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MÜNNERSTADT
Remogianer geben nicht auf
Feuerrote Luftballons ließen die Mitarbeiter der Firma REMOG am vergangenen Freitag bei der Kundgebung steigen.
Foto: Dieter Britz | Feuerrote Luftballons ließen die Mitarbeiter der Firma REMOG am vergangenen Freitag bei der Kundgebung steigen.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:44 Uhr

Bei der Firma REMOG arbeitete die Belegschaft am Montag, drei Tage nach der großen Gewerkschafts-Kundgebung, wie gewohnt weiter. Ein Gespräch zwischen Geschäftsführung und den Mitarbeitern gab es noch nicht, denn Firmenchef Wilfried Müller befindet sich drei Wochen auf Geschäftsreise. In einer E-Mail an die Redaktion nimmt er zu den bei der Kundgebung gegen ihn gerichteten Vorwürfe Stellung.

REMOG ist für Münnerstadt und für die Region seit Jahrzehnten ein Top-Arbeitgeber. In Spitzenzeiten waren dort 300 bis 400 Menschen in Lohn und Brot. 180 Beschäftigte zählte der Betrieb 2009. Doch dann bekam die Firma die Auswirkungen der Finanzkrise zu spüren.

Zeitweise Kurzarbeit

Zwar lief die Produktion von Hydraulik-Teilen für die Luftfahrt noch eine Zeit lang gut, doch in anderen Sparten der Firma, wie dem Maschinenbau, war plötzlich Kurzarbeit angesagt. Mehrere Mitarbeiter mussten dann auch an die Firma Siemens ausgeliehen werden. Bis 2011 war die Belegschaft auf 130 Mitarbeiter zurückgefahren worden – freilich hatten etliche Mitarbeiter sich auch abfinden lassen oder waren vorzeitig in Ruhestand gegangen, andere arbeiteten auch nach der Leihfrist bei Siemens weiter. Schon damals hieß es bei der Gewerkschaft, dass völlig unklar sei, wohin die Reise geht.

Daran hat sich offensichtlich bis heute nicht viel geändert. Zwar verzeichnete man bei REMOG 2011/2012 wieder einen deutlichen Aufschwung, weil sich die Marktposition der Firma stark verbesserte und die Luftfahrt-Branche wieder boomte. Auch das 2005 in Polen gegründete Tochterunternehmen Remog Polska in Mielec (damals 110 Beschäftigte) ließ sich vielversprechend an. Doch seit einigen Monaten steckt das Münnerstädter Unternehmen offenbar erneut in der Krise.

Belegschaft will kämpfen

Es habe verschiedene Betriebsversammlungen ohne klares Ergebnis gegeben, sagt Betriebsratsvorsitzender Edgar Schneider. Demnach sei alles möglich: dass einige der 81 noch bestehenden Arbeitsplätze abgebaut werden, dass der Betrieb ganz geschlossen wird oder dass er mit wenig Personal weitergeführt wird.

„Wir Remogianer haben uns in der Vergangenheit immer eingebracht“, sagt Schneider und spielt auf die Kurzarbeitsjahre 2009 bis 2011 an. „Wir stehen zu unserem Betrieb und wollen weiter machen.“ Nach Schneiders Ansicht sollte es nicht schwierig sein, den REMOG-Standort zu erhalten, denn angesichts der aktuellen Marktsituation könnte man in Münnerstadt gut Geld verdienen. „Man braucht bloß eine Strategie“, so Schneider. Die Belegschaft erhoffe sich demnächst vom Firmenchef „klare Entscheidungen“. Man wolle nun wissen, wo die Reise hingeht.

Bei der Kundgebung am Freitag hatte der Erste Bevollmächtigte der IG-Metall, Edgar Kippes, geäußert, der Firmenchef sei ein „Unternehmer, der nichts unternimmt, aber dem alles gehört“. Wenn man 2018 über Auftragsmangel klage, sei man „kein Unternehmer, sondern nur noch ein Nehmer“.

Geschäftsführer Müller nimmt Stellung

REMOG-Geschäftsführer Wilfried Müller nahm schriftlich zur Situation in seinem Unternehmen Stellung. Die Auftragseingänge des REMOG-Hauptkunden in der Luftfahrtechnik, die einst 65 Prozent des Firmen-Umsatzes darstellten, hätten sich seit Ende 2017 dramatisch reduziert, schreibt Müller in seiner Stellungnahme. Betrug der Umsatz 2017 noch 6,4 Millionen Euro, so werde er sich heuer auf 4,1 Mio. Euro und bis 2019 auf 2,1 Millionen Euro reduzieren, heißt es weiter.

Für diesen Auftragsrückgang verantwortlich sei, nach Müllers Ansicht, dass der REMOG-Hauptkunde seine Aufträge zu preisgünstigeren Konkurrenten, vornehmlich ins Ausland, verlagert habe. Mit einem Neukunden der Luftfahrtechnik habe REMOG Ende 2017, nach über zwölf Monaten Verhandlung, einen Mehrjahresvertrag über ein hohes Umsatzvolumen unterzeichnet. Der US-Konzern habe sich im Frühjahr 2018 entschieden, sein Werk in Deutschland zu schließen und den Vertrag zu stornieren.

Lage der Firma nicht rosig

Zudem habe ein englischer Kunde der Luftfahrtechnik, nach Müllers Angaben, in 2018 das Werk in England geschlossen und die Produktion nach Polen verlagert. Aus diesen Gründen habe die Firma REMOG ihre Umsatzplanung deutlich nach unten korrigieren müssen. Zu Beginn des Jahres 2018, als die Geschäftsführung Kündigungen für diese Jahr ausschloss, seien diese Fakten noch nicht bekannt gewesen.

Seit Mitte 2018 bestehe nun ein „erheblicher Personalüberhang“, da Kündigungen bis Ende 2018 vom Betriebsrat nicht akzeptiert würden. Seit Mitte des Jahres biete die Geschäftsführung den Mitarbeitern Aufhebungsverträge mit Abfindungszahlungen, sowie vorzeitige Ruhestandsvereinbarungen an, heißt es in der Stellungnahme weiter. Insgesamt werde der Personalabbau laut Müller „aus heutiger Sicht“ zwischen 25 bis 30 Mitarbeitern betragen.

 
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