Zahllose Vögel in Not, vereinzelt auch Igel und Eichhörnchen, konnten dank ihres ehrenamtlichen Einsatzes in den letzten Jahren überleben und am Ende wieder in Freiheit entlassen werden. Doch die Pfleglinge, die Kneuer und Co seit wenigen Tagen beherbergen, sind auch für die routinierten Helfer außergewöhnliche Gäste. Und sollen, so betonen sie, auch künftig "die absolute Ausnahme" bleiben. Vier junge Füchse päppeln die Vereinsverantwortlichen derzeit in der Quarantänestation des Vereins in Roth bei Steinach auf. Circa fünf Wochen sind die tapsigen Tierchen jetzt alt. Und so süß die Welpen auch durchs Gitter spitzen, Theresa Kneuer hätte viel darum gegeben, sie nie dorthin bringen zu müssen.
"Füchse sind Wildtiere", sagt sie. Was selbstverständlich klingt, ist vielen Rhön-Grabfeldern wohl mittlerweile nicht mehr bewusst. Wäre es das gewesen, würden die Füchse vielleicht noch heute in ihrem Bau in Nordheim (Landkreis Rhön-Grabfeld) sitzen. Zugegeben, die Behausung für ihren Nachwuchs hatte die Fuchsmutter dort nicht gerade günstig gewählt, befand sich der Bau doch nur rund 15 Meter von der Hauptstraße entfernt, direkt neben einem Fahrradweg. Dass ihr Zuhause mitsamt ihren fünf Jungen aber zur Pilgerstätte für Fahrradfahrer, Familien und andere werden könnte, die die Welpen nicht nur füttern, sondern auch streicheln, hätte wohl auch die schlaueste Füchsin nicht ahnen können.
Besorgte Anrufe
Gut zwei Wochen ist es her, dass die Wildvogelstation Rhön-Saale erste besorgte Anrufe zum Fuchsbau in Nordheim erhielt. Den Tieren dort scheint es nicht gut zu gehen hieß es. Andere berichteten, dass sie keinerlei Scheu vor Menschen zeigten. Wieder andere fürchteten um ihre Kinder und den Fuchsbandwurm.Theresa Kneuer und ihr Mann verschafften sich einen ersten Überblick. Sie waren vorerst erleichtert: Keine Menschentraube, nur ein Fuchs, der neugierig aus dem Bau spähte und wieder verschwand. So weit, so gut. Angesichts der Lage entschieden sie, abzuwarten.
Tage später, am Wochenende, erneut Anrufe. Wieder fuhren die Kneuers vor Ort. Und waren entsetzt von den Menschenmassen am Fuchsbau. "Ein richtiges Schaulaufen, der Fuchsbau war eine wahre Pilgerstätte." Schlimmer als das: Zwei der fünf Fuchsjungen fehlten. Theresa Kneuer fand sie in einem Privathaushalt. Dorthin hätten Zeugen eines Beinahe-Verkehrsunfalls die Welpen mitgenommen.
Der Bad Kissinger Tierarzt Heiko Grappendorf kümmerte sich um die Erstversorgung der beiden dehydrierten und mangelernährten Füchse, bevor er sie in Obhut der Wildvogelstation Rhön-Saale gab. Die Vereinsverantwortlichen korrespondierten sofort mit der Jagdbehörde, dem Veterinäramt und zogen einen Fachmann für große Beutegreifer, Andreas Pfister aus Bastheim, hinzu. Denn das Schicksal der verbliebenen drei Fuchswelpen war ungewiss. "Die Gefahr bestand, dass die Fähe bei dem Trubel am Bau wegbleibt und die Jungen nicht mehr versorgt. Im schlimmsten Fall nimmt sie die Tiere nicht mehr an und beißt sie tot", so Kneuer. Bei einer Begehung mit Verantwortlichen des Veterinäramts im Nachbarlandkreis konnten zwei der ursprünglich drei Jungtiere gesichtet werden. Von der Fähe fehlte jede Spur.
Keine Spur von der Mutter
Das Landratsamt Rhön-Grabfeld ließ den Bau absperren, organisierte Wildkameras, die aufzeichnen sollten, ob die Mutter in der Nacht zurückkäme. "Kam sie nicht", berichtet Kneuer. Stattdessen habe ein Junges jämmerlich vor dem Bau geschrien, bei Kontrolle blieb die Hautfalte stehen, so dehydriert war das Tier. "Wir bekamen am Morgen das Go, die Tiere zu sichern." Einen Jungfuchs erwischte Kneuers Team am vergangenen Dienstagvormittag, den anderen am Abend. In der Quarantänestation konnten die vier Geschwister wieder zusammengeführt werden. Die kommenden Wochen werde man nun "sehr viel Zeit und Geld investieren müssen", um das zu tun, was in der Natur ganz selbstverständlich passiert wäre, hätte sich nie ein Mensch eingemischt: Die Tiere so weit stabilisieren und aufziehen, dass man sie wieder in Nordheim auswildern kann.
Dass das gelingt, davon ist Theresa Kneuer überzeugt. Die Voraussetzungen seien gut. Zunächst, so ist der Plan, bleiben die Tiere zwei bis drei Wochen in Quarantäne in Roth bei Steinach, in der Zeit muss ein Außengehege geschaffen werden. Dort sollen sie mit so wenig Menschenkontakt wie möglich aufwachsen. Den Rest erledigt der Instinkt. Der Aufwand, der für das Wohl der Füchse betrieben werden muss, ist hoch. Alle drei bis vier Stunden müssen die Tiere gefüttert werden, Mit über 100 Euro pro Fuchs und Monat Kosten rechnet Kneuer. Die Station muss mindestens zwei Mal am Tag gereinigt werden. Sind die Tiere so weit stabil, dass sie ins Außengehege können, wird es einfacher. Die Wildvogelstation hofft auf Spenden aus der Bevölkerung und auf Unterstützung des Landkreises.
Spenden an die Wildvogelstation Rhön-Saale: IBAN DE47 7935 3090 0011 2541 74, Stichwort "Fuchsrettung". Wer Futterpate und Namensgeber eines Tieres werden will, kann sich beim Verein melden, Tel. 0171/51 59 064. Ines Renninger