Bad Kissingen

Weit kommen ganz ohne Benzin

Michael Manger ist mit seinem Tesla vom Landkreis Bad Kissingen aus europaweit auf Kurierfahrten unterwegs.
Hat die automobile Wende vollzogen: Der Oehrberger Michael Manger fährt elektrisch. Mit seinem Tesla Modell S übernimmt er europaweite, klimaneutrale Kurierdienste.  Foto: Gerhard Fischer       -  Hat die automobile Wende vollzogen: Der Oehrberger Michael Manger fährt elektrisch. Mit seinem Tesla Modell S übernimmt er europaweite, klimaneutrale Kurierdienste.  Foto: Gerhard Fischer
| Hat die automobile Wende vollzogen: Der Oehrberger Michael Manger fährt elektrisch. Mit seinem Tesla Modell S übernimmt er europaweite, klimaneutrale Kurierdienste. Foto: Gerhard Fischer
Wenn es besser werden soll, muss es anders werden. Das Gewohnte muss über Bord geworfen werden. Das tun zum Beispiel Vordenker wie Elon Musk, der Chef des Elektroautobauers Tesla aus Kalifornien. Oder Michael Manger aus Oehrberg.
Die Pellets-Heizung wurde bei den Mangers durch eine Erdwärmepumpe ersetzt. Strom kommt zum Großteil von der eigenen Photovoltaikanlage mit Speichermodul. Und in Garage und Carport des Oehrbergers stehen schon lange keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr. Stattdessen: Ein älterer Opel Ampera und ein Tesla Modell S.
"Ich will weg vom Öl", fasst Manger zusammen. Dieser Satz, den er sich schon vor Jahren sagte, macht ihn zum Pionier der Elektromobilität. Wobei Pionier klingt, als stecke Elektromobilität noch in den Kinderschuhen. Dabei verdient Manger mit seinem Tesla Geld: Als klimaneutraler, europaweiter Kurierdienstfahrer. "Die Sache ist durch. Elektromobilität funktioniert. Eigentlich ist alles gelöst. Wo es hakt, ist die politische Ebene", sagt Michael Manger. Der Beweis ist sein Kurierdienst.
Ein erster Gesprächstermin mit der Redaktion musste erst einmal verschoben werden: Kurzfristig kam ein Auftrag für eine Nacht-Kurierfahrt herein. "Es ging nach Beauvais bei Paris", berichtet Manger. Die viel zitierte Reichweitenangst, also die Furcht, die Reichweite einer Batterieladung könnte für die geforderte Strecke nicht ausreichend sein, die hat Manger schon lange nicht mehr.
"Nach 200 Kilometer lege ich grundsätzlich eine Pause ein", sagt der Elektro-Kurierfahrer. Für die Fahrt nach Frankreich hat er bei Würzburg die Fracht geladen. "In Heilbronn habe ich die erste Pause gemacht und Telefonate erledigt, die wegen des kurzfristigen Auftrags ausgeblieben waren", sagt Manger. Metz und Reims waren weitere Haltepunkte.
An den so genannten Superchargern, speziellen Schnellladestationen für Tesla-Modelle, hat er sein Fahrzeug jeweils in etwa 30 Minuten aufgeladen. "Ich lade nicht voll, weil die letzten Prozent relativ langsam laden im Vergleich", erklärt der Rhöner physikalische Besonderheiten.


Durch Zufall zum Kurierjob

Es sind nicht viele Paletten, die Manger transportiert. Ersatz- oder Einzelteile, vielleicht auch einmal nur wichtige Dokumente fährt er für seine deutschlandweiten Auftraggeber. Platz hat er genug in seinem Tesla. Denn konstruktionsbedingt wird der hintere Kofferraum ergänzt durch einen vorderen Kofferraum, 'Frunk' genannt. Die Motoren des Allradantriebs liegen jeweils hinter den Achsen.
"Wenn es geht, nutze ich auch den Zug", fügt Manger an. Der kam eher durch einen Zufall zu seinem Kurierjob. Denn ein Hauptgeschäft ist die Haarmodenfotografie, die er in Salons in Frankfurt und Berlin betreibt. "Aus einer Laune heraus habe ich einen Sprinter-Transporter erworben, mit dem wir einen Musiker-Freund der Waldfensterer Musikanten zur Rente überraschen wollten als eine Art Bandbus", erinnert sich Manger.
Der Sprinter wurde auch zum Transport von Mountainbiker-Trüppchen genutzt, die Manger für eine Alpenüberquerung zum Beispiel nach Garmisch-Partenkirchen fuhr und danach am Gardasee wieder abholte. "Irgendwann begann ich, eigentliche Leerfahrten für kleinere Transportaufgaben zu nutzen, es gibt entsprechende Frachtenbörsen im Internet", erklärt der Oehrberger seinen Weg zum Kurier-Unternehmer.
2011 kaufte der Verfechter der Energiewende sein erstes Elektrofahrzeug, einen Opel Ampera, den heute noch Frau und Tochter nutzen. Er selbst fährt mittlerweile seinen zweiten Tesla Modell S. Den Strom dazu gewinnt er daheim aus der eigenen Photovoltaikanlage.
Manger hat sich auf Flexibilität erfordernde Sonderfahrten spezialisiert, bei denen trotz weniger Fracht bessere Umsätze zu erzielen sind: "Ich bin so eine Art Feuerwehr", schmunzelt der Unternehmer, der nebenbei als Organist in der Dorfkirche und mit großer Leidenschaft als Hüttenmusikant zum Beispiel bei den Hüttenabenden auf der Gemündener Hütte für gute Stimmung sorgt. "Eigentlich ist mein Standort hier ideal, ich bin schnell auf der Nord-Süd-Achse A7", so Manger. Für die Themen Elektromobilität und regenerative Energien ficht er mit Leidenschaft. Ihn ärgert gewaltig, dass die Politik nicht ausreichend viel dafür tut, dass sich die E-Mobilität wirklich durchsetzt. Stattdessen ist er sich sicher, dass kapitalkräftige Mächte eher versuchen, die Entwicklung zu verhindern, weil sie ihre seit Jahrzehnten üppig sprudelnden Gewinnquellen gefährdet sehen.
An der Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Batterie-Beladung zum Beispiel setzten diese Kräfte an. Unterschiedliche Steckersysteme, Sonderentwicklungen statt etablierter Starkstrom-Kontakte oder eine Unzahl von Kartensystemen je nach Ladestations-Betreiber seien letztendlich politisch gewollte Erschwernisse.
Von denen lässt sich Manger nicht entmutigen. Im Gegenteil engagiert er sich in vielen Initiativen. Im Verein zur Förderung der Elektromobilität ebenso wie im Verein Drehstromnetz. Hier haben sich europaweit 320 000 Mitglieder zusammengeschlossen und stellen einander ihre Ladestationen zur Verfügung, wofür es einen einheitlichen Schlüssel gibt.
Bei der Bad Neustädter Fahrzeugschau Elektromobilität am 21. und 22. April wirbt Manger wieder für die Elektromobilität. Ein Vorbild dafür ist er auf jeden Fall. Gerhard Fischer
 
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