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Maßbach
Serie "Besondere Berufe": Jutta Reinhard lässt andere gut aussehen
Im Job braucht die Kostümbildnerin Kreativität, handwerkliches Geschick und Herzblut. Wie ein Kostüm entsteht, wie oft es getragen wird und worauf Reinhard auch verzichten könnte.
Jutta Reinhard ist Kostümbildnerin und Schneiderin am Theater Schloss Maßbach.
Foto: Simon Snaschel | Jutta Reinhard ist Kostümbildnerin und Schneiderin am Theater Schloss Maßbach.
Simon Snaschel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:04 Uhr

Fast schüchtern posiert Jutta Reinhard neben ihrer Schneiderpuppe für die Fotos dieser Redaktion, möchte sich geradezu hinter dem von ihr entworfenen roten Kleid verstecken. Die 58-Jährige sieht lieber andere im Rampenlicht. Als Kostümbildnerin und Schneiderin am Theater Schloss Maßbach ist auch genau das, nämlich andere gut aussehen zu lassen, ihr Beruf.

Seit 1984 arbeitet die Großwenkheimerin im beschaulichen Maßbacher Theater. "Ich bin da so reingerutscht", erinnert sich Reinhard, die zuvor ihre Lehre zur Damenschneiderin in der Münnerstädter Kleiderfabrik absolviert hatte, an ihre Anfänge an der Unterfränkischen Landesbühne. Seitdem, so Reinhard, hat sie für "um die 300 Stücke" das Kostümbild entworfen und geschneidert.

Kreativität und Handwerk sind für Reinhard die Säulen ihrer täglichen Arbeit. Dazu kommt jede Menge Herzblut. "Ohne Idealismus geht es nicht", sagt sie. In der letzten Probenwoche vor einer Premiere ist sie kaum zuhause, erzählt Reinhard. 20 Jahre war sie alleine für die Kostüme am Theater zuständig, 17 Stunden Arbeit am Stück waren damals keine Seltenheit.

"Da stellt man bis zur Premiere sein eigenes Leben schon mal hinten an und es gibt keine geregelten Arbeitszeiten." Vielmehr hat sie teilweise bis zur letzten Sekunde an den Kostümen gefeilt. "Es kam schon vor, dass auf der Bühne schon gespielt wurde und ich hinter der Bühne noch etwas umgenäht oder repariert habe", erzählt sie lächelnd. Die Aufregung vor einer Premiere habe bis heute angehalten: "Man guckt, hofft, dass alles funktioniert und ist immer unter Anspannung", sagt sie. Erst nach einiger Zeit könne sie "in Ruhe zuschauen", so Reinhard.

Gemeinsam mit Theaterleiterin Anne Maar (rechts) zeigt Jutta Reinhard dem bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, bei seinem Besuch im Oktober 2021 die Schneiderei.
Foto: Simon Snaschel | Gemeinsam mit Theaterleiterin Anne Maar (rechts) zeigt Jutta Reinhard dem bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, bei seinem Besuch im Oktober 2021 die Schneiderei.

Inzwischen sind neben ihr zwei weitere Mitarbeiterinnen für das Kostümbild zuständig. Vier junge Frauen haben am Theater bereits ihre Ausbildung zur Damenschneiderin - "leider ein aussterbender Beruf", so Reinhard - absolviert. Drei von ihnen haben besondere Auszeichnungen dafür erhalten. Reinhard macht das stolz. Sie freut sich, ihre Liebe zum Beruf weitergeben zu können. "Ich muss mich in alle Richtungen orientieren. Da bleibt man weltoffen", beschreibt sie, was ihren Beruf neben dem reinen Handwerk für sie ausmacht. "Es ist einfach kein alltäglicher Job."

Wie jede Aufführung ist auch jedes Kostüm ein Einzelstück. In ihrer "Schatzkammer", dem Kostümlager, finden sich unzählige Kleider, Hosen, Anzüge, Hüte oder Jacken. Unsortiert wirkt der Fundus nur auf den ersten Blick. "Ich weiß, wo ich etwas finde. Die Sachen sind thematisch und nach Herren und Damengarderobe geordnet", erklärt Reinhard. Wie viele Teile es sind? Da muss sie tief durchschnaufen. "Sicher Tausende und durch die Bank Unikate". Erst nach mindestens zehn Jahren verwende sie gelegentlich passende Kostüme für eine zweite Bühnenproduktion.

Tausende Kleidungsstücke finden sich im Kostümlager des Theaters.
Foto: Simon Snaschel | Tausende Kleidungsstücke finden sich im Kostümlager des Theaters.

Lebendig werden die Kostüme allesamt nach einem fixen Schema: "Ich bekomme das Textbuch, lese mir das durch und spreche mich dann mit dem Regisseur ab. Man kann jede Figur ja eher historisch oder modern einkleiden, da muss ich vorfühlen, wie die Vorstellungen sind", so Reinhard. "Wenn wir uns einig sind, zeige ich in einem zweiten Gespräch meine Entwürfe. Dann müssen die Farben mit dem Bühnenbild abgestimmt werden, grüne Kostüme vor einer grünen Kulisse sind zum Beispiel ungünstig."

Erst nach einem dritten Gespräch beginne sie mit dem Herstellen der Kostüme. Reinhard will sich nicht festlegen, wie lange sie für eines braucht. "Das kommt immer darauf an, wie aufwendig das Teil ist", sagt sie. Zwischen fünf und zehn werden im Schnitt für ein neues Stück benötigt. "Einen Anzug kaufen wir auch mal, aber alles andere wird von uns selbst hergestellt."

Auf der Bühne sollen lieber Darstellerinnen und Darsteller stehen

Wenn die Premiere dann überstanden ist, muss Reinhard doch noch einmal ran. "Das Schlimmste für mich ist, wenn man sich nach der Premiere auf der Bühne verbeugen muss", erzählt sie. "Darauf könnte ich gerne verzichten. Ich arbeite lieber im Hintergrund und lasse die Arbeit für mich sprechen", so Reinhard. "Wenn dann alles zusammenpasst, Bühnenbild, Schauspiel und Kostüm", freue sie sich lieber nach innen.

Hinweis: Sie haben einen Tipp für diese Serie? Dann wenden Sie sich doch per E-Mail an den Autor, unter simon.snaschel@mainpost.de.

 
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