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Münnerstadt
Wilfried Müller will REMOG nun schließen
Trotz intensiver Verhandlungen: Interessenausgleich zwischen Betriebsrat, Gewerkschaft und Geschäftsführung gescheitert.
Kundgebung im August: REMOG-Betriebsratsvorsitzender Edgar Schneider (Mitte), zusammen mit IG-Metall-Gewerkschaftssekretär Jens Öser (links) und dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall, Edgar Kippes (rechts).
Foto: Archiv Dieter Britz | Kundgebung im August: REMOG-Betriebsratsvorsitzender Edgar Schneider (Mitte), zusammen mit IG-Metall-Gewerkschaftssekretär Jens Öser (links) und dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall, Edgar Kippes (rechts).
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:02 Uhr

Bei der Firma REMOG ist die Stimmung denkbar schlecht. 20 Mitarbeiter sollten wegen schlechter Auftragslage abgebaut werden, hatte die Geschäftsleitung im  September 2018  verkündet. Der aus diesem Grund vor kurzem angestrebte Interessenausgleich zwischen Betriebsrat, Gewerkschaft und Geschäftsführung  kam jedoch nicht zu Stande, denn Betriebsrat und Gewerkschaft erklärten die Verhandlungen am 24. Januar 2019 als gescheitert. Geschäftsführer Wilfried Müller kündigte daraufhin an, Gespräche über die Schließung der Münnerstädter Firma aufzunehmen.

Die Verhandlungen zum Interessenausgleich begannen in der zweiten Januarwoche. In den Gesprächen sei es dann aber nicht nur um die mögliche Entlassung von 20 Beschäftigten gegangen, sagt Jens Öser von der IG-Metall in Schweinfurt auf Anfrage der Redaktion. Plötzlich sei auch von der Verlagerung von Münnerstädter Maschinen zu REMOG Polska in den Euro-Park Mielec die Rede gewesen. "Das war für uns nicht akzeptabel", so Öser. Grundsätzlich seien Betriebsrat und Gewerkschaft dazu bereit, eine Betriebsänderung der Firma, aus wirtschaftlichen Gründen, anzuerkennen, "aber dann brauchen wir ein Zukunftskonzept".

Gesetzliche Vorgaben

Ein solches habe die REMOG-Geschäftsführung aber nicht geliefert. Für die in Münnerstadt verbleibenden Beschäftigten habe es keinen Plan der Geschäftsführung in Bezug auf  Standortsicherung, Ausbildungsstellen und künftige Investitionen gegeben. 

In der Firma REMOG: Peter Mangold von der Qualitätssicherung zeigt eine Steuereinheit Hydraulik für den Airbus A 400 M.
Foto: Isolde Krapf | In der Firma REMOG: Peter Mangold von der Qualitätssicherung zeigt eine Steuereinheit Hydraulik für den Airbus A 400 M.

Öser: "Deshalb haben wir die Verhandlungen als gescheitert erklärt." Nach dem Betriebsverfassungsgesetz bedeute dies jetzt nichts anderes, als dass man nun gemeinsam eine neuen Weg suchen muss, sagt der Gewerkschaftssekretär.  Dass Geschäftsführer Müller nun über eine Werkschließung verhandeln will, hält Öser für "sehr bedauerlich und unprofessionell".

Eine Beschäftigungssicherung für die Münnerstädter Mitarbeiter auf Jahre hinaus habe er nicht geben können, sagt Firmenchef Müller auf Anfrage. Er begründet dies damit, dass die Firma in nächster Zeit immer höhere Verluste einfahre. Bereits durch die Beschäftigungsgarantie für die 65 Mitarbeiter in Münnerstadt bis Ende 2018 sei ein finanzielles Defizit entstanden. Man hätte das Werk jetzt gleich kurzfristig sanieren müssen, so Müller weiter. "Aber das können wir nicht mehr vertreten, weil die Wertschöpfung zu niedrig ist."

Kein Käufer in Sicht

Die Auftragseingänge für REMOG-Hauptkunden in der Luftfahrttechnik werden 2019 stark zurückgehen, gibt Müller als Prognose. Zusammen mit anderen finanziellen Einbußen sei das Eigenkapital schnell aufgebraucht.  REMOG zählt namhafte Konzerne wie Liebherr Aerospace, Bosch Rexroth, Linde, Daimler und Siemens zu seinen Abnehmern.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von REMOG in Münnerstadt starteten im Sommer 2018 eine Kampagne, um Aufträge für die Firma an Land zu ziehen.
Foto: E. Schneider | Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von REMOG in Münnerstadt starteten im Sommer 2018 eine Kampagne, um Aufträge für die Firma an Land zu ziehen.

Der Verkauf der Münnerstädter Firma an einen strategischen Investor, den Müller noch im Oktober 2018 wortreich propagiert hatte, ist heute für ihn offenbar Schnee von gestern. Sobald ein potenzieller Investor da gewesen sei und die Firmen-Zahlen näher unter die Lupe genommen habe, habe dieser abgewunken, sagt der Firmenchef. Er könne sich nicht vorstellen, noch einen Käufer für das Werk zu finden.

Letztes Gespräch am Montag

In den Verhandlungen zum Interessenausgleich im Januar habe eine mögliche Schließung der Münnerstädter Firma noch keine Rolle gespielt, sagt Müller. Erst nach dem Scheitern der Gespräche sei bei ihm dieser Plan gereift. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz musste der Firmenchef nun den Betriebsrat davon unterrichten, dass der Produktionsstandort möglicherweise geschlossen wird. Dieses Gespräch fand am gestrigen Montag, 28. Januar, statt. Müller: "Man kann sagen, dass jetzt die Entscheidung gefallen ist, die Firma in Münnerstadt im Oktober zu schließen."  

Was danach mit der Fertigungsstätte in Münnerstadt passiert, darüber will Müller noch nicht konkret werden. Auf Nachfrage sagt er dann aber schon, dass möglicherweise Maschinen zur Verwaltungs-GmbH-Schwester REMOG Polska nach Polen ausgelagert würden. Rein theoretisch könnten freilich auch Münnerstädter Mitarbeiter künftig in Polen arbeiten. Müller ist sich jedoch klar darüber, dass vermutlich keiner aus Münnerstadt zur Arbeit nach Polen fahren würde. Für deutsche Beschäftigte wäre das unterm Strich auch eine Verlustrechnung. Denn nach Müllers Angaben verdienen Beschäftigte in der Sonderwirtschaftszone Euro-Park in Mielec lediglich 30 bis 50 Prozent von dem, was sie in Deutschland verdienen. 

 
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  • RobinHood
    Glaubt ihr ernsthaft dass Lohnerhöhungen ohne die tarifliche Aussernandersetzung mit dem Arbeitgeber durchsetzbar wären. Es stimmt dass Löhne in der Großindustrie gegenüber dem Handwerk verhältnissmässig gut bezahlt werden. Auch im Handwerk gibt es eine Tariefautonomie die die Interessen der Arbeiter vertreten. Gäbe es keine Gewerkschaften würden Arbeitgeber noch mehr Druck auf die Arbeiter ausüben. Die Firmen würden noch mehr ins Ausland abwandern.
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  • Funkenstern
    Nein, die Gewerkschaften haben einen grossen Anteil daran, dass wir in D soweit sind, dass so mancher Arbeitgeber hier einfach keine Lust mehr hat, neben Finanz- und anderen Dummorganisationen auch noch emporgekommene Arbeitnehmer zu befriedigen, deren Hals immer voller werden soll. Im Vergleich zum Handwerk oder anderen Dienstleistern behaupte ich, dass das Lohnniveau in der Industrie gnadenlos ueberzogen ist. Ihr arbeitet schon viel zu lange an dem Ast, auf dem ihr alle so souveraen zu sitzn glaubt. Viele industrielle Hilfdkraefte werden kn absehbarer Zeit ersetzt werden.
    Ihr glaubt nur noch nicht daran.
    Die Zeit wird es euch beweisen
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  • hallohallo2
    Wer glaubt Gewerkschaft wäre für Arbeitsplätze ist falsch. Gewerkschaft will nur hohe Löhne. Viele verstehen nicht. Und wer nicht auf Linie tickt wird abserviert.
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  • Kein Verantwortungsbewusstsein sein gegenüber der eigenen Belegschaft. Es dreht sich alles nur um den Gewinn. Die Politik macht’s möglich. Subventionen in Anspruch nehmen und gleichzeitig Personal abbauen. Und dann behaupten im Ausland verdienen die Arbeiter weniger als in Deutschland ist ein schlagfertiges Argument. Wer hat denn den Aufbau im Ausland erst ermöglicht. Der dumme Steuerzahler.
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  • Lapacho
    Schuld ist unsere Gesellschaft bei der es nur noch um Gewinnmaximierung geht. Früher war es für einen Firmeninhaber die größte Niederlage seines Lebens wenn er seine Firma schließen musste. Heute ist das kein Problem wenn die Firma nicht mehr genug Profit abwirft. Nicht umsonst geht die Schere zwischen arm und reich immer mehr auseinander.
    Sollen die Mitarbeiter wirklich für 30 - 50% ihres bisherigen Gehalts arbeiten um mit Osteuropa konkurieren zu können?

    In großen Unternehmen ist es doch nicht anders. Es werden immer mehr Arbeitsplätze nach Osteuropa oder gar nach China verlagert, nur um noch mehr zu verdienen. Nach ein paar Jahren verlassen die Manager die Firma wieder und machen sich an der nächsten Firma zu schaffen.

    Eine erschreckende Entwicklung
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  • Auf die Gewerkschaften hetzten und alle Vorzüge nutzen (Kündigungsschutz Urlaubsgeld Weihnachtsgeld etc) das sind mir die liebsten. Einfach zu behaupten die Gewerkschaften sind an allem Schuld ist nicht in Ordnung. Schuld hat hier nur einer und das ist nicht die Gewerkschaft
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  • Auf die Gewerkschaften hetzten und alle Vorzüge nutzen (Kündigungsschutz Urlaubsgeld Weihnachtsgeld etc) das sind mir die liebsten. Einfach zu behaupten die Gewerkschaften sind an allem Schuld ist armselig und primitiv. Schuld hat hier nur einer und das ist der Arbeitgeber.
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  • Funkenstern
    Wer behauptet das?
    Ich habe kein Urlaubsgeld, kein Weihnachtsgeld, keine Lohnfortzahlungen in allen Eventualfaellen.
    Ich bin einer derjenigen, der euch euren Lebensstandart ermoeglicht.
    Kam einer mit Gewerkscgaftsgelaber, hab ich ihn entweder gerichtet oder rausgeschmissen.
    Unser Lohnniveau ist angepasst und alle sind dageblieben und zufrieden.
    Also do what??
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  • helgas
    Auffallend richtig....
    Da hat sich der Gewerkschaftsbeitrag der Mitarbeiter so richtig gelohnt...
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    ...soll doch die IG-Metall die Firma übernehmen und weiterbetreiben... Geld ist zu Genüge vorhanden und offenbar hat man deutschlandweit offenbar zig Fachleute und Experten die wissen wie es besser geht - da kann die Gewerkschaft mal unter Beweis stellen ob es möglich ist eine offenbar derart marode Firma dauerhaft weiterzubetreiben - eine Firma für die sich offensichtlich aus gutem Grund kein Käufer findet...
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  • gehrein
    @einFranke und helgas: Uiuiuiuiui, zwei echte Experten. Ironie off. Bevor sie so hoch qualifizierte Kommentare abgeben, sollten sie vielleicht erst einmal darüber nachdenken, warum dieser Betrieb so marode ist und wer die Verantwortung dafür trägt. Und warum der Sohn des Inhabers ein Werk in Polen als Konkurrenz zum väterlichen Betrieb aufgebaut hat. Das ist allerdings mit einfachen Wahrheiten und Hetze gegen "die Gewerkschaft" nicht getan. Übrigens: Wenn sie gegen "die Gewerkschaft" hetzen, hetzen sie gegen einen großen Teil der Beschäftigten bei REMOG, die gewerkschaftlich organisiert und engagiert gegen den Verlust ihres Arbeitsplatzes eintreten. Ziemlich geschmacklos find ich. Die Verhandlungen über eine Zukunft von REOG in Münnerstadt scheitern an fehlenden Zukunftsperspektiven und der Unfähigkeit des Inhabers. Müller will nicht nur Arbeitsplätze abbauen, sondern Maschinen ins Ausland verlagern, die vor Ort für eine Fortführung des Standortes dringend notwendig sind.
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  • hallohallo2
    Versteht er wohl nicht. Ohne Polen ist Firma heute schon kaputt. Konkurrenz ist Indien und China. Aber wichtig ist dass Gewerkschaft Recht hat. Setzt sich ja so toll für hohe Löhne ein.
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  • Funkenstern
    Glückwunsch IG Metall. Alles richtig gemacht.
    Wäre ich Betriebsinhaber, würde ich genauso agieren.
    Die Realitätsfremde der Gewerkschaften greift allenthalben.
    Wer will und kann denn Garantien geben?
    Ich bin heilfroh, dass ich diese Hustentruppe, die auf dem Rücken der eigenen Mitglieder agiert, nicht in meinem Umfeld habe.
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  • An tricktricktrack
    Du hast anscheinend die Aufgabe der Gewerkschaft nicht verstanden. Gewerkschaften setzen sich für Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein. was nützt es einer Gewerkschaft wenn Betriebe vor die Hunde gehen. Gewerkschaften sind natürlich bestrebt den Betrieb zu erhalten.
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