Eine kleine Überraschung ist diese Entscheidung schon: Von den Stadträten eines Fremdenverkehrsstandorts wie Bad Kissingen hätte man erwartet, dass sie eher die Chancen eines Nationalparks Rhön für den Tourismus sehen, als die Nachteile für die Waldwirtschaft. Doch das Gefühl, noch nicht gut genug informiert zu sein, war am Ende stärker. So stimmten die Rätinnen und Räte der Stadt am Mittwochabend mit großer Mehrheit dafür, an das Haus von Umweltministerin Ulrike Scharf eine Bitte zu schicken. Die Ministerin oder ein hochrangiger Vertreter solle zu den Räten kommen und im Dialog über die Pläne informieren, in der Rhön Bayerns dritten Nationalpark auszuweisen.
Niemand auf ewig festlegen
Überraschend ist das auch, weil Oberbürgermeister Kay Blankenburg eigentlich schon mit seinem ersten Beschlussvorschlag niemand im Stadtrat auf immer festlegen wollte. Denn dieser Vorschlag besagte zwar, dass die Stadt Einverständnis signalisiert, nach dem Abschluss der aktuellen Dialogphase die weiteren Verfahrensschritte zur möglichen Ausweisung eines Nationalparks Rhön einzuleiten. Gleichzeitig hätte sich das Rathaus aber ausdrücklich vorbehalten, bis zum Ende der nun anstehenden Konzeptphase wieder aus dem Verfahren auszusteigen.
Unentschlossenheit
Letztlich beschreibt der Beschluss aber die von einer gewissen Unentschlossenheit und Unsicherheit geprägte Stimmung im Stadtrat treffend. Eindeutig positioniert haben sich am Mittwoch nur wenige. Thomas Menz von der SPD-Fraktion begründete sein klares Nein mit Argumenten zum Klimawandel, zum Borkenkäfer, zu Einbußen bei der Holznutzung, zur eingeschränkten Begehbarkeit eines Nationalparks und zum Umstand, dass die Rhön nur eine Ausweichlösung sei. Steffen Hörtler berichtete für die CSU zwar von nicht einheitlichen Auffassungen in der Fraktion, bekannte sich persönlich aber als Gegner der Idee eines Nationalparks Rhön.
Kaum klare Positionierungen
Andere räumten zumeist Unsicherheit ein. Bernd Czelustek, der Fraktionssprecher der SPD, zum Beispiel, sagte, er sei vergangenen Freitag als Gegner zu einer Veranstaltung mit Ministerin Ulrike Scharf nach Stangenroth
Zweifel äußerten viele Ratsmitglieder auch an der Praktikabilität des Versprechens der Staatsregierung, wonach die Ausweisung eines Nationalparks nicht gegen den Willen der betroffenen Region erfolgen solle. Wie genau dieser Wille erfasst und gemessen werden solle, dazu gebe es keine Festlegungen. Auf jeden Fall aber, so die Stadt, sollten in den betroffenen Kommunen Beschlüsse herbeigeführt werden.
Nicht zu lange warten
Zu viel Zeit sollten sich die Rätinnen und Räte mit ihrem Entschluss dennoch nicht lassen. Bekanntlich hat der Stadtrat eine Neigung, über manche Dinge noch einmal und noch einmal nachzudenken. Ewig wird die Geschichte aber nicht auf die Kissinger warten.