Das Landgericht Würzburg hat den Prozess um mutmaßlichen Millionen-Betrug beim Verkauf einer Reha-Klinik in Bad Bocklet (Lkr. Bad Kissingen) gestoppt. Die Verteidiger der vier Angeklagten um den Hammelburger Schilling-Banker Hubert-Ralph S. attackierten erfolgreich ein wichtiges Gutachten. Ohne das kann das Gericht zunächst nicht weitermachen.
Jahrelanger Ausverkauf einer Kurklinik
Der Eigentümer der Hammelburger Privatbank steht mit drei weiteren Angeklagten seit 2. Oktober vor Gericht und war mehrere Monate in Untersuchungshaft. Laut Anklage soll er als Privatmann zwischen 2004 und 2013 den Verkauf der Anteile an der Kurklinik in Bad Bocklet maßgeblich betrieben haben. Die Bank sagt, sie habe mit den Geschäften nichts zu tun gehabt. S. lässt seinen Posten als Vorstand ruhen.
In der Beweisaufnahme in Würzburg spielte das Gutachten eine entscheidende Rolle, das über den Wert der Immobilie (und damit die Höhe des Schadens für möglicherweise Betrogene) Auskunft geben sollte. Doch mit hartnäckigen Fragen an den Gutachter arbeitete die zehnköpfige Verteidigung um Hans Feigen heraus: Es enthält gravierende Fehler bei der Wertberechnung.
Wurden wirklich die Preise gedrückt?
Offenbar ist der Sanierungsbedarf der Immobilie deutlich höher, als der Gutachter in seinem Bericht beziffert hat. Das bedeutet: Möglicherweise ist der Kaufpreis realistischer als die Staatsanwaltschaft bisher annimmt. Die geht davon aus, dass der Preis durch pessimistische Angaben den Käufern gegenüber „gedrückt“ wurde, damit sie billiger verkaufen.
Das Gutachten betrifft nur einen Teil der Anklage wegen Betrugsverdacht. Ein anderer spricht davon, dass die Angeklagten den früheren Eigentümern klammheimlich Gewinne der Kurklinik vorenthalten haben sollen, die denen zugestanden hätten. Das Geld war auf anderen Konten „geparkt“.
Zuletzt war im Prozess der Ton erkennbar aggressiver geworden – auch wenn die vierköpfige Verteidigung um Promi-Anwalt Hans Feigen unüberhörbar sagt, ihr liege nichts an einer „konfrontativen“ Strategie.
Das Gericht hatte bereits vorher den Verdacht, das Gutachten könnte fehlerhaft sein. Der Vorsitzende hatte telefonisch beim Gutachter nachgefragt – dies aber nicht in den Akten vermerkt. Als der Gutachter dann im Zeugenstand seinen mündlichen Bericht abgab – und die heiklen Stellen auffallend mied- fiel den Verteidigern auf, dass Gericht und Anklagevertreter nicht nachfragten.
Wichtige Faktoren im Gutachten nicht bedacht
Anwältin Barbara Livonius brachte den Gutachter zu dem Eingeständnis, dass er wichtige Faktoren nicht bedacht hatte. Schlimmer war dann der Verdacht der Verteidiger um Hans Feigen und Peter Auffermann gegen Gericht und Anklage, zu Lasten der Angeklagten werde gemauschelt.
Denn hartnäckige Nachfragen ergaben: Das Gericht hatte über die Fehler im Gutachten nur die Staatsanwaltschaft informiert.Es kam zum Eklat:Die Verteidiger lehnten nicht nur den Gutachter wegen Verdachts der Befangenheit ab. Sie beantragten auch die Ablösung des Vorsitzenden der 5. Strafkammer, Reinhold Emmert, aus diesem Grund. Dies wurde von einem dreiköpfigen Richter-Gremium inzwischen zurückgewiesen. Doch der Gutachter ist raus.
Prozess soll im Sommer neu starten
Ein neuer Gutachter braucht bis Mai 2019 Zeit. „Das Gericht hat entschieden, das Verfahren auszusetzen“, sagte am Dienstag ein Verfahrensbeteiligter dieser Redaktion. „Der nächste Prozesstermin am 8. Januar ist schon abgesagt“, bestätigte ein zweiter.
So soll es nach der Zwangspause weitergehen: Bis Mai soll das Gutachten vorliegen. Dann bekommen es Gericht, Anklage und Verteidigung zur Prüfung. Danach kann der Prozess im Lauf des Sommers von vorne losgehen.
Dennoch gibt es viel zu viele Fragen und Unklarheiten und ja auch den anderen Teil des Vorwurfs, siehe Artikel Stichwort "Gewinne vorenthalten", "auf anderen Konten geparkt"
als dass ein neues Gutachten hier komplett alles im Sinne der Verteidigung verändern dürfte.
Jeder kann sich im Bundesanzeiger informieren wie es teilweise um die Gewinne und vor allem auch die Bilanzen, darin z.b. passivseite sehr hohe Kapitalrücklagen im verhältnis zu den KapitalAnteilen der Gesellschaft stand.
Aber vielleicht ist es ja beabsichtigt, den Prozess möglichst lange nach hinten hinaus zu ziehen?
Jedenfalls wäre es schön, wenn die Journalisten zukünftig noch enger am Prozess dranbleiben und vielleicht auch Geschädigte noch mehr als bisher zu Wort kommen.