Fast eine halbe Seite widmet die Bild-Zeitung in ihrer Donnerstagsausgabe der umstrittenen Schneewittchen-Skulptur, die der Karlstadter Bildhauer Peter Wittstadt für die Stadt Lohr anfertigt (wir berichteten). Das Gipsmodell, das benötigt wird, um eine Gussform herzustellen, hat er bereits fertiggestellt.
Die Gipsform habe „so rein gar nichts, was man mit der schönen Märchenfigur verbindet“, schreibt die Boulevardzeitung. „Beim Kunstwerk von Peter Wittstadt ragen dagegen sieben Hörner aus ihrem Kopf. Dazu kommen eine dicke Nase, Glubschaugen und der Mund, der zu einem schiefen Grinsen verzogen ist.“
Das kann man als Wertung der Bild-Zeitung so stehen lassen. Im weiteren Text sind dann allerdings Aussagen zu lesen, die schlicht und einfach falsch sind.
• „. . . denn statt der geplanten 20 000 Euro soll Schneewittchen jetzt 85 000 Euro kosten“.
Es war nie davon die Rede, dass die Figur 20 000 Euro kosten soll; Wittstadt hat mit der Abgabe seines Modells zum 1. Lohrer Kunstpreis, Thema: „Schneewittchen verzaubert die Stadt“, die Gesamtkosten als Bronzeguss mit 110 000 Euro angegeben. Obwohl dies der Stadtverwaltung bekannt war, wurden für die Umsetzung, die laut Ausschreibung im Jahr 2014 erfolgen sollte, nur 18 000 Euro für diesen Zweck in den Haushalt eingestellt. Daher dürften die immer wieder mal auftauchenden 20 000 Euro kommen. Auch dass die Figur jetzt 85 000 Euro kosten soll, kann man so nicht sagen. Bei einer Ausführung in Bronze kommen nach wie vor 110 000 Euro auf die Stadt zu. Eine Kostenreduzierung auf 85 000 Euro wäre laut Stadtverwaltung durch einen Eisenguss zu erzielen, womit Bildhauer Wittstadt nach eigener Aussage einverstanden wäre. In der Bild-Zeitung hingegen ist zu lesen:
• „Bildhauer Wittstadt will die ganze Figur in Bronze gießen lassen.“
Weiter schreibt die Bild-Zeitung, • „Mittlerweile hat sich der Ärger so hochgeschaukelt, dass die Stadt ein Deeskalationsteam ins Leben gerufen hat, das vermitteln soll.“ – Auch das ist falsch, denn es handelt sich um eine Privatinitiative.
Auf dem Bild-Foto ist Peter Wittstadt unter der Überschrift „Ist das Schneewittchen oder kann das weg?“ zu sehen, wie er eine Fuchsschwanz-Säge am Kopf seiner Schneewittchen-Figur ansetzt.
Wusste er eigentlich, dass das Foto in diesem Kontext erscheinen würde? „Ich habe bei dem Fototermin einfach die Werkzeuge mit aufs Gerüst genommen, die ich verwendet hatte, als ich die Figur modellierte“, sagt Wittstadt. Ein halbes Jahr lang hatte er unter anderem mit Spachteln, mit den Händen, aber auch mit der Säge, einem Beil oder sogar mit der Flex an dem Objekt gearbeitet. „Ich habe ständig etwas hinzugefügt oder weggenommen, das ist ein Prozess von Versuch und Irrtum, so kommt man auf neue Ideen“, schildert der Künstler seine Vorgehensweise. Seine Frau Johanna berichtet, dass sich ihr Mann in dieser Zeit „ständig intensiv mit dieser Figur beschäftigt“ habe.
Am Freitag, 14. November, wird eine TV-Produktionsfirma für Filmaufnahmen zu Wittstadt in den Hof kommen – witzigerweise aus der Brüder-Grimm-Stadt Kassel. Sie arbeitet für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Sender. Vorher ist sie in Lohr zu Gast.