Sie machte deutschlandweit Schlagzeilen: die umstrittene Schneewittchen-Skulptur, mit der Peter Wittstadt einen Kunstwettbewerb der Stadt Lohr gewann. Am Mittwochabend hat der Stadtrat beschlossen, sie tatsächlich zu kaufen - nach einer langen, intensiven und emotionalen Diskussion und mit einigen Zusatzvereinbarungen. Zwölf Stadträte und Bürgermeister Mario Paul stimmten dafür, zehn Stadträte dagegen.
Wittstadt erhält den Auftrag, seine Figur in Bronze zu verwirklichen. Vom Kaufpreis von 110000 Euro gewährt der Bildhauer aus Laudenbach sieben Prozent Abschlag, bleiben also 102300 Euro netto. Ob sieben oder 19 Prozent Mehrwertsteuer hinzukommen, wurde in der Sitzung nicht zweifelsfrei geklärt.
Bezahlen wird die Stadt in zwei Raten: Die Hälfte des Kaufpreises wird im Haushalt kommenden Jahres eingestellt, die zweite Hälfte im darauffolgenden Jahr.
Aufgestellt werden soll es im Umfeld der Stadthalle, an deren Rohbau derzeit gearbeitet wird. Wo genau, soll gemeinsam mit dem Künstler vor Ort entschieden werden - voraussichtlich im Sommer 2016.
Der Künstler erklärt sich bereit, die Skulptur durch weitere künstlerische Elemente (Apfel, Kamm, Gürtel) auf Stelen oder Reliefplatten am Boden zu integrieren - ohne Mehrkosten.
Einig waren sich die Stadträte in einem Punkt: Bei der Ausschreibung ist einiges schief gelaufen. Den schwarzen Peter schoben sie der Verwaltung und Ex-Bürgermeister Ernst Prüße zu. SPD-Stadtrat Seppl Blenk ging sogar so weit, dem früheren Rathauschef und der Verwaltung vorzuwerfen: "Wir sind hier belogen worden" - indem diese nämlich von den Kosten für das Kunstwerk gewusst, dies dem Stadtrat jedoch verschwiegen und wenige Tage später bei der Haushaltsberatung nur 18000 Euro eingestellt hätten.
Uneins waren sich die Räte dann aber bei der Bewertung der sehr komplexen Angelegenheit. Eine starke Wirkung hatte offenbar ein vierseitiges Papier, in dem Stadtjurist Joachim Hüftlein die juristischen Konsequenzen aufzeigte für den Fall, dass der Stadtrat den Auftrag nicht erteilen werde. Es wurde erst am Mittwochmorgen nach Rücksprache mit der Rechtsaufsicht des Landratsamt fertiggestellt und an die Stadträte (nicht aber die Öffentlichkeit) verteilt. Mehreren Aussagen von Stadträten zufolge wären die Aussichten der Stadt auf Erfolg in einem Rechtsstreit ziemlich niedrig gewesen. "Wir können gar nicht anders", erklärten einige, die sich keineswegs als Freunde des Kunstwerks auswiesen.
Man könne doch die Meinung der Bevölkerung nicht ignorieren, wetterte Brigitte Riedmann von den Freien Wählern. 95 Prozent der Bürger seien gegen dieses Kunstwerk, behauptete sie. Ich fühle mich den Lohrern verpflichtet - auch wenn wir riskieren, (einen Prozess) zu verlieren."
Die CSU stimmt nicht zu, kündigte Fraktionssprecher Matthias Schneider in seinem pointiert vorgetragenen Plädoyer an. Sein Fraktionskollege Michael Kleinfeller wollte erst den Katalog offener Fragen beantwortet haben, bevor abgestimmt wird. Diesen Fragenkatalog hatten die Grünen zusammengestellt. Ihn soll nun, so beschloss der Stadtrat am selben Abend, vom Rechnungsprüfungsausschuss bearbeitet werden.
Ausführlicher Bericht folgt
(Schwarzer) Spaß beiseite. Ich kann schon zustimmen, dass Kunst zur Diskussion führen, ja selbst diskutiert werden muss. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dieser "Zielkonflikt" in diesem Fall beabsichtigt war. Wenn ich nach einer Symbolfigur zur Selbstdarstellung suche und bewirke damit eine solche Diskussion bzw. setze mich der Lächerlichkeit aus, ist das in den seltensten Fällen der gewünschte Effekt. Aber für eine Ausstellung mit dem Thema "Schneewittchen" wäre sicherlich auch diese Statue ein sinnvolles Element - denn da soll ja durchaus kontrovers gestritten werden, und es muss, ja darf nicht alles heil und schön sein, so wie es sich "alle" vorstellen.
Das Ding mit den Kosten muss allerdings aufgearbeitet werden (und ggf. Vorkehrungen getroffen, dass sowas nicht wieder passieren kann).