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Landkreis Haßberge
Amtsgericht Haßfurt: War der enge Körperkontakt einvernehmlich oder nicht?
Mit dieser Frage befasste sich das Gericht. Denn einem 29 Jahre alten Mann war vorgeworfen worden, eine zehn Jahre jüngere Frau sexuell genötigt zu haben.
Sie gingen gemeinsam aus einem Bierzelt (Symbolfoto),  dann kam es zwischen einem 29 Jahre alten Mann und einer zehn Jahre jüngeren Frau zu Körperkontakt. Das Gericht befasste sich mit der Frage, ob das einvernehmlich war oder ob es sich um sexuelle Nötigung handelte. 
Foto: Armin Weigel/dpa | Sie gingen gemeinsam aus einem Bierzelt (Symbolfoto),  dann kam es zwischen einem 29 Jahre alten Mann und einer zehn Jahre jüngeren Frau zu Körperkontakt.
Martin Schweiger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:31 Uhr

Weil er eine 19-Jährige im Oktober vergangenen Jahres am Rande einer Feier in einem Sportheim im Steigerwald sexuell genötigt und verletzt haben soll, musste sich am Mittwoch ein 29-Jähriger aus dem südlichen Landkreis am Amtsgericht verantworten.

Nach fast sechs Stunden Verhandlung sprach das Schöffengericht den Angeklagten mangels eindeutiger Beweise frei. Laut Anklage hat der Angeklagte am 3. Oktober vergangenen Jahres kurz nach Mitternacht die junge Frau unter Alkoholeinfluss gebeten, das Festzelt, in dem eine Geburtstagsfeier stattfand, mit ihm zu verlassen.

Im Freien soll er sie dann in der Dunkelheit gegen einen Zaun gedrückt und sie gegen ihren Willen geküsst haben. Dabei soll er ihren Kopf festgehalten und mit der Hand ihre Hand in seine offene Hose gesteckt haben. Die 19-Jährige habe sich dann befreien und davon laufen können, bei der Aktion  habe sie aber ein Hämatom und einen Kratzer am Arm davongetragen und Schmerzen erlitten.

Angeklagter: Küsse waren einvernehmlich

Auf der Anklagebank wies der Angeklagte die Vorwürfe von sich. Er habe damals Blickkontakt mit der vermeintlich Geschädigten gehabt. Darauf habe er ihr angeboten "draußen zu plaudern. Jeder weiß, was das heißt", ließ er das Gericht wissen. Gemeinsam habe man das Zelt verlassen und sich im Freien einvernehmlich geküsst, bis die 19-Jährige plötzlich davonlief. Sie habe seine Zungenküsse erwidert. Ihre Verletzungen könne er sich nicht erklären.

Die Geschädigte, die als Nebenklägerin auftrat, sagte im Zeugenstand unter Tränen, sie habe nicht gewusst, warum sie mit dem Angeklagten nach draußen gehen sollte. Gegen ihren Willen sei er dann übergriffig geworden, bis sie sich befreien konnte.  Sie könne seit dem Vorfall nicht mehr richtig schlafen. Sie müsse Tabletten nehmen, um über den Tag zu kommen. Außerdem habe sie Angst, alleine die Wohnung zu verlassen - aus Angst ihm zu begegnen.

Der Polizeibeamte hatte keine Zweifel an der Version der Frau

Zwei Tage nach der Tat habe sie mit Unterstützung einer Freundin Anzeige bei der Polizei in Bamberg erstattet. Der Polizeibeamte, der damals die Anzeige aufnahm, sagte vor Gericht, die Aussage der 19-Jährigen sei nachvollziehbar und schlüssig gewesen. Er habe keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt gehabt.

Dies sah der Staatsanwalt anders. Er erkannte Widersprüche in der Aussage der Geschädigten. Schließlich sei sie mit dem Angeklagten, den sie damals zum ersten Mal gesehen hatte, in die Dunkelheit gefolgt. Dies lasse Zweifel aufkommen, ob sie wirklich gegen ihren Willen geküsst worden sei. Bei der polizeilichen Aussage habe sie noch von einem gemeinsamen Zungenkuss gesprochen, was sie heute vor Gericht verneint habe. Möglicherweise habe sie die Küsse erst im Nachhinein als unangenehm empfunden.

Gericht sieht zu viele Ungereimtheiten

Es gebe zu viele Fragezeichen. Daher plädierte selbst der Anklagevertreter auf einen Freispruch. Dies konnte die Nebenklagevertreterin, Anwältin Martina Leuteritz, nicht verstehen. "Ich bin basserstaunt über den Vortrag des Staatsanwalts", sagte sie dem Gericht. "Ein Nein muss ein Nein bleiben", argumentierte sie und forderte eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, die das Gesetz als Mindeststrafe vorgibt. Da der Angeklagte nicht vorbestraft ist, könne die Strafe auf Bewährung ausgesetzt werden plus einer Geldauflage.

Verteidiger Helmut Gebhardt schloss sich dem Antrag des Staatsanwalts ebenso an wie das Schöffengericht. "Wir haben von keiner Seite gehört, was wirklich passiert ist", urteilte der Vorsitzenden Richter Christoph Gillot. Es gebe zu viele Ungereimtheiten. Es gebe zudem keine Beweise dafür, dass die 19-Jährige ein klares "Nein" gesagt habe. Er empfahl daher, den "Mund zum Reden zu benutzen, um Missverständnisse zu vermeiden". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Nebenklage kann noch Rechtsmittel einlegen.

 
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