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LOHR
Wie es zum Streit um die Schneewittchen-Skulptur kam
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:58 Uhr

Sie machte deutschlandweit Schlagzeilen: die umstrittene Schneewittchen-Skulptur, mit der Peter Wittstadt 2013 den Kunstwettbewerb der Stadt Lohr gewann. Am Mittwoch beschloss der Stadtrat, sie tatsächlich zu kaufen – nach langer, intensiver und emotionaler Diskussion sowie mit einigen Zusatzvereinbarungen. Bürgermeister Mario Paul und zwölf Stadträte stimmten dafür, zehn dagegen.

Umstritten ist das Kunstwerk aus mehreren Gründen. Zum einen weckte die Ausschreibung zum Wettbewerb mit dem Titel „Schneewittchen verzaubert Lohr“ eine gewisse Erwartung, die Wittstadt mit seinem Werk nicht erfüllte – gleichwohl Schneewittchen der Ausschreibung zufolge zwar „figürlich“, aber „nicht unbedingt naturalistisch“ dargestellt werden sollte.

Zum Zweiten gefällt das Siegermodell vielen Lohrern schlichtweg nicht. Sie bekommen es nicht auf einen Nenner mit ihrer Vorstellung von der Märchenfigur. Immer wieder wurde die Frage gestellt: Das soll Kunst sein?

Ärgernis Nummer drei ist hausgemacht: Es waren nicht jene 10 000 Euro Preisgeld, die die Stadt 2013 erstmals und dann alle zwei Jahre wieder für den Wettbewerb ausgeben wollte. Es waren die 110 000 Euro, die das Siegermodell kostet. Da schluckt jeder Lohrer und wirft die Frage auf: Was darf Kunst kosten?

Das Dilemma dabei: Die Kosten waren offenbar nicht gedeckelt. Hinzu kam, dass der im Mai abgewählte Bürgermeister Ernst Prüße den Kaufpreis offenbar akzeptierte, obwohl er nur über Beträge bis zu 50 000 Euro entscheiden darf. Den Stadtrat informierte er nicht. Zudem stellte der damalige Bürgermeister im Haushalt 2014 nur 18 000 Euro für das Objekt ein. So fühlte sich nun der ganze Stadtrat hintergangen. Die damaligen Vorgänge, so beschloss der Stadtrat am Mittwoch, soll nun der Rechnungsprüfungsausschuss unter die Lupe nehmen.

Mit ihrer Ablehnung des Kaufs wären Freie Wähler, Christsoziale und ein Sozialdemokrat lieber das Risiko eingegangen, den von Wittstadt angedrohten Rechtsstreit zu verlieren. Man könne doch die Meinung der Bevölkerung nicht ignorieren, vertraten die Gegner. Die Stadt hätte wenig Aussichten auf Erfolg gehabt, warnte der städtische Jurist eindringlich.

An der öffentlichen Meinung hat die Entscheidung nur hie und da etwas verändert. Es überwiegen ablehnende Stimmen, wie sie in der Lohrer Facebook-Gruppe lautwerden: Christina Hoehnlein findet, dass der Künstler die Stadt leider „zu sehr schröpft“. Das Geld wäre an anderer Stelle viel besser investiert gewesen. Melanie Fischer fragt: „Wie soll ich meinen Kindern die Skulptur erklären? Als hässlichstes Kunst-Schneewittchen auf der Welt?“ Frauke Coester distanziert sich: „Ich werde das Ding jedenfalls nicht als ein Lohrer Wahrzeichen betrachten!“ Christin Ster fand es „schon immer peinlich, Lohr als Schneewittchenstadt zu bezeichnen. Jetzt hab ich noch einen Grund mehr, es zu verleugnen.“ Karl-Heinz Djoharian ärgert, „dass dieses widerliche Ding in unserer schönen Stadt aufgestellt werden muss“, die „Verschwendung von so viel Steuergeld für solchen Metallschrott“. Lohr werde immer bekannter und dem Tourismus tue es gut – „egal ob aus Spott oder Neugierde“, meint Gerald Schmitt. „Letztendlich kann für eine hässliche Braut mit guter Mitgift auch ein Bräutigam gefunden werden.“ Bernd Kunkel kritisiert die „Ignoranz hinsichtlich der Kunst, die einem in Lohr entgegenschwappt“ und meint, „dass Lohr endlich mal lernen sollte, tolerant zu sein“.

Apotheker Karlheinz Bartels hielt sich bedeckt: „Zu dieser Figur sage ich nichts“, so der selbst ernannte Fabulologe. „Ich bin der Ziehvater von Schneewittchen, aber mit der Figur habe ich nichts zu tun.“

 
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