
Mit rund 1,6 Promille Alkohol im Blut ist ein damals 19-jähriger Student aus dem Maintal am Abend des 10. Oktober vergangenen Jahres in Erlangen auf einem E-Scooter, einem motorisierten Tret-Roller, gefahren. Eine Polizeistreife kontrollierte ihn am Hauptbahnhof und nahm ihm gleich den Führerschein ab, nachdem der hohe Alkoholwert gemessen wurde. Außerdem erhielt der Student einen Strafbefehl über 300 Euro plus drei Monaten Fahrverbot. Er legte Einspruch ein – mit Erfolg.
Denn das Jugendgericht reduzierte am Montag die Dauer des Fahrverbots auf einen Monat. Verteidiger Steffen Vogel sagte, sein Mandant habe nicht gewusst, dass es sich bei dem E-Scooter um ein motorisiertes Fahrzeug handelt, das er unter Alkoholeinfluss nicht hätte fahren dürfen. Er habe mit Freunden fünf Bier und einen Cocktail getrunken und dazu Medikamente genommen, wodurch wohl der hohe Alkoholwert zustand kam.
Den E-Scooter, der vor der Kneipe auf dem Bürgersteig stand, habe er per Handy-App gemietet. Damit sei er dann die kurze Strecke von rund 200 Metern zum Bahnhof gefahren. Niemand sei gefährdet worden. Seit nunmehr sieben Monaten sei er seinen Führerschein wegen der Bagatellfahrt los.
Es hätte nicht einmal Fahrrad fahren dürfen
Der Staatsanwalt erwiderte, dass der Gesetzgeber den Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit auf 1,1 Promille festgelegt habe. Der Wert gelte für alle Kraftfahrzeuge und sei hier weit überschritten. Mit 1,6 Promille hätte der Angeklagte nicht einmal Fahrrad fahren dürfen, sagte der Anklagevertreter.
Dass der Angeklagte nicht wusste, dass er den E-Scooter nicht fahren durfte, könne die Strafe nicht mindern, sagte der Vorsitzende Richter Martin Kober. Denn einen solchen "Verbotsirrtum" gebe es im Verkehrsrecht nicht.
Lange Wartezeit: Führerschein ist sehr lange weg
Eine Einstellung des Verfahrens machte der Staatsanwalt nicht mit, da es sich um einen Regelfall handle. Er plädierte auf eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro plus drei Monaten Fahrverbot, wie bereits im Strafbefehl gefordert.
Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. Jeder könne einen Leih-Scooter per Handy freischalten. Dass er dies nicht durfte, habe der Angeklagte damals nicht gewusst.
Der Vorsitzende reduzierte das Fahrverbot auf nur noch einen Monat vor allem deshalb, weil der Angeklagte nun bereits seit sieben Monaten ohne Führerschein ist. Schuld daran sei vor allem die Corona-Krise, durch die sich der Verhandlungstermin verzögerte. Daher habe er eine Ausnahme vom Regelfall gemacht. Der Angeklagte verzichtete in einem sogenannten "Streckverzicht" auf eine Entschädigung für den langen Führerscheinentzug. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.