Eigentlich geht man ja nicht ins Theater , um sich zu ekeln - und zwar schon, bevor die Vorstellung begonnen hat. Denn was man auf der Freilichtbühne Maßbach zuerst zu sehen bekommt, ist eine etwas unappetitliche Mischung aus Müllkippe und Kinderzimmer, das zehn Jahre keinen Putzlappen gesehen hat. Man sieht es geradezu riechen. Und da soll sich jemand wohlfühlen?
Doch, so etwas gibt's. Es sind die Olchis. Das sind menschähnliche Wesen, die sich ausschließlich von Müll ernähren. Und wenn es eines gibt, das sie hassen und fürchten, dann ist es Sauberkeit. Erhard Dietl , hochgradiger Fachmann für die ekelhaft-possierlichen Müllgestalten, hat ein neues Theaterstück für Kinder geschrieben: "Hilfe, die Olchis kommen!" Stella Seefried hat es für das Maßbacher Sommertheater auf die Freilichtbühne gebracht. Das Bühnenbild ist von Anita Rask-nielsen, die Kostüme entwarf Daniela Zepper.
So wie die Übergänge zwischen Müll und Nichtmüll oft fließend und Ansichtssache sind, besteht auch das Stück aus ineinanderfließenden Teilen, die zunächst ein bisschen verwirren. Da kommen Ewald und Elfriede (Benjamin Jorns und Silvia Steger) auf die vermüllte Bühne, um ein Picknick zu genießen. Natürlich produzieren sie dabei Abfall .
Dann tauchen drei Gestalten auf: Olchimama, Olchipapa und Olchikind (Elisabeth Küchle, Georg Schmiechen, Erika Mosonyi), schieben zwar eine verrostete Badewannenschubkarre voller Abfällen vor sich her, aber reden zunächst ganz vernünftig mit Ewald und Erika über Probleme der Nahrungskette. Olchipapa: "Wusstest du, dass der Mensch schon zu zwei Prozent aus Plastik besteht?" Sind sie da schon echte Olchis, oder werden sie das erst durch das Anlegen von Kostümergänzungsmitteln, die sie natürlich in einem Müllsack finden.
Die Olchis genießen das Leben in ihrer Höhle nach dem Motto: Je drecker, desto lecker. Gleichzeitig werden immer mehr Klagen der Bürger von Schmuddelfing lauter: Der Ort wird immer unansehnlicher, vermüllter. Der Bürgermeister (Benjamin Jorns) hat die rettende Idee, als er das Olchikind erwischt. Dem Gemeinderat erklärt er, dass dieses Kind künftig für die Sauberkeit auf den Straßen sorgen wird - eigentlich eine Win-win-Situation.
Müll ist Definitionssache
Die Sache wird noch effektiver, als die Eltern auf der Suche nach ihrem Kind auftauchen und auch dienstverpflichtet werden - turbulente Szenen, die beim Publikum natürlich gut ankommen. Aber ob achtjährige Kinder heute noch wissen, was eine mechanische Schreibmaschine ist oder wie ein Gemeinderat funktioniert?
Doch bald sind die Schmuddelfinger mit ihrem Latein am Ende. Denn die Olchis haben den Müll gefressen und gehen jetzt ans Eingemachte, an den Noch-nicht Müll, an Kinderwagen, Gartenmöbel und vieles mehr. Der Polizeikammerjäger scheitert kläglich am Widerstand der Olchimutter. Schließlich hilft nur noch, die Olchis mit einer Parfümdusche in die Flucht zu schlagen. Das gelingt auch, sie verziehen sich, aber sie kündigen auch an, wiederzukommen.
Und dann sind wir wieder am Anfang, bei der Vernunft. "Was können wir tun, um Müll zu vermeiden?", fragen die fünf. "Ich werde weniger Plastik verwenden", meint Olchivater. Oder ist das schon wieder Georg Schmiechen? Ewald und Elfriede haben die Patentlösung: "Wir werden uns noch mal zusammensetzen."
"Fliegenschiss und Olchifurz, das Leben ist doch viel zu kurz!", singt das dreckige, dauerfluchende Trio immer wieder. Da haben sie sicher Recht. Aber wäre das Müllproblem geringer, wenn es länger wär? Auf jeden Fall haben es die Eltern jetzt etwas schwerer, wenn sie ihre Kinder auffordern, ihr Zimmer aufzuräumen. Die können jetzt darauf verweisen, dass irgendwann, ganz bestimmt ganz bald, ohnehin die Olchis vorbeikommen. Und die muss man doch irgendwie bewirten.