beiden notgedrungen noch vier Monate länger im Amt: Durch die Corona-Pandemie war es einige Zeit lang nicht möglich, die Wahlen abzuhalten. Doch mittlerweile ist der Wechsel vollzogen: Am 1. Mai haben der neue Kommandant Christian Meisch und sein Stellvertreter Julian Weidinger ihre Ämter übernommen.
Auch in der Freizeit nicht wirklich frei
"Es ist ein wahnsinniger Zeitaufwand", begründet Julia Volpert, warum sie nach zwölf Jahren beschlossen hat, den Posten aufzugeben. So beschreibt die 45-Jährige beispielsweise, wie sehr auch das Privatleben eingeschränkt wird: "Wenn man Dienst hat, kann man nicht einfach mal eine Fahrradtour machen." Gerade für das Führungspersonal gelte eben, dass man auch in der Freizeit schnell einsatzbereit sein muss. Dass letzte Mal, dass sie Alkohol getrunken habe, liege deshalb mittlerweile zwei Jahre zurück, berichtet Volpert in einem Pressegespräch, das Corona-konform per Videochat stattfindet.
Mit dabei sind Thomas Kainz, der in den letzten sechs Jahren ihr Stellvertreter war, sowie die beiden Nachfolger Christian Meisch und Julian Weidinger. "Wenn man Bereitschaft hat, kann man vielleicht mal schnell nach Knetzgau fahren", sagt Kainz. Das sei nahe genug und man sei schnell wieder zuhause oder beim Gerätehaus. Aber mal in der Freizeit nach Bamberg oder Würzburg zu fahren, sei für Feuerwehrkommandanten oft undenkbar.
Verantwortlich für die Feuerwehren aller Ortsteile
Dazu komme eine große Verantwortung: "Eine Feuerwehr der Größenordnung von Haßfurt ist schon keine kleine Wehr", betont Julia Volpert. Im Schnitt seien es 150 bis 180 Einsätze pro Jahr, in Jahren mit extremen Ereignissen wie beispielsweise Überschwemmungen könne die Zahl aber auch auf bis zu 300 Einsätze steigen. Dazu kommt: Wer die Feuerwehr der Stadt Haßfurt anführt, ist gleichzeitig federführender Kommandant für die Wehren aller Ortsteile – das bedeutet eine Verantwortung für rund 400 Feuerwehrleute und 22 Fahrzeuge.
Diese vielen Aufgaben mit einem Privatleben unter einen Hut zu bringen, sei schon früher schwierig gewesen. Als 2020 die Corona-Krise dazukam, bedeutete das für Julia Volpert auch, dass sie mehr Zeit brauchte, um in den Phasen des Distanzunterrichts für ihre Tochter da zu sein. Auch wenn mittlerweile ein Ende der Pandemie absehbar ist, sei das der letzte Auslöser gewesen, bei der Feuerwehr den Posten als Kommandantin abzugeben. Denn: "Bevor ich etwas nur halb mache, mache es lieber nicht mehr."
Einiges an Gestaltungsspielraum
Seit Volpert 2009 das Amt übernahm, wurden zwei hauptamtliche Stellen bei der Stadt Haßfurt geschaffen, die vor allem dazu dienen, der Feuerwehr den Rücken freizuhalten. Eine davon übernahm Julia Volpert selbst: Seit 2011 ist sie Sachbearbeiterin für Brand- und Katastrophenschutz. Diesen Posten bei der Stadt wird sie auch weiterhin behalten, wenn auch nicht mehr in Personalunion als Feuerwehrkommandantin. 2014 kam außerdem eine Stelle für einen hauptamtlichen Gerätewart dazu.
Aber wie viel von der Tätigkeit eines Feuerwehrkommandanten besteht eigentlich aus "Pflichtaufgaben" und wie viel Gestaltungsspielraum bleibt da noch übrig? "Man kann schon viel gestalten", meint Volpert. Ob dieser Spielraum auch genutzt wird, hänge aber stark vom Amtsinhaber ab. "Da hab ich bei den beiden ein gutes Gefühl", sagt Volpert über ihren Nachfolger und dessen Stellvertreter. "Sicher haben wir einige Ideen", sagt Christian Meisch, auch wenn er betont, er und Julian Weidinger hätten die Feuerwehr in einem "Top-Zustand" übernommen.
Alte Konzepte und neue Ideen
Zunächst wollen sie Konzepte abschließen, die noch unter der Führung von Julia Volpert begonnen wurden. "Das Wechselladerkonzept wird uns noch einige Zeit begleiten", sagt Meisch. Parallel wollen die beiden Neuen eigene Ideen mit einbringen.
Bei Wechselladern handelt es sich um eine Art von Einsatzfahrzeug, die mittlerweile bei Feuerwehren recht beliebt ist: Das Fahrzeug kann Abrollbehälter transportieren, die sich einfach auf- und abladen lassen. So braucht die Feuerwehr weniger Fahrzeuge, um sehr unterschiedliche Dinge zum Einsatzort transportieren zu können – je nachdem, was dort gebraucht wird. In Haßfurt gibt es hier mittlerweile zwei solche Fahrzeuge und acht Abrollbehälter.
Als Beispiele für weitere Projekte, die Julia Volpert in ihrer Amtszeit umgesetzt hat, nennt die Haßfurter Feuerwehr in einer Pressemitteilung zum Amtswechsel beispielsweise ein innovatives Atemschutzbetreuungskonzept sowie den Aufbau einer Führungsunterstützungsgruppe.
Dem Hobby die Krone aufsetzen
Christian Meisch und Julian Weidinger geben zu, bisher keinen Gedanken an das Kommandantenamt verschwendet zu haben, obwohl beide seit 2004 dabei sind. Erst als Julia Volpert und Thomas Kainz den beiden 29-Jährigen sagten, dass sie sie für geeignete Nachfolger hielten, hätten sie begonnen, sich darüber Gedanken zu machen. Umfragen hätten dann als eindeutiges Ergebnis hervorgebracht, dass sich auch die Mehrheit der übrigen Feuerwehrleute Meisch und Weidinger als neue Kommandanten wünschte. Das zeigte sich auch bei der Wahl: Meisch erhielt 87 Prozent Zustimmung, Weidinger 85. Ende April bestätigte auch der Haßfurter Stadtrat einstimmig die Kommandantenwahl.
"Es war definitiv kein Amt, von dem wir beide gesagt hätten: Da haben wir richtig Bock drauf", sagt Julian Weidinger. Lieber hätten sie weiter unter der Führung von Volpert und Kainz mitgearbeitet. "Aber die Feuerwehr liegt uns halt am Herzen und wir wollen, dass der Laden läuft."
Christian Meisch spricht von einer "Möglichkeit, dem Hobby die Krone aufzusetzen". Wobei die Feuerwehr für beide mehr als ein Hobby ist: Ähnlich wie Julia Volpert beschäftigen sich die neuen Kommandanten auch in ihren Hauptberufen mit dem Brandschutz. Christian Meisch ist Sachverständiger für Brandschutzanlagen, Weidinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Bamberg und promoviert derzeit zum Thema "Informationssysteme in Feuerwehren".
Die Verabschiedung gibt es erst nach der Pandemie
Damit ist der bisherige stellvertretende Kommandant Thomas Kainz der einzige in der Runde, der nicht auch beruflich mit der Feuerwehr zu tun hat: Der 55-Jährige ist Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Der Feuerwehr wollen Volpert und Kainz weiter treu bleiben und werden wohl auch in Zukunft als Zugführer an den Einsätzen beteiligt sein. Doch den Zeitaufwand und die Verantwortung, die das Kommandantenamt mit sich bringen, wollen sie jetzt an zwei jüngere Kameraden übergeben – zumal Christian Meisch und Julian Wiedinger keine Familie haben, was ihnen mehr Zeit für die Feuerwehraufgaben lässt.
Den Zeitaufwand habe Christian Meisch dennoch nicht auf die leichte Schulter genommen, berichtet er. "Aber richtig merken wird man's wohl erst im Betrieb", meint er - eine Aussage, der auch Julia Volpert aus Erfahrung zustimmt. Zum Ende ihrer Zeit als Kommandantin sagt sie: "Man muss auch loslassen können."
Ein Wehrmutstropfen: Eine angemessene Verabschiedung mit einem Rückblick auf die vergangene Amtszeit ist aktuell nicht möglich. Darauf werden Julia Volpert und Thomas Kainz wohl warten müssen, bis die Pandemie vorbei ist.