Das neue Pächterehepaar Evelin und Harald Dobler hat sich seit Saisonbeginn im Mai gerade auf der Kissinger Hütte auf 1788 Metern über Meereshöhe oberhalb des Tannheimer Tales eingearbeitet. Nach Abschluss der Saison wollen sie sich aus persönlichen Gründen von der Aufgabe zurück ziehen.
Unerwartet schnell steht die Sektion Bad Kissingen des Deutschen Alpenvereins erneut vor der Herausforderung, geeignete Führungskräfte für den Betrieb der Unterkunft zu finden. So richtig rund läuft es mit der Hüttenverpachtung gerade nicht. Die Wirtsleute vor den Doblers blieben auch gerade mal zwei Jahre, weil sich Nachwuchs ankündigte.
Erich Lehenbauer beschert die Personalie bewegt Tage. Der 70-Jährige ist als Hüttenwart in Bad Kissingen die Schnittstelle zwischen der Sektion Bad Kissingen des Alpenvereins und dem Betrieb der Hütte. Er koordiniert bauliche Vorhaben und rechnet die Bewirtung ab. Bei ihm steigt langsam die Spannung, welche Bewerbungen noch eingehen. Am 20. September endet die Frist.
Sorge bereitet ihm, wie wenig ausgeprägt bisher das Interesse ist. "Es gibt erst drei Bewerbungen", sagt Lehenbauer. Vergangenes Jahr war das anders. Damals gingen 36 Bewerbungen ein, von denen vier in die engere Auswahl kamen.
Übernachtungen und Umsatz deutlich gestiegen
Eigentlich ist das mit den Doblers als Pächter eine Erfolgsgeschichte. "Die Zahl der Übernachtungen und der Umsatz stiegen um 25 Prozent", freut sich der Hüttenwart. Das darf ruhig so bleiben, denn davon profitiert auch die Vereinskasse. Kamen 2018 insgesamt 4000 Gäste auf die Kissinger Hütte, so rechnet Lehenbauer zum Ende der Saison 2019 am 13. Oktober mit 5000 Gästen.
Leicht hat es das Personal nicht, weiß auch der Hüttenwart. Der Arbeitstag beginnt um 6.30 Uhr mit dem Frühstück. Ab 8 Uhr treffen die ersten Tagesgäste ein, von denen manche erst einmal besänftigt werden müssen, wen sie nicht gleich etwas Warmes auf den Tisch bekommen.
Viele Tagesgäste
Ein besonderes Merkmal an der Kissinger Hütte ist die hohe Zahl der Tagesgäste. Das können bei schönem Wetter mehrere Hundert werden. Sie steigen überwiegend in eineinhalb Stunden vom Tal auf oder kommen über Höhenwege in eineinhalb beziehungsweise zwei Stunden von den Bergstationen der Seilbahnen von Pfronten-Steinach oder dem Füssener Jöchle.
Gegen 16 Uhr treten die letzten Tagesgäste den Rückzug an, dann muss das Abendessen für die Übernachtungsgäste bereitet werden. Um 22 Uhr ist Hüttenruhe. Einen Ruhetag gibt es nicht.
Personal ist rar
"Da braucht es schon sieben Leute", beschreibt Hüttenwart Lehenbauer den kompletten Personalaufwand bei der Bewirtung. Und Bedienungen seien auch in Österreich immer schwieriger zu finden. Bevorzugt würde man eine Familie einstellen, die bei Bedarf kurzfristig Personal nachordern kann. Erleichtert wird dies durch die 2018 fertiggestellte Werksseilbahn, die für die Mitnahme von zwei Bediensteten zugelassen ist. Übrigens erst seit der Hüttenerweiterung 2014 gibt es beheizte Personalwohnräume.
Ob das die Zahl der Bewerber erhöht, ist noch fraglich. Wenig aussichtsreich sind übrigens Bewerber aus dem fränkischen Flachland. Zwar legt der Alpenverein Bad Kissingen beim Betrieb der Hütte mehr Wert auf gastronomische als auf alpine Erfahrung und würde einen Koch bevorzugen. Aber von Vorteil ist auch Wissen im Umgang mit österreichischen Behörden.
Immer etwas zu tun
Fünf Mal war Hüttenwart Lehenbauer dieses Jahr schon auf der Hütte. Unter anderem, weil der Steg eines Wanderwegs erneuert werden muss. Außerdem bekam die Talstation der Werksseilbahn eine Fotovoltaikanlage, um eine Gefriertruhe zur Zwischenlagerung von Lebensmitteln vor der Auffahrt auf die Hütte zu betreiben. Seit diesem Jahr ist die Hütte auch über ein Online-Buchungssystem erreichbar.
Nun stellt sich Lehenbauer auf eine sechste Fahrt ins Allgäu ein, um Mitte Oktober mit einer Auswahl an Bewerbern Gespräche zu führen und die potenziellen Arbeitsbedingungen zu zeigen. Dass die Arbeit auf der Hütte Spaß machen kann, bewies das Engagement der vorletzten Hüttenbewerberin. Sie hielt es 21 Jahre an dem Arbeitsplatz mit Fernsicht aus.
Hüttenwart Lehenbauer ist "seiner Hütte" schon seit 1994 treu. Und das ehrenamtlich. Jetzt begleitet er die erneute Pächtersuche, räumt aber auch ein, dass er auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin ist.