Die Hammelburger Tafel besteht seit 20 Jahren. Ihr erklärtes Ziel ist es, ihre Klientinnen und Klienten mit vom Handel gespendeten Lebensmitteln zu versorgen. Die Zielgruppe kommt auf diese Weise gesünder über den Tag und hat damit eine bessere Basis, um mit Würde zu leben.
Im Gründungsjahr 2004 war der Tafelgedanke Neuland. Mittlerweile baut die Stadtgesellschaft wie anderswo selbstverständlich auf den bewährten Einsatz Ehrenamtlicher.
Bedürftigkeit wächst
Doch für großen Jubiläums-Jubel gibt es keinen Grund: "Die Herausforderungen sind größer geworden", resümiert Vorsitzender Patrick Bindrum gegenüber dieser Redaktion. Inflation und Flüchtlingswelle haben die Bedürftigkeit wachsen lassen, sagt er angesichts der Schlange von Menschen, die jeden Donnerstag vor der Ausgabe der Tafel anstehen.
Die Zahl der von den abholenden Personen versorgten Angehörigen beläuft sich, laut Bindrum, auf nahezu 400. Gleichzeitig sinke das Warenangebot. Als einen Grund vermuten die Verantwortlichen eine veränderte Warenlogistik des Handels. Dieser Tage konnte ein Aufnahmestopp gerade noch einmal abgewendet werden. "Wir wollen niemanden wegschicken", so Bindrum. Dazu brauche es aber zusätzliche Unterstützung.
Aus kleinen Anfängen gewachsen
Gemeinsam mit Gründungsvorsitzendem Winfried Benner und Schriftführer Werner Bergmann erinnert Bindrum bei einem Pressegespräch an die Entwicklung der Hammelburger Tafel aus kleinen Anfängen. Inzwischen sei die Thematik in den Medien präsenter.
"Das hilft uns", sagt Werner Bergmann zu dem gestiegenen Ansehen der Tafel. Überall würden die beiden Fahrzeuge bei ihrem Beschaffungsfahrten wohlwollend zur Kenntnis genommen.
Dennoch gibt es Sorgen: "Personell bleiben wir auf Kante genäht", blickt der Schriftführer auf die Fluktuation bei den Helfenden. Aktuell engagieren sich etwa 50 Menschen, überwiegend Rentnerinnen und Rentner. Gefragt sind sie bei der Warenausgabe jeden Donnerstagnachmittag, aber auch beim Abholen und Einlagern von Waren.
Präsentation beim Herbstmarkt
Wünschenswert sei ein noch breiteres Bewusstsein für das Wirken der Tafel. Beim Herbstmarkt und anlässlich der Einweihung des Bürgerhauses will sich die Tafel vorzustellen. Thema soll die Rettung von Lebensmitteln sein.
Mit viel Improvisationstalent hatte die Tafel in der Backstube der früheren Bäckerei Claßen begonnen. Verschämt drängte sich seinerzeit ein kleines Grüppchen von Bedürftigen vor der Lebensmittelausgabe in der Hammelburger Krötengasse, erzählt Bindrum. Als Treffpunkt gab es anfangs auch noch das ebenfalls ehrenamtlich betriebene Café Hoffnung im ehemaligen Gasthaus Sonne.
Kooperation mit den Nachbar-Tafeln
Das Team um Benner tat im Handel Bezugsquellen für Lebensmittel auf, die vor dem Ablauf des Haltbarkeitdatums standen. Eine frisch ins Leben gerufene "Rhön-Achse" mit Kooperation der Tafeln in den Nachbarstädten gibt es bis heute. Das Netzwerk tauscht Lebensmittel aus, um den Kunden einen breiten Warenkorb zu bieten.
Zwischenzeitlich ist die Tafel an den Bahnhof 2 umgezogen. Die größeren Räume verbessern die gewachsene Warenlogistik. Seit Corona erfolgt die Ausgabe im Freien. "Das ist auch ein wichtiger gesellschaftlicher Treffpunkt für die Kunden", sagt Bindrum. Rund um die Tafel seien viele Freundschaften entstanden. Demnächst wird hier ein größeres Außendach angebaut, das ein Sponsor finanziert.
Die Tafel-Kundinnen und -Kunden beschreibt Bindrum überwiegend als freundlich und zurückhaltend. Viele dieser Hammelburger habe er vor Amtsantritt nur vom Sehen gekannt. Jetzt komme man miteinander in Gespräch. "Da hört man oft von Schickalsschlägen", so der Tafelvorsitzende, der die Horizonterweiterung durch diesen neuen Bekanntenkreis schätzt.
Manche trauen sich nicht
Ein Thema drückt die Ehrenamtlichen zusätzlich. Bergmann verweist auf eine fortwährende "verschämte Armut". Sie betreffe Menschen, die sich bis heute nicht zur Tafel trauen. Den Weg dorthin könne man ihnen aber nicht ersparen.
Zwar beliefere man rund zehn Gehbehinderte. Mehr könne man aber aus personellen Gründen nicht leisten. Ein Ausdruck vorhandener Not seien Körbe mit gespendetem Brot, die freitags in den Kirchen aufgestellt werden. "Die sind dann immer leer", weiß Bindrum.
Was wird an die Tafel-Kunden ausgegeben und was muss man selbst beisteuern?
Besonders begehrt sind Tiefkühlwaren, Obst- und Gemüse machen etwa 30 Prozent aus, Brot und Backwaren bis zu 20 Prozent und Milchprodukte je nach Verfügbarkeit. Je nach aktuellem Angebot und der versorgten Personen liegt der Wert der Lebensmittel, die ausgehändigt werden, im Schnitt noch bei bis zu 30 Euro.
Zur Gleichbehandlung wechselt die Reihenfolge bei der Ausgabe wöchentlich durch. Um zu lange Schlangen zu verhindern, sind die Menschen, die zur Tafel kommen, in vier Gruppen aufgeteilt. Wann jeder oder jede darin an der Reihe ist, wird verlost. Versorgt jemand, der Waren abholt, beispielsweise vier Personen, ist er mit einem Obolus von fünf Euro dabei.
Wie kann man die Tafel unterstützen?
Willkommen ist tatkräftige Mitarbeit. Aktuell sind Helferinnen und Helfer mit einem Zeitkontingent von vier Stunden im Monat bis zu fünf Stunden in der Woche aktiv. Wer im Team dabei sein möchte, kann sich bei Manuela Bornkessel (Handy: 0176/ 99988646) melden.
Gebraucht werden auch Geldspenden auf das Tafelkonto (Sparkasse Bad Kissingen, DE 73 7935 1010 0008 2202 95). Damit werden auch langlebige Lebensmittel angeschafft. Diese werden vom Handel weniger gespendet, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum seltener verfällt.
Nicht gefragt sind übrigens, wie Bindrum betont, Sachspenden, die unangekündigt vor der Tafel deponiert werden. Teils würden diese dann auch Entsorgungsprobleme bereiten.