Eine Woche ist es her, dass Dauerregen über Unterfranken in Ebern eine Sturzflut auslöst. Es ist ein Jahrhunderthochwasser, wird Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) noch am Nachmittag feststellen. Besonders heftig trifft es die Dr.-Ernst-Schmidt-Realschule. Dort strömt das Wasser in das Kellergeschoss, während in den Stockwerken darüber die Abschlussprüfungen weiterlaufen. Der stellvertretende Schulleiter Florian Schraud erzählt im Interview mit dieser Redaktion, wie er den Ausnahmezustand erlebte, warum die Prüfung nicht abgebrochen wurde und welche Folgen die Fluten für die Schule haben.
Florian Schraud: Man kann hier wirklich von einer Katastrophe sprechen. Das Ausmaß war zu Beginn des Schultages aber nicht absehbar. Natürlich hatte es in der Nacht zuvor und am frühen Morgen sturzbachartig geregnet. Und natürlich stand auch Wasser auf dem Gelände. Das ist nicht ungewöhnlich, weil unser Schulgebäude in einer Senke liegt. Gegen 10.30 Uhr aber, als das Wasser in die Gräben vor den Kellerfenstern zu strömen begann und die Schächte der Fluchttreppen aus dem Kellergeschoss vollliefen, schrillten bei mir die Alarmglocken.
Schraud: Wir haben direkt den Keller evakuiert. Im Untergeschoss befindet sich unsere Küche. Dort wurde gerade gekocht. Ich rief: „Herd aus und raus!“ Dann haben wir die Schülerinnen und Schüler auf die verschiedenen Klassenzimmer auf den sicheren Stockwerken verteilt. Weil der Raum, in dem sich die Sicherungskästen befanden, als erster überflutet wurde, waren wir dann ab 11.30 Uhr ohne Strom. Auch unsere schuleigenen Server mussten wir herunterfahren, um größere Schäden zu verhindern. Das heißt: Die Kommunikation mit der Außenwelt war gekappt. Also haben wir eine Telefonkette eingerichtet, um die Eltern der Schülerinnen und Schüler über die Situation zu informieren. Und Unterricht fand an diesem Tag natürlich keiner mehr statt.
Schraud: Alles in allem ruhig und besonnen. Natürlich waren einige aufgeregt, schließlich haben sie gesehen, wie ernst die Lage im Kellergeschoss war. Gefahr für Leib und Leben bestand aber für niemanden. Zu keiner Zeit. Gegen 13 Uhr, als sich die Situation entspannt hatte, konnten wir die Kinder dann sicher nach Hause schicken.
Schraud: Genau, von 8.30 Uhr bis 11.25 Uhr wurde geschrieben.
Schraud: Nein, das stand zu keiner Zeit zur Debatte. Die Prüfungsräume im Erdgeschoss und im ersten Stock waren so gut abgeschottet und so weit abseits, dass hier nichts hätte passieren können. Wäre Wasser in einen Prüfungsraum gelaufen, hätten wir abbrechen müssen.
Schraud: Natürlich. Sie haben gesehen, dass es stark geregnet hat, und sie haben die Feuerwehrsirenen gehört. Dass das mit ihrer Schule zu tun hat, haben sie nicht mitgekriegt. Erst als sie nach der Prüfung einen Blick in den Keller gewagt haben, wurde ihnen klar, was wirklich los ist.
Schraud: Die Konsequenz wäre der Nachholtermin im September gewesen. Aber wie gesagt: Alle waren abgeschottet, weit weg von Trubel.
Schraud: Es sieht natürlich dramatisch aus. Die Räumlichkeiten – das sind Schulküche, Werkraum, Putzraum – sind nicht mehr nutzbar, genauso wie der Großteil der Einrichtung und Technik. Auch der Boden hat sich vollgesaugt mit Wasser. Und die Heizung ist ebenfalls nicht mehr funktionstüchtig.
Ein Schadensgutachten steht aber noch aus. Was klar ist: Wir werden den gesamten Keller in den Rohbauzustand zurücksetzen müssen. Das einzige was bleibt, sind die Decken.
Schraud: Stimmt, das ist besonders bitter. In den vergangenen Jahren war ich viel in die Planung der Sanierung involviert. Dann zu sehen, wie all das einfach wieder absäuft, macht sehr betroffen.
Aber wir haben gerettet, was zu retten ist. Und hier ein ganz großes Lob an unsere Schülerinnen und Schüler sowie an die Lehrkräfte der Schule, die am Dienstag und Mittwoch mit angepackt haben. Das macht mich wirklich stolz.
Schraud: Der Landkreis Haßberge, unser Schulträger, hat eine Elementarschadensversicherung auf das Gebäude und auf das Inventar abgeschlossen. Wer am Ende welchen Teil übernimmt, ist Stand jetzt Spekulation.
Schraud: Die Angst ist natürlich da. Mit dem Landratsamt haben wir deshalb das Gelände besichtigt und die kritischen Punkte begutachtet. Kleine Böschungen in Höhe von 20 bis 30 Zentimetern hätten die Katastrophe vielleicht verhindert. Das wollen wir angehen.
Schraud: Ab der nächsten Woche, wenn die Prüfungen beendet sind, wird jeder Klasse wieder ein eigenes Zimmer zur Verfügung stehen. Aber es wird eng, auch im kommenden Schuljahr. Wirkliche Normalität wird wohl erst dann zurückkehren, wenn die Sanierung im Keller fertig ist. Wann das der Fall sein wird, weiß ich Stand heute nicht.