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Münnerstadt
Unterfränkischer Ex-Politiker muss auf Anklagebank: Hat Eduard Lintner Schmiergeld aus Aserbaidschan verteilt?
Kurz nach seinem 80. Geburtstag hat den ehemaligen Abgeordneten Eduard Lintner die Vergangenheit eingeholt: Ein Prozess gegen ihn beginnt am 16. Januar.
Die Unterstützung für Aserbaidschan bringt Eduard Lintner (CSU) vor Gericht: Der ehemalige Bundestagsabgeordnete aus Münnerstadt wird der Bestechung beschuldigt.
Foto: Christoph Soeder, dpa | Die Unterstützung für Aserbaidschan bringt Eduard Lintner (CSU) vor Gericht: Der ehemalige Bundestagsabgeordnete aus Münnerstadt wird der Bestechung beschuldigt.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 18.12.2024 14:48 Uhr

Unverhofft wird der Ruhestand zum Unruhestand für Eduard Lintner: Nach sechsjährigen Ermittlungen muss sich der frühere Bundestagsabgeordnete aus  Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) ab 16. Januar in München nun doch wegen dubioser Geldflüsse aus Aserbaidschan vor Gericht verantworten: Bestechung von Politik-Kollegen wird ihm vorgeworfen, was Lintner vehement bestreitet.

Seit sechs Jahren wurde ermittelt

Seit 2018 hängt dem einst einflussreichen Politik-Senior der Vorwurf wie ein Mühlstein am Hals, eine Schlüsselfigur bei der Zahlung von Schmiergeldern gewesen zu sein, mit denen das autoritär regierte Land am Kaspischen Meer seinen zweifelhaften Ruf aufpoliert haben soll: Bekannt gewordene Ermittlungen samt Hausdurchsuchung 2020 bei Lintner zuhause und entsprechend wenig schmeichelhafte Schlagzeilen nagen seitdem an seinem Ansehen.

Am Freitag hatten nach sechsjährigen Ermittlungen alle Zweifel ein Ende: Das Oberlandesgericht München "hat die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft vom 1. Dezember 2023 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen," betont Pressesprecher Laurent Lafleur auf Anfrage.

Am 16. Januar beginnt der Prozess gegen Lintner sowie den Karlsruher Ex-Abgeordneten Axel Fischer, der solche Gelder aus dubiosen Quellen kassiert haben soll, um seinen Einfluss zugunsten Aserbaidschans geltend zu machen. Ziel der Zahlungen sei die Beeinflussung von Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) gewesen.

Geldzahlungen waren gestückelt

Lintner, der 33 Jahre lang im Bundestag und bis 2010 in der PACE saß, soll nach Angaben der Ermittler über zwei Gesellschaften bis 2016 "einen mehrfachen Millionenbetrag über 19 ausländische Briefkastenfirmen" erhalten haben. Diese soll er teils an andere Abgeordnete weitergeleitet haben, die Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans beeinflussen sollten.

Der viermal im Jahr tagende Europarat ist so etwas wie der Hüter der Menschenrechte in den 47 Staaten Europas. Doch 2013 fand dort ein kritischer Bericht zur Lage der Menschenrechte in Aserbaidschan überraschend keine Mehrheit – möglicherweise wegen Lobbyarbeit und Korruption. Dazu kamen offenbar vom Regime in Baku gesponserte Reisen deutscher Politikerinnen und Politiker nach Aserbaidschan, die jedoch – anders als kritische Wahlbeobachtende – keine demokratischen Unregelmäßigkeiten in dem Land entdecken konnten.

Interner Untersuchungsbericht belastete Lintner

Der Vorwurf basiert auf einem internen Untersuchungsbericht des Europarates von 2018, der dieser Redaktion vorliegt. Der 200-Seiten-Report enthielt massive Vorwürfe gegen Lintner. Demnach soll er auf Umwegen über Konten in Großbritannien – und teilweise auf bis zu zwölf Zahlungen gestückelt – hohe Summen kassiert haben, die er teilweise an Kolleginnen und Kollegen aus dem Netzwerk weitergeleitet haben soll.

Lintner blickt auf eine erfolgreiche Laufbahn zurück, wurde lange in einem Atemzug mit einflussreichen Politikgrößen in Unterfranken wie den früheren Bundesministern Wolfgang Bötsch und Michael Glos genannt. Der Geflüchtete aus dem Sudetenland studierte in Würzburg Jura.

Seine politische Karriere begann als Gemeinderat in Erlabrunn (Lkr. Würzburg) im Jahr 1972, nach seinem Umzug nach Münnerstadt stieg er rasch in die Bundespolitik auf. Von 1976 bis 2009 saß der CSU-Politiker im Bundestag.

Angeklagter Ex-Politiker betont: "Ich bin nicht bestechlich!"

Als er sich 2009 nach 33 Jahren im Bundestag aus der aktiven Politik zurückzog, macht er aus der politischen Unterstützung für Aserbaidschan kein Geheimnis. Sechs- bis zehnmal pro Jahr sei er dort.

Doch wie weit ging sein Engagement? "Ich bin nicht bestechlich", beteuerte der CSU-Politiker dieser Redaktion bereits 2021 im Gespräch. "Angeblich habe ich Gelder an Abgeordnete weitergeleitet, was alles nicht stimmt“. Jeden Vorwurf der Korruption wies er als "überzogen" und "haltlos" zurück.

Lintners Verteidiger äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht. Mit einer Entscheidung ist laut Gericht Ende April 2025 zu rechnen.

 
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Kommentare
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  • Johannes Metzger
    Auf Table Media (lt SZ liefert dieser Verlag „in die Tiefe gehende Informationen“) kann man lesen, dass Lindner nicht der einzige CSU/CDU Abeordnete ist, dem Bestechlichkeit vorgeworfen wird.
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  • Johannes Metzger
    Sorry: Herr Lintner
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  • Manfred Schweidler
    Er heißt Lintner, und das können Sie auch hier lesen.
    Der Autor
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  • Christa Bullmann
    Das Damoklesschwert hängt über der CSU. Ein schwarzer Schatten übder der weiss blauen Partei. Und das kurz vor den Wahlen.

    MfG

    Johannes Bullmann , MPA
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  • Johannes Metzger
    Und das ,nach dem aus Polen und Deutschland heftig kritisierten Schaukniefall von Söder, zwischen 2 Bratwurstbudenterminen.
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  • Roland Albert
    Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
    Wie bei Waltraud und Mariechen…
    Nur dass was sogst.
    CSU bashing, was keinen interessiert.
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  • Felix Habermann
    Da gibts kein `` Wenn und Aber ´´ ! ! !
    Auch mit 80 gehört man zur Rechenschaft
    gezogen wenn die Beweislage stimmt.
    Gruß Klaus Habermann, Estenfeld ! ! !
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  • Thorsten Götz
    Aserbaidschan bzw dessen Führung (die Familie Alijev seit Anfang der 1990er), die im Jahr 2023 erfolgreich einen Völkermord und Massenvertreibung der Armenier vollzogen haben...

    Natürlich ein wesentlich zuverlässigerer Partner als Russland (und Putin).

    Gut, sehen Wir kurz drüber hinweg, dass Aserbaidschan im Ranking von Reporter ohne Grenzen noch HINTER Putinland liegt.
    Ebenso im Internationalen Vergleich bei Korruption (war da was, Herr Lintner?), Russland - Platz 160 von 183 Ländern // Aserbaidschan - Platz 163 von 183 Ländern.

    Dass die Türkei, die bereits 1915 einen Völkermord an den Armeniern beging, Aserbaidschan massiv militärisch unterstützt (Zitat "zwei Länder, eine Armee") kann man hier nachlesen...

    https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/541909/das-ende-der-republik-berg-karabach/

    Aber interessieren tut´s keinen. Man nimmt wohl lieber das Geld (;
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  • Roland Albert
    Fakt bleibt, dass der Herr Schoppen Ede ( Dorfname in der Region) wohl genau an diese Truppe gekommen ist, keine politische Relevanz mehr hatte und sich in Sicherheit wähnte…
    Man trifft sich immer mehr mals im Leben .
    Mal gewinnt man, mal verlieren die anderen…
    Ich gönne ihm diesen Prozess.
    Er ist ja bis jetzt immer davongekommen…
    Vielleicht triffts ihn jetzt.
    Ich hoffe davon zu lesen!
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