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Maria Bildhausen
Kunst in der ehemaligen Residenz des Abts: Neue Ausstellung in Maria Bildhausen
Lange stand die ehemals prachtvolle Residenz mitten im Grün leer. Der Galerist Thomas Pfarr hat daraus eine Kunsthalle von ganz besonderer Ausstrahlung gemacht.
'Mich faszinieren Verfall und Vergänglichkeit', sagt der Bildhauser Herbert Holzheimer, hier mit der Arbeit 'Großes Vasenfragment' im Keller von Haus Nivard, dessen Wände frappierend gut zur Skulptur passen.
Foto: Mathias Wiedemann | "Mich faszinieren Verfall und Vergänglichkeit", sagt der Bildhauser Herbert Holzheimer, hier mit der Arbeit "Großes Vasenfragment" im Keller von Haus Nivard, dessen Wände frappierend gut zur Skulptur passen.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 02.10.2023 02:52 Uhr

Schon auf dem Weg wird klar: Hier geht's zur Kunst. Eingebettet in das Buschgrün am Rande des Golfplatzes Maria Bildhausen bei Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen) stehen zwei große Skulpturen von Markus Lüpertz, als gehörten sie seit jeher da hin. Auf dem Gelände des Golfclubs, dessen historische Gebäude einst zum Kloster Maria Bildhausen gehörten, Skulpturen und Installationen weiterer namhafter Künstler, unter anderem von Bernar Venet oder herman de vries.

Am Rande des Areals, das ein wenig abseits des eigentlichen Klosters liegt, ein Fundstück aus der Vergangenheit: Haus Nivard, ehemalige Residenz Nivards, des letztens Abts des Klosters. Das große klassizistische Haus war nach der Säkularisation 1802 zwischenzeitlich Arbeitshaus des Dominikus-Ringeisen-Werks für Menschen mit Behinderung und stand zuletzt viele Jahre leer.

Wie eine ins Gigantische gezoomte Modeschmuck-Kette: Galerist Thomas Pfarr mit dem 'großen Ketten-Objekt' von Elisabeth Mehrl.
Foto: Mathias Wiedemann | Wie eine ins Gigantische gezoomte Modeschmuck-Kette: Galerist Thomas Pfarr mit dem "großen Ketten-Objekt" von Elisabeth Mehrl.

Thomas Pfarr, der in Münnerstadt die Galerie im Heimatspielhaus betreibt, bespielt das Haus mit zwei geräumigen Stockwerken, einem doppelstöckigen Dachgeschoss und einem Keller seit drei Jahren. Vergangenes Jahr war hier unter dem Titel "Nivard III" eine große Retrospektive von herman de vries zu sehen. Die neue Ausstellung "Nivard IV" (24. September bis 22. Oktober) ist zwei Kunstschaffenden gewidmet: Elisabeth Mehrl und Herbert Holzheimer. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch ergänzen sich ihre Werke auf ganz natürliche Weise.

Schmuckstücke und Ornamente könnten für die Sehnsucht nach Glanz, Besitz oder Status stehen

Elisabeth Mehrl, Jahrgang 1955, lebt im oberbayerischen Emmering. Leitmotiv ihrer Arbeit ist das Thema "Sehnsüchte". Fast fotorealistisch malt sie Schmuckstücke und Ornamente, die für die Sehnsucht nach Glanz, Besitz oder Status stehen könnten. Oder nach Ästhetik. Doch schnell wird klar: Hier geht es nicht (nur) um äußerliche Ästhetik.

Perlen, Edelsteine und Fassungen fügen sich auf den Bildern von Elisabeth Mehrl zu raumgestaltenden Objekten.
Foto: Mathias Wiedemann | Perlen, Edelsteine und Fassungen fügen sich auf den Bildern von Elisabeth Mehrl zu raumgestaltenden Objekten.

Perlen, Edelsteine und Fassungen fügen sich zu raumgestaltenden Objekten, die entweder in ihrer Übergröße vertraute Proportionen infrage stellen, oder mit Motiven, die an Molekülmodelle erinnern. Bestes Beispiel: eine Rauminstallation, die wirkt wie eine ins Gigantische gezoomte Modeschmuck-Kette. Es sind auf ein stabiles Kabel aufgefädelte Vasen unterschiedlichster Form und Farbe, die Mehrl auf Flohmärkten zusammengetragen hat.

Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt: Herbert Holzheimer und die Arbeit 'Schale'.
Foto: Mathias Wiedemann | Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt: Herbert Holzheimer und die Arbeit "Schale".

Herbert Holzheimer, 71, der aus Langenleiten am Fuße des Kreuzbergs stammt und dort bis heute lebt, hat als handwerklicher Holzschnitzer angefangen und seine Familie lange Zeit vor allem mit dem ernährt, was man Volkskunst nennt. Seit seinem Studium an der Kunstakademie Nürnberg - "die fünf wichtigsten Jahre meines Lebens" - arbeitet er parallel dazu abstrakt.

Herbert Holzheimer arbeitet mit dem, was er auf seinen Streifzügen durch die Rhön findet

Soeben wurde er mit dem Kulturehrenbrief des Bezirks Unterfranken in der Sparte "Bildende Kunst und Theater" ausgezeichnet. "Für meine künstlerische Arbeit, aber auch für meine Arbeit im Dorf", sagt Holzheimer. Über Jahrzehnte hat er Fotos und Lebensdaten zu jedem Haus in Langenleiten zusammengetragen und im Band "Auld Duurf  (altes Dorf) - von Haus zu Haus durch Langenleiten" herausgebracht.

Herbert Holzheimer und Thomas Pfarr im Dachgeschoss von Haus Nivard.
Foto: Mathias Wiedemann | Herbert Holzheimer und Thomas Pfarr im Dachgeschoss von Haus Nivard.

Während Elisabeth Mehrl in ihren Bildern Parallelwelten aus dem Nichts erschafft, arbeitet Herbert Holzheimer mit dem, was er seit vielen Jahren auf seinen Streifzügen durch die Rhön findet und sichert - verrottende Baumstümpfe, tote Stämme, in die der Blitz eingeschlagen hat, Bleche, die über Jahrzehnte vom Wetter bearbeitet wurden. "Mich faszinieren Verfall und Vergänglichkeit", sagt er.

Seine Objekte assoziiert er mit Schalen und Gefäßen. Direkt neben den Spuren des Verfalls, die er belässt und gelegentlich verstärkt, schafft er trügerisch glatte Flächen, die er vergoldet oder versilbert. So trägt jede seiner ausgesprochen sinnlichen Skulpturen eine unauflösbare Spannung in sich - zwischen Fassade und Innenwelt, zwischen Sehnsucht und Realität, vielleicht sogar zwischen Lüge und Wahrheit.

Ausstellung in Haus Nivard, Maria Bildhausen, am Rindhof 1: "Nivard IV", Arbeiten von Elisabeth Mehrl und Herbert Holzheimer. Vernissage So., 24. September, 14 Uhr. Bis 22. Oktober. Geöffnet Di.-So., 14-17 Uhr.

 
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