Einen Sprung nach vorne will der Landkreis Bad Kissingen im kommenden Jahr bei der Digitalisierung machen. Dazu beteiligt er sich an einem Modellvorhaben des Bundes: In Rahmen dieses Vorhabens hat sich der Landkreis das Sonderprojekt "Smarte.Land.Regionen/Pocket-Dorf" an Land gezogen. Ziel ist es, Menschen in ländlichen Regionen flexibel und lebensnah in Kontakt zu bringen. Gefördert wird das Projekt mit 200.000 Euro von Bundeslandwirtschaftsministerium.
Auf dem digitalen Dorfplatz sollen sich alle Nutzerinnen und Nutzer mitteilen können
Schwerpunkt ist die Entwicklung einer App, über die sich alle Einwohnerinnen und Einwohner zu Anlässen in ihrem Dorf mitteilen können. Dafür sieht Cordula Kuhlmann vom Regionalmanagement viele Möglichkeiten. Sie schwärmt gar von einem "digitalen Dorfplatz". Für die Entwicklungsarbeit steht ihr seit Mitte April Projektmanagerin Stefanie Tratt mit einer Halbtagsstelle zur Seite.
"Wir wollen mehr bieten als andere soziale Netze", so Kuhlmann. Der Nachteil etwa bei WhatsApp sei, dass dort alle Einträge eines Chats chronologisch hintereinander erscheinen. Vorteilhafter wäre eine Bildschirmgliederung als eine Art Schwarzes Brett, wo zu einem bestimmten Ereignis alles auf einen Blick gebündelt werden kann. "Ich denke da zum Beispiel an die Vorbereitung eines Vereinsfestes, wo es beispielweise eine Rubrik zu Kuchenspenden eben könnte". Auch fällt ihr die digitale Planung eines Grünpflegeinsatzes ein. Kurzfristig könnten Teilnehmerinnen und Teilnehmer melden, welches Werkzeug sie mitbringen.
Sicherheitskonzept geplant: Keine Meinungsmache oder Hassbotschaften
Die Gefahr des Missbrauches etwa durch politische Meinungsmache oder die Verbreitung von Hassbotschaften, wie etwa bei Facebook, sieht Kuhlmann über einen derart offenen Kanal nicht: "Wir legen Wert auf die Anmeldung mit Klarnamen", verweist sie auf ein geplantes Sicherheitskonzept. Angestrebt werde eine "schlanke und einfach Lösung" ohne viel Moderationsaufwand in den jeweiligen Rathäusern.
Wünschenswert sei beispielsweise auch die Durchgabe von Warnung bei Katastrophen oder andere Push-Nachrichten. Alle, die die App nutzen, sollen sich ihre Smartphone-Oberflächen nach eigenen Interessen einrichten können.
Fünf Gemeinden im Landkreis Bad Kissingen werden zur Mitarbeit aufgerufen
Als nächster Schritt der Entwicklungsarbeit soll in Kürze die Bevölkerung von fünf Modellkommunen im Landkreis mit ihren Anregungen einbezogen werden. Dieses Angebot wird sich an Bürgerinnen und Bürger von Bad Kissingen, Fuchsstadt, Motten, Oerlenbach und Zeitlofs richten. Für sie ist an Arbeitskreise und Rückmeldungs-Runden gedacht, um Vorstellungen individuell herauszuarbeiten. Eigentlich wollten in dieser Phase mehr Orte dabei sein, aber das wäre zu umfangreich geworden, gibt Tratt zu bedenken.
Voraussichtlich Ende August soll für die genannten Kommunen eine Internetseite online gestellt werden, kündigt sie außerdem an. Darauf werden dann alle weiteren Termine veröffentlicht. Wenn es soweit ist, soll das mitgeteilt werden.
Ende 2024 soll der digitale Dorfplatz in allen Kommunen des Kreises Bad Kissingen bereitstehen
Das Interesse zur Teilnahme an dem Digitalprojekt sei bundesweit riesengroß gewesen. Aus 68 Bewerberungen seien sieben Modelllandkreise und 15 für Sonderprojekte ausgewählt worden. Bei Letzteren ist eben der Landkreis Bad Kissingen dabei. Partner sind unter anderem das Fraunhofer Institut für Experimentelles Software Engineering. Die erforderlichen Programmierarbeiten an seiner App hat das Landratsamt extern vergeben.
Eine Herausforderung wird es sein, weniger internetaffine Menschen nicht vom digitalen Dorfplatz auszugrenzen. Darüber mache man sich sehr wohl Gedanken, versichert Kuhlmann. Eine große Gefahr zur Ausgrenzung sieht sie jedoch nicht. Denn laut Studien wachse die Begeisterung am Internet und an der digitalen Kommunikation stetig. Und dies gerade auch bei Menschen jenseits des Renteneintrittsalters. Zudem sei beabsichtigt, im Umgang mit der App digitale Kompetenz auszubauen. Kuhlmann und Tratt rechnen damit, dass der digitale Dorfplatz in allen Kommunen des Landkreises Ende 2024 flächendeckend zur Verfügung stehen wird.
Früher ding man in die Kneipe, in die Kirche oder an die Milchrampe.
Da konnten die Leute noch reden miteinander!