Bad Kissingen

Wie der Bäderlandkreis Münchner Medien herausforderte

Diese Provokation hat gewirkt: Der Landkreis Bad Kissingen erntete mit Plakaten und einem Film fürs Vorprogramm im Kino kuriose Resonanz in Münchner Medien.
Nicht nur am Wochenende raus aus der Mega Metropole - mit solchen Plakaten trat der Landkreis Bad Kissingen in München und Frankfurt in Erscheinung. Foto: Hubert Zöller       -  Nicht nur am Wochenende raus aus der Mega Metropole - mit solchen Plakaten trat der Landkreis Bad Kissingen in München und Frankfurt in Erscheinung. Foto: Hubert Zöller
| Nicht nur am Wochenende raus aus der Mega Metropole - mit solchen Plakaten trat der Landkreis Bad Kissingen in München und Frankfurt in Erscheinung. Foto: Hubert Zöller

Als der Landkreis Bad Kissingen im November Zwischenbilanz seiner bis dahin bereits rund zwei Jahre laufenden Standortkampagne zog, war er grundsätzlich schon zufrieden. Vor allem aus dem Landkreis selbst gebe es "viele Rückmeldungen", berichtete Landrat Thomas Bold damals. Den "breiten Unterstützerkreis in Wirtschaft und Gesellschaft" fand er besonders erfreulich: "Diese Multiplikatoren verbreiten die Message weiter."

Mit der damals angekündigten neuen Plakatserie und einem Imagespot fürs Kinovorprogramm, die seither in München und Frankfurt zu sehen waren, fiel das Ergebnis der Multiplikation von außerhalb des Landkreises aber gleich noch viel größer aus. Die Süddeutsche Zeitung, Bild und der Bayerische Rundfunk reagierten auf den gezielt provokanten Auftritt.

"Coole City. Aber wie viel Geld ist am Ende des Monats noch übrig?" Oder : "Mega Metropole. Aber warum wollt Ihr am Wochenende alle raus hier?" Solche Fragen mussten sich die Großstädter auf den Plakaten gefallen lassen. Einen Hinweis, wo es besser geht, fanden die Bewohner der Metropolen auch: "Hier gehts besser. www.bad-kissingen.land" stand unten auf den Plakaten.

Manche Medienschaffende fühlten sich dadurch offenbar provoziert. Der Autor von Bild München hielt fest, die Gegend sei "erst seit 1816 endgültig bayerisch". Neubürger täten im Landkreis Bad Kissingen tatsächlich Not. Mehr als 7,5 Prozent seiner Einwohner, zitiert der Bild-Mann aus einer allerdings inzwischen überholten Bevölkerungsprognose, werde "der Landkreis bis 2032 verlieren". Irgendwie ist der Bäderlandkreis in der Vorstellung des Mannes ohnehin nicht allzuweit von der russischen Tundra entfernt. Denn einen Zuwanderer gebe es auf jeden Fall, spottet er: "Im Juni 2017 wurde im benachbarten Main-Spessart-Kreis nachweislich der erste Wolf gesichtet."

Leicht pikiert reagierte auf die Standortwerbung aus dem Norden des Freistaats eine Autorin des Münchner Lokalteils der Süddeutschen. In dem Artikel, der ähnliche Aktionen des Landkreises Wunsiedel und der Stadt Mühldorf am Inn ebenfalls erwähnt, heißt es: "Es braucht auch gute Argumente, um einen Großstädter aus der Maxvorstadt zu erklären, warum er sein weiteres Leben in Münnerstadt im Landkreis Bad Kissingen verbringen sollte." Es könne ja sein, dass man in Münnerstadt für 500 Euro kalt eine Wohnung mit vier Zimmern bekomme und in München für das gleiche Geld "ein Zimmer mit Teppich und Campingkocher ". Dennoch bleibe die Frage, "was man in Münnerstadt soll, außer wohnen". Irgendwie beeindrucke das Land ja doch "noch immer mehr mit seinen Mieten als mit seinen Stellenausschreibungen".

Die Überschrift über den Artikel der Süddeutschen lautete: "Oh, wie schön ist Bad Kissingen ". Sogar an dieser Stelle ist dem Text anzumerken, dass sich die Münchner Heimatzeitung durch die Kampagne bei ihrem Lokalpatriotismus gepackt fühlte. Die Titelzeile spielt auf eine legendäre Bildergeschichte des Kinderbuchautoren Janosch an. Darin machen sich der kleine Bär und der kleine Tiger auf den Weg nach Panama, das Land ihrer Träume . Als sie nach manchen Irrungen heimkehren, ohne zu bemerken, dass sie eigentlich bloß wieder an ihrem etwas heruntergekommenen früheren Zuhause angekommen sind, ist die Freude groß, damit das Ziel der Träume erreicht zu haben.

Das Landratsamt hat die kleine mediale Wallung, die die Aktion übrigens nur in München auslöste - aus Frankfurt kamen keine Reaktionen - nach Angaben von Pressesprecherin Melanie Hofmann ziemlich "entspannt" registriert. Die Standortkampagne habe "da wohl ein Stück weit einen wunden Punkt getroffen".

Unterm Strich sei das Ergebnis aber positiv. Und zwar nicht nur, weil Landrat Thomas Bold vom Bayerischen Rundfunk deshalb zu einem kleinen Live-Interview gebeten wurde. Die Aktion habe insgesamt viel Aufmerksamkeit auf den Landkreis gelenkt. Auch wenn man am Ende den Erfolg kaum in zugewanderten Familien werde messen können, sei es eben "genau das Ziel" der Standortkampagne gewesen, dass über den Landkreis gesprochen wird.

Standortkampagne

Das Ziel der Standortkampagne fassten die Macher bei der Zwischenbilanz zusammen: Es gehe um die Schärfung des Landkreisprofils in der öffentlichen Wahrnehmung sowie die Erhöhung des Bekanntheitsgrades und der Beliebtheit. Die Aktionen sollten neugierig machen auf das, was der Landkreis für Familien und Unternehmen zu bieten habe. Siegfried Farkas

 
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