
Es war ein merkwürdiges Gefühl, das einen am Tag der Bundestagswahl 2025 nach den ersten Hochrechnungen beschlich. Eine Mischung aus Erleichterung und Kopfschütteln.
Erleichterung, weil die schlimmsten Befürchtungen ein noch höheres Ergebnis der AfD skizziert hatten. Und doch bleiben Kopfschütteln und Bestürzung, weil die gesichert in Teilen rechtsextreme Partei ihr Ergebnis von 2021 auf Bundesebene verdoppelt hat und sich mehr als 20 Prozent der Wählerinnen und Wähler im Land für die AfD entschieden haben.
Der Landkreis Bad Kissingen setzt gewissermaßen noch einen drauf. Vor Ort gingen 22,3 Prozent der Zweitstimmen an die AfD. In einigen Ortschaften wie Steinach, Kleinbrach oder Feuerthal lag die Partei sogar vor der CSU. In Bad Brückenau hatte die rechte Partei in fünf von sechs Wahllokalen die Nase vorne, nur die Briefwahl verhinderte hier einen Erfolg.
Einem bürokratischen Patzer der AfD ist es geschuldet, dass ein vergleichbares Ergebnis nicht auch bei den Erststimmen herauskam. Ganz einfach, weil es keinen AfD-Direktkandidaten gab. Andere Erklärungen für den dermaßen klaren Erfolg Dorothee Bärs sind bei aller CSU-Tradition im Landkreis Augenwischerei.
Egal, ob Bär nun als Ministerin Teil der neuen Regierung wird oder nicht, hat sie noch am Wahlabend den entscheidenden Punkt formuliert: "Die Menschen wollen nicht mehr, dass wir reden. Sie wollen, dass wir handeln." Dabei muss klar sein: Das darf sich nicht alleine auf die alles überstrahlende Frage der Migrationspolitik beziehen. Das neue Regierungsbündnis muss auf allen Ebenen das Vertrauen der Wählerschaft zurückgewinnen und konkrete Lösungen anbieten.
Gerade im ländlichen Raum herrscht oft Frustration. Arbeitsplätze sind in Gefahr, die medizinische Versorgung ist mangelhaft, die Kommunen haben immer weniger Geld zur Verfügung, um immer mehr Pflichtaufgaben zu stemmen. Der Bundesregierung muss es gelingen, dass auch die Menschen auf dem Land und in den kleinen Ortschaften sich verstanden und gesehen fühlen. Die große Politik muss mit ihren Entscheidungen wieder im Kleinen, vor den Haustüren der Menschen, wirken.
Denn klar sollte sein: Schafft es die Bundesregierung in den nächsten Jahren nicht, diesen sehnlichen Wunsch der Bevölkerung zu erfüllen, wird das Erwachen bei den nächsten Wahlen ein noch böseres sein. Diesmal ist das Land angesichts durchaus denkbarer Alternativen mit zwei blauen Augen davongekommen. Aber diese deutliche, wohl letzte Warnung muss ankommen.