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Hammelburg
Protestbanner am Marktplatz in Hammelburg: Der Streit um das Bauprojekt Apothekerhaus schlägt weiter Wellen
Bedarf zur Klarstellung sieht das städtische Bauamt zum großen Protesttransparent am Marktplatz. Wie geht es mit dem Bauvorhaben weiter? Im Stadtrat wurde diskutiert.
Das Banner der Eigentümergesellschaft am Marktplatz 9 bleibt umstritten.
Foto: Ralf Ruppert | Das Banner der Eigentümergesellschaft am Marktplatz 9 bleibt umstritten.
Wolfgang Dünnebier
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:29 Uhr

Das rund 20 Meter breite und rund acht Meter hohe Banner am Gerüst des Gebäudes am Marktplatz 9 in Hammelburg beschäftigte jetzt auch den Stadtrat. Auf dem Transparent kritisiert die Eigentümergemeinschaft HWT Invest in knalliger Größe das schleppende Genehmigungsverfahren für den von ihr dort  angestrebten Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses.

"Die lange Dauer des Verfahrens kann sicherlich nicht der Stadt Hammelburg angelastet werden", konterte Stadtbaumeister Detlef Mohr die Kritik. Er legte vor dem Stadtrat am Mittwochabend, 13. Dezember, noch einmal die Historie des bislang gescheiterten Bauvorhabens dar.

So waren die Arbeiten an dem Haus 2021 kurz nach Baubeginn eingestellt worden, nachdem Statiker festgestellt hatten, dass das historische Gebäue einsturzgefährdet sei. Einen daraufhin als Ersatz beantragten Neubau mit vier anstelle der bisher drei Geschosse hatten Bauamt, Sanierungsbeirat und Landesamt für Denkmalpflege 2022 mit Blick auf den Ensembleschutz abgelehnt.

Für Stadtbaumeister Detlef Mohr hätte der Abbruch des Umbaus vermieden werden können

Seitdem geht nichts mehr voran. Ein Bauzaun vor dem angeblich einsturzgefährdeten Objekt blockiert den Gehsteig und soll vor womöglich herunterfallenden Trümmern schützen.

"Bei anderer Herangehensweise wäre der Abbruch der Umbauarbeiten vermeidbar gewesen", so der Stadtbaumeister. Da sei in der Reihenfolge wohl etwas durcheinander gekommen, kommentierte er den Umstand, dass die genauen statischen Untersuchungen erst nach Baubeginn durchgeführt worden seien.

Sanierungsbeirat spricht sich weiter für eine Sanierung im Bestand aus

Gleichzeit machte Mohr deutlich, dass auch ein neuer Vorschlag der Eigentümergesellschaft für einen Neubau aus seiner Sicht nicht zu befürworten sei. So spreche sich der Sanierungsbeirat weiter für eine Sanierung im Bestand aus. Anhaltpunkt dafür sei das gesetzliche Einfügungsgebot, das auch im vorhandenen Ensemble mit der  "harmonischen" Marktplatzfassade zur Anwendung kommen müsse.

Der neue Entwurf der Eigentümergemeinschaft wird vom städtischen Bauamt skeptisch gesehen.
Foto: Repro HWT Invest AG | Der neue Entwurf der Eigentümergemeinschaft wird vom städtischen Bauamt skeptisch gesehen.

Ein Kritikpunkt daran ist der hohe Glasanteil in der Fassade. Zudem handele es sich, wenn auch durch die Dachanordnung leicht kaschiert, weiter um einen viergeschossigen Entwurf plus Dachausbau. Dagegen sei am Marktplatz umlaufend Dreigeschossigkeit gegeben.

"Viergeschossigkeit nie aufgegeben", moniert Stadtbaumeister Mohr

Für unzutreffend hält Mohr auch den Vergleich der Eigentümergesellschaft mit dem Nachbarhaus. Dort handele es sich eben gerade um eine dreigeschossige Fassade, wenn auch mit zwei Dachgeschossen. Dort seien die oberen Mansarden kleiner. Dies sei in den Plänen für das neue Apothekerhaus falsch dargestellt.        

Als Ausdruck des negativen Gesamteindruckes wertete Mohr die untere Dachkante (Traufkante), die im Vergleich zu den Nachbarhäusern "springe" und so einen unharmonischen Eindruck erwecke. "Die Viergeschossigkeit wurde seitens der Antragsteller nie aufgegeben", monierte der Stadtbaumeister.

Hammelburgs Bürgermeister Armin Warmuth: "Ich bin ein Stück ratlos"

"Ich bin ein stückweit ratlos und sehe keine Lösung, den gordischen Knoten aufzulösen", stellte Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) mit Blick auf eine drohende Klage der Eigentümergemeinschaft gegen einen ablehnenden Bescheid in den Raum. Er erkenne bei der Eigentümergemeinschaft keinerlei Kompromissbereitschaft.

Auf Nachfrage von Alexander Stolz (CBB) erklärte Stadtbaumeister Mohr, dass das Landesamt für Denkmalpflege keine Zugeständnisse bei der Anzahl der Stockwerke mittragen würde, selbst wenn sich der Stadtrat drauf einlassen würde. Als "unerträglich" bezeichnete Reimar Glückler (CBB) die Perspektive, dass der aktuelle Anblick des Gebäudes im Zuge einer juristischen Auseinandersetzung möglicherweise zehn Jahre so bestehen bleibe. Er habe zwei Kompromissvorschläge gemacht. Bislang ließen weder Stadtverwaltung noch Bauherren Bewegung erkennen.

Klage brächte Rechtssicherheit, meint Stadtbaumeister Detlef Mohr

Einen anderem Akzent setzte Stadtbaumeister Mohr bezüglich einer juristischen Klärung vor dem Verwaltungsgericht. Anders als bei einem Strafgerichtsverfahren wäre es für alle Beteiligten nicht das Schlechteste, falls die Eigentümergesellschaft gegen einen Baubescheid klagt.

Zumal man dann Rechtssicherheit in Sachen Geschossigkeit für künftige Bauanliegen in der Altstadt habe, machte der Stadtbaumeister geltend. Zudem gehe er von einer Bearbeitungszeit von höchstens einem Jahr bei Gericht aus.

Gerichtliche Niederlage denkbar - Präzedenzfall Kaufhaus Karl in der Nachbarschaft?

Als "unerträglich" bezeichnete Patrick Bindrum (CSU) die Plakataktion. Zugleich schloss er ein Entgegenkommen bei dem Bauprojekt nicht aus. Uneinheitliche Traufhöhen seien in der Altstadt gang und gäbe und der Entwurf mit einem Laienblick durchaus vertretbar. Denn auch eine gerichtliche Niederlage sei denkbar, sagte er mit Blick auf das Kaufhaus Karl in der Nachbarschaft und somit bereits vorhandene Verstöße gegen das Einfügungsgebot von Gebäuden.

"Wir wissen nicht, wie die Instabilität des Gebäudes zustande kam", warf Reinhard Schaupp (CBB) in die Runde. Kompromisse seien ein Stück Populismus, weil sie die Menschen erfreuten. Dazu seien aber beide Seiten erforderlich, sagte er mit Blick auf die Eigentümergemeinschaft. "Wir vom Stadtrat haben aber eine städtebauliche Gesamtverantwortung", reklamierte er.    

Der Stadtrat plädiert dafür, noch einmal das Gespräch suchen

Dennoch plädierten die Stadträte dafür, dass Bürgermeister Warmuth vor weiteren Schritten noch einmal das Gespräch mit der Eigentümergemeinschaft suchen soll.

Noch offen ist dagegen die Frage, ob das Transparent hängen bleiben darf. Als einzig rechtliche Handhabe erscheint der Umstand, ob es bei seiner Größe einer erhöhten Windlast trotzen kann. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, informierte Stadtbaumeister Mohr den Stadtrat.

 
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  • Petra Kaup-Clement
    Das Haus am Marktplatz 9 war, wie aus historischen Fotos des "Hammelburger Albums" hervorgeht, bis 1939 zweigeschossig. Die NS-Diktatur hat unter Einbeziehung des zwangsarisierten jüdischen Nachbarhauses ein Ensemble mit gleicher Trauf- und Firsthöhe geschaffen. Es ist Nazi-Städtebau, der uns im heutigen Apothekenhaus gegenübersteht. Hierfür Ensembleschutz einzufordern, ist politisch nicht vertretbar, baurechtlich auch nicht, weil kein B-Plan vorliegt. Sollte die Stadt die Klage verlieren, ist der Präzedenzfall geschaffen für Häuser rund um den Marktplatz, die tatsächlich aus der Maximilianszeit stammen, z. B. das Haus des Hirschenwirt.
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