"Der Andrang ist groß", sagt Christina Seufert beim Gespräch mit dieser Redaktion auf der Reitsportanlage. Häufig klingelt das Telefon bei der Pferdewirtschaftsmeisterin. Die ersten Lockerungen nach dem stark eingeschränkten Corona-Betrieb vor einer Woche kommen gut an. Offensichtlich gibt es einen größeren Nachholbedarf.
Herzlich empfangen
Ganz unbeschwert ist das Leben auf dem Reitgelände aber nicht. In den geschlossenen Räumen muss Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Soziales Miteinander ist noch zu vermeiden. Deshalb bleibt das Reiterstübchen vorerst zu.
Aber bei allen Vorsichtsmaßnahmen herrscht schon wieder mehr Betrieb auf dem Gelände. Bis zu gewissen Gruppengrößen ist aktuell wieder Reitunterricht möglich. Kritisch verfolgen die Pferdefreunde die aktuelle Entwicklung: Springt die Inzidenz wieder über 100, darf an einem gemeinsamen Reitunterricht neben dem Lehrer jeweils ein Hausstand und eine weitere Person teilnehmen. Trotz des gebremsten Betriebes ist auf dem Gelände Aufbruchsstimmung zu spüren. Das hat was mit der neuen Pächterin zu tun, bei der seit Anfang des Monats die Fäden zusammenlaufen. "Ich bin sehr herzlich empfangen worden", beschreibt Christina Seufert die Zusammenarbeit mit dem örtlichen Reiterverein . Die neue Pächterin hat mit ihrem Mann Thorsten einen guten Ruf in der Reiterszene.
Jetzt stellt sich das Ehepaar auf einen höheren Organisationsbedarf ein. Der Elan von Christina Seufert auf dem zwei Hektar großen Areal in der Kurstadt zeigt schon Wirkung. "Das Gelände ist jetzt schon kaum mehr wiederzuerkennen", freut sich die 32-Jährige über die Unterstützung des städtischen Liegenschaftsamtes . Kleinere Reparaturen an dem denkmalgeschützten Komplex seien reibungslos durchgeführt worden.
Führmaschine und Pferdesolarium
Das Angebot ist reichhaltig: Neben dem Reitplatz im Freien stehen eine große Reithalle , Allwetter-Paddocks, eine Führmaschine und sogar ein Pferdesolarium zur Verfügung. Insgesamt hat der Reitstall Platz für 26 Pferde.
Aktuell seien 14 untergestellt, berichtet Seufert. Tendenz steigend. Dazu kommen fünf Gastboxen für kurzzeitige Besucher. Um ihre Standorte effektiv zu koordinieren, will sie zum Beispiel Reitstunden in einem gemeinsamen System verwalten. "Sport- und Freizeitreiter sind je zur Hälfte gut gemischt", umreißt Seufert die Struktur der Pferdeliebhaber . Besondere Bedeutung misst sie im gemeinsamen Pressegespräch der Zusammenarbeit mit dem Reiterverein bei. "Alle Ärmel sind hochgekrempelt", bestätigt dessen Vorsitzende Ulrike Waldhofen. Nach den Turbulenzen vergangener Jahre bewege sich der Verein wieder in ruhigerem Fahrwasser. Zu Kontroversen hatte der Abriss des baufälligen Reiterstegs durch die Stadt geführt. Seitdem ist das geschätzte Reiterwege-Netz jenseits der Saale nicht mehr ohne Weiteres zu erreichen. "Wir räumen diesem Thema nicht mehr oberste Priorität ein", bewertet Waldhofen die Haltung des 2020 neu gewählten Vorstandes. Sie ist erst mal glücklich darüber, dass die Zahl der Mitglieder im Reiterverein über die Corona-Zeit mit knapp 150 nahezu konstant gehalten werden konnte. Dass Dank der neuen Reitstall-Pächterin mit ihrer Ausbildung zertifizierter Reitunterricht auf den drei Schulungspferden möglich ist, stimmt optimistisch für die Nachwuchsförderung. Auch im Turniersport wollen die Bad Kissinger Reiter wieder Zeichen setzen.
Reitturnier geplant
Trotz aller Unwägbarkeiten durch Corona ist nach vierjähriger Pause wieder ein Rakoczy-Reitturnier in Vorbereitung. Es soll am 31. Juli und 1. August stattfinden. "Wir wollen zeigen, dass wir wieder da sind und es ernst meinen", beschreibt Ulrike Waldhofen diesen Neuanfang. Zum 100-jährigen Bestehen 2026 peilt der Verein sogar ein großes internationales Turnier an. Damit soll an eine große Tradition angeknüpft werden. Christina Seufert weiß, wovon sie spricht. Den Rang, den Bad Kissingen in der Szene nach Aachen abgegeben hat, möchte man zurückholen. Zur Erreichung des Zieles erhofft man sich Rückendeckung von der Stadt. Ein neuer Reitersteg und die Sanierung des baufälligen Turniergebäudes in der Au müssten auf der Tagesordnung bleiben. Zumal der Reitsport Thema bei der Bewerbung um das Unesco-Weltkulturerbe ist. Wolfgang Dünnebier
Zur Person
Christina Seufert Die neue Pächterin der Reitsportanlage an der Oberen Saline bringt Erfahrung mit. Sie führt seit 2017 jenen Reit- und Pensionsstall in Sulzthal, den Olympiareiter Dieter Hesselbach 1969 gegründet hat. Seit Januar 2020 ist sie dessen Eigentümerin. Schon ihre Lehre zur Pferdewirtin absolvierte sie 2007 dort und bildete sich 2015 zur Pferdewirtschaftsmeisterin Zucht und Haltung weiter. Dabei erhielt sie die Auszeichnung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, die "Graf von Lehndorff Plakette" und den "Bayerischen Meisterpreis". 2016 folgte die Weiterbildung zur Pferdewirtschaftsmeisterin klassische Reitausbildung.
Quelle: Christina Seufert