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BAD KISSINGEN
Von hinten ist die Hütte neu
Mit Blick auf den Grüntensee: die Bad Kissinger Hütte der DAV-Sektion Kissingen auf dem Aggenstein in Tirol. FOTO DAV
| Mit Blick auf den Grüntensee: die Bad Kissinger Hütte der DAV-Sektion Kissingen auf dem Aggenstein in Tirol. FOTO DAV
Von Paul Ziegler
 |  aktualisiert: 08.11.2013 20:02 Uhr

Es war und es ist ein Kraftakt. Körperlich und finanziell. Aber die Last ist gestemmt, und das sogar unter erschwerten Bedingungen: Die Mitglieder des Alpenvereins der Sektion Bad Kissingen haben ihre „Bad Kissinger Hütte“ im Tannheimer Tal saniert und erweitert. Dass eine Baumaßnahme auf einem Berg, zumal auf einem Felsvorsprung, keine einfache Angelegenheit ist, kann man sich vorstellen. Für die Verantwortlichen war die Maßnahme aber ein wirkliches Berg-Abenteuer.

Seit einigen Jahren beschäftigte man sich mit einer größeren Sanierungsmaßnahme: Ein kleiner Anbau, der hinter dem großen Hüttengebäude als Lager und Schlafstätte genutzt wurde, harrte der Instandsetzung. Der Bretterboden ließ mehr Luft durch als er abhielt, das war gut für die Lagerung von Lebensmitteln, nicht aber als Massenlager für Wanderer. „Die drehten sich schon hin und wieder um, wenn sie das sahen“, erinnert sich Heinz Steidle, der Vorsitzende der Bad Kissinger DAV-Sektion. Deshalb hat der Bad Kissinger Alpenverein 2009 eine umfassende Sanierung geplant. Der rückwärtige Anbau sollte abgetragen, erneuert und angebaut werden. Das neue Gebäude sollte Platz für Lager und neue und moderne Gästezimmer bieten. Gleichfalls musste die Küche der Hütte erneuert werden.

Zunächst hatten die Kissinger geplant, die Material-Seilbahn, die direkt zur Hütte führt, mit einer „großen Lösung“ zu sanieren. Eine Neuverankerung der Seile war fällig, man dachte darüber nach, mit der Verbesserung auch dem auf der Hütte arbeitenden Personal die Möglichkeit zu geben, mit dieser Material-Seilbahn nach oben und unten zu fahren.

Letzteres hat man wieder gestrichen. Da gab es zu viele bürokratische Hemmnisse, sagt DAV-Pressesprecher Klaus Reuß. Geblieben sind strukturelle Verbesserungen für die Seilbahn. Dafür war zunächst ein geologisches Gutachten nötig, denn die Genehmigungsbehörde wollte die Gewähr, dass die Felsformation rund um die Hütte den wirkenden Kräften standhält.

Kosten: 470 000 Euro

Als man in der Bad Kissinger DAV-Geschäftsstelle schließlich die Kosten für die Maßnahmen am Aggenstein summierte, mussten rund 470 000 Euro finanziert werden; ein ziemlicher Brocken. Bei den Besprechungen mit den Genehmigungsbehörden wurde schnell deutlich, dass man beim Umbau der Hütte sehr großen Wert auf den Brandschutz legen würde. So wurden in den Neubau Treppen mit einer Laufbreite von 1,20 Metern eingebaut, „alles sehr überdimensioniert“, so Heinz Steidle, „außer einer Standleitung zur Feuerwehr in Grän ist alles drin“, erzählte er. Nach zwei Jahren Planung konnnten 2011 die Umbau- und Sanierungsarbeiten beginnen.

Zunächst ging es an die Seilbahn. Die Seile wurde ausgehängt und im Frühjahr 2012 neu verankert. In jenem Jahr wurde auch die Sanierung der Küche begonnen und der Fels im Umgriff des Anbaues angegangen. Am 20. Juni diesen Jahres erteilten bei einer Begehung vor Ort die örtlichen Behörden (Brandschutz, Arbeits- und Naturschutz) die Baugenehmigung.

Während die Vorder-Fassade der Hütte unverändert blieb, musste für die Erweiterung im hinteren Bereich eine Grundmauer aufgeschnitten werden. Kein leichtes Unterfangen, denn hierfür war eine Spezialfirma mit entsprechendem Gerät gefragt. In Garmisch-Partenkirchen fand man sie und einen Firmenchef, der im Laufe der folgenden Wochen zu einem Freund der Kissinger wurde.

Das Baumaterial schaffte ein Hubschrauber auf den Berg – „eine komplizierte Sache“, erinnert sich Heinz Steidle. Doch die Kissinger hatten bei ihrer Baumaßnahme immer Glück mit dem Wetter, keiner der vereinbarten Hubschrauber-Transportflüge musste ausfallen, „obwohl es manchmal mit Wind und Nebel schon grenzwertig war, im September fiel sogar einmal Schnee. Es war immer ein Ritt auf der Rasierklinge“, beschreibt Heinz Steidle. Insgesamt acht „Hubschrauber-Tage“ gab es während der Bauzeit, 23 Flugstunden (je 20 Euro die Minute) wurden dem Bad Kissinger Alpenverein berechnet. Transportiert wurden Geräte – wie ein Kompressor der Firma Heil (Eltingshausen), Beton, Steine, vorgefertigte Holzwände, und „alles, was nicht in die Materialseilbahn ging“, so Klaus Reuß. Maximal 900 Kilo Material schaffte der Hubschrauber bei einem Flug aus dem Tal auf den Aggenstein.

Die Helfer sind das A und O

Das war das eine. Ganz wichtig waren die ehrenamtlichen Helfer des Vereins. „Das ehrenamtliche Engagement und Leistung der Mitglieder bei dieser Maßnahme sind nicht hoch genug einzuschätzen“, so Klaus Reuß. Vielen hätten ihre Freizeit geopfert, um bei dieser Groß-Maßnahme des Vereins anzupacken. Insbesondere nannte er den Vorsitzenden Heinz Steidle und Hüttenwart Erich Lehenbauer.

Die Bad Kissinger Hütte auf dem Aggenstein hat in diesem Jahr zwar eine neue Ansicht bekommen. Die sieht man aber nur hinten: Da zeigt sich seit einigen Tagen ein moderner Holzkubus (neun mal zwölf Meter), der jetzt mit Leben gefüllt wird. Der Innenausbau soll heuer noch fertiggestellt werden, damit im nächsten Jahr gefeiert werden kann. Denn: Die Bad Kissinger Hütte auf dem Aggenstein wird im nächsten Jahr 125 Jahre alt und ist dann seit 20 Jahren im Besitz der Kissinger Sektion.

Mit das Ihre dazu beitragen werden auch Hüttenwirtin Andrea Walch und Dietmar Köhlbichler, die in den vergangenen Jahren für den Bad Kissinger Verein eine entscheidende Rolle gespielt haben. „Sie ziehen kräftig mit“, beschreibt Steidle das gute Miteinander. Die Bad Kissinger Hütte ist längst zu einem besonderen Ausflugstipp geworden. Tausende von Tagesausflüglern und rund 2000 Übernachtungen pro Jahr beweisen das.

 
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