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Ermershausen
Die "Queen Mum" der Ermershäuser Ermetzia dankt ab: Warum Marianne Bohl heuer zum letzten Mal in die Bütt ging
1984 hob sie den Faschingsverein mit aus der Taufe. Seitdem war die heute 70-Jährige als Aktive von der Bühne in Ermershausen nicht mehr wegzudenken. Bis jetzt.
Marianne Bohl prägte mit ihren Auftritten, vor allem in der Bütt, lange Jahre den Ermershäuser Fasching. Heuer stand sie bei der Ermetzia zum letzten Mal als Büttenrednerin auf der Bühne.
Foto: Rebecca Vogt | Marianne Bohl prägte mit ihren Auftritten, vor allem in der Bütt, lange Jahre den Ermershäuser Fasching. Heuer stand sie bei der Ermetzia zum letzten Mal als Büttenrednerin auf der Bühne.
Rebecca Vogt
 |  aktualisiert: 04.03.2024 02:39 Uhr

Inzwischen haben im Landkreis Haßberge die Faschingsnärrinnen und -narren das Zepter wieder aus der Hand gegeben. Die letzten Konfetti-Reste sind von den Straßen gekehrt und die meisten Kostüme wohl wieder in den Schrank oder auf den Speicher gewandert. Mit dem Beginn des Aschermittwochs endete traditionell das närrische Treiben. Und in Ermershausen damit in diesem Februar gewissermaßen auch eine Ära: Marianne Bohl nahm dort nach 40 Jahren ihren Abschied von der Bütt.

Freuden- und Abschiedstränen nach dem letzten Auftritt

"Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören", sagt die 70-Jährige auf ihren Rücktritt angesprochen und ergänzt: "Irgendwann muss mal Schluss sein." Nach ihrem letzten Auftritt bei den diesjährigen Büttensitzungen der Ermershäuser Ermetzia seien alle aufgestanden und hätten applaudiert. "Das ist mir durch und durch gegangen", erzählt Bohl. Ob des Applauses seien einige Freuden-, aber auch Abschiedstränen geflossen.

Als elegante Dame hatte Marianne Bohl an der Seite ihres Mannes einst einen Auftritt beim Fasching in Ermershausen, ehe sie später selbst in die Bütt ging.
Foto: Archiv Marianne Bohl | Als elegante Dame hatte Marianne Bohl an der Seite ihres Mannes einst einen Auftritt beim Fasching in Ermershausen, ehe sie später selbst in die Bütt ging.

In einem Ordner bei sich zuhause hat Bohl ihre Büttenreden abgeheftet. Früher schrieb sie diese mitunter selbst, heute übernimmt das für sie Ermetzia-Kollege Andreas Engmann. In viele Rollen ist die 70-Jährige dabei schon geschlüpft – von der Kreuzfahrt-Gewinnerin über die Bürgermeister-Gattin bis hin zur Fahrschülerin. "Was man schon alles war", sagt die 70-Jährige mit einem Lachen. Und erklärt: "Ich liebe Fasching." Den Reiz des närrischen Treibens mache für sie eine Mischung aus dem Lustigsein, dem Verkleiden und auch dem Miteinander aus.

Marianne Bohl hatte im Laufe der Jahre und Jahrzehnte viele Auftritte im Ermershäuser Fasching, so etwa auch als 'Queen Mum' (Archivfoto).
Foto: Helene Lutz | Marianne Bohl hatte im Laufe der Jahre und Jahrzehnte viele Auftritte im Ermershäuser Fasching, so etwa auch als "Queen Mum" (Archivfoto).

1993 übernahm Bohl, gebürtig aus Stöckach, zusammen mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann Alfred, ebenfalls begeisterter Faschingsnarr, die Rolle des Ermershäuser Prinzenpaars. Im Jahr 2000 legte sie dann einen wahrlich königlichen Auftritt hin: Bohls Sohn und ihre Schwiegertochter mit Namen Diana waren damals das Prinzenpaar in Ermershausen. Und so trat Marianne Bohl dort zum 11. November als "Queen Mum" auf – samt großem Hut, Limousine, rotem Teppich, Bodyguards und englischer Nationalhymne.

1984 eines der Gründungsmitglieder der Ermetzia

Mit blauem Hut und 40 Faschingsorden um den Hals, die "etliche Kilo" wogen, trat sie heuer bei den Büttensitzungen nun zum letzten Mal vor die Zuschauerinnen und Zuschauer in der ausverkauften Adolf-Höhn-Halle. Dabei feierte nicht nur Bohl, sondern auch die Ermetzia 40-Jähriges. Marianne Bohl ist eines der Gründungsmitglieder des 1984 ins Leben gerufenen Faschingsvereins. Zuvor hatte es im Ort unter dem Namen "Ermetia" auch schon eine Faschingsgesellschaft gegeben.

Bei den diesjährigen Büttensitzungen der Ermetzia ging Marianne Bohl letztmals in die Bütt. Schwer wogen dabei ihre zahlreichen Faschingsorden (Archivfoto).
Foto: Martin Schweiger | Bei den diesjährigen Büttensitzungen der Ermetzia ging Marianne Bohl letztmals in die Bütt. Schwer wogen dabei ihre zahlreichen Faschingsorden (Archivfoto).

"Seit 40 Jahr steh ich hier oben, bei Sitzungen und auch bei Proben. Darum hab ich auch das meiste Wissen, über die Dinge vor und hinter den Kulissen", reimte Bohl in ihrer letzten Bütt. "Und glaubt mir, da hat sich viel getan. Schaut euch doch mal die Veränderungen an." Sie und der Berner Schinken, den es in Ermershausen traditionell zu den Büttensitzungen gibt, seien dabei zwei Konstanten gewesen. Und so schloss Bohl schließlich mit dem Worten: "Zum Abschied will ich euch leise zuwinken, aber seid nicht traurig, es gibt ja noch Berner Schinken!"

Bütt, Sketche und am Aschermittwoch einmarinierte Heringe

"Die Bohls Marianne war in ihrer Art immer sehr natürlich", sagt Michael Albert, der seit 25 Jahren als Sitzungspräsident die Büttensitzungen der Ermetzia leitet, auf die Auftritte der Faschingsnärrin angesprochen. Und wenn mal ein Versprecher dazwischengekommen sei, habe Bohl das souverän gemeistert. Für kleine Rollen bei Sketchen sei die 70-Jährige ebenso immer zu haben gewesen. Abseits der Bühne helfe Bohl zum Beispiel beim Aufräumen am Aschermittwoch. Dabei bringe sie zur Freude aller auch immer eine "Riesenschüssel" einmarinierter Heringe mit.

Dass Bohl nun von der Bütt ihren Abschied genommen hat, sei traurig, erklärt Albert im Gespräch mit der Redaktion. Und "freilich" ein großer Verlust. Es sei jetzt lange Jahre ein Ritual gewesen, dass Bohl immer am Anfang der Büttensitzungen auftrat. "Das fehlt jetzt natürlich." Über eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für die 70-Jährige habe man sich bei der Ermetzia erstmal noch keine Gedanken gemacht. Man sei diesbezüglich aber entspannt und recht flexibel.

"Es juckt einen bestimmt schon, nehme ich an", sagt Marianne Bohl auf die kommende Faschingszeit ohne eigene Bütt angesprochen. Ein gänzlich faschingsfreies Leben wird die Ermershäuserin aber auch 2025 nicht führen, wie sie mit einem deutlichen "Nee" bekräftigt. Mit ihrer Turner-Gruppe werde sie zum Beispiel weiter am Weiberfasching und am Faschingsumzug in Ermershausen teilnehmen, erklärt sie. "Da mach ich freilich weiter." Ganz ohne fünfte Jahreszeit geht es für eine echte Faschingsnärrin dann eben doch nicht.

 
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