Spätestens seit der Flutkatastrophe im Ahrtal gilt der Bebauung nahe an Bächen überall höchste Aufmerksamkeit. Verstärkt im Blick hat das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen dabei sogenannte Gewässer dritter Ordnung. Diese vergleichsweise beschaulichen Bachläufe können sich durch anhaltenden Starkregen nämlich ruckzuck in reißende Ströme verwandeln.
Im Bad Kissinger Stadtgebiet haben die Experten vor allem den Lollbach (Arnshausen und Reiterswiesen) und den Nüdlinger Bach (Hausen) im Blick. Für Gesprächsstoff sorgte denn auch bei einer Sitzung des Bauausschusses eine Präsentation zur Kartierung der entsprechenden Überschwemmungebiete.
Bauamtsleiterin Christine Schwind stellte die Ergebnisse des Wasserwirtschaftsamts vor. Ausgehend von einem angenommenen Jahrhunderthochwasser hat die Behörde, nach Ermittlung von Geländeprofilen und Pegelständen sowie Befliegungen, digitale Landschaftsmodelle und Karten erstellt. Darauf ist zu sehen, wie weit das Wasser in so einem Szenario über die Ufer treten würde.
Keine Mauern und Ölheizungen mehr
Die neu durchgeführten Berechnungen haben Konsequenzen für alle Grundstückseigentümer. Für die betroffenen Gebiete erfolgt nämlich eine sofortige Sicherung. Diese rechtliche Maßnahme ist mit Einschränkungen bei der Nutzung der betroffenen Grundstücke verbunden.
So dürfen unter anderem keine abflussbehindernden Mauern und Wälle mehr errichtet und keine fortschwemmbaren Gegenstände gelagert werden. Auch darf kein Grünland in Ackerland umgewandelt werden.
Rechtsfolgen gelten sofort
Die Sicherung soll möglichst bald, und zwar nach der förmlichen Bekanntgabe, sogar noch im Februar 2023 gelten. Dies wird weitere Folgen haben: Neue Ölheizungen dürfen demnach in dem gesicherten Gebiet nicht errichtet und bestehende Ölheizungen müssen hochwassersicher nachgerüstet werden.
Bei der Sicherung handelt es sich um ein besonderes rechtliches Instrument, wenn es mit der Umsetzung von Maßnahmen eilt. "Sie ist noch kein förmliches Verfahren", erläuterte Christine Schwind. Allerdings gelten die Rechtsfolgen sofort. Das förmliche Verfahren sei in den kommenden fünf Jahren erforderlich. Dabei seien auch Einwendungen möglich.
Wasser in den Siedlungen?
Besonders sind von den aktuellen Erkenntnissen die Bewohner von Reiterswiesen und Arnshausen nahe des Lollbachs betroffen. In diesen beiden Stadtteilen war bisher überhaupt kein Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. In dem neuen Szenario wird davon ausgegangen, dass der Bach bei einem Jahrhunderthochwasser sogar in besiedeltes Gebiet vordringt.
Betroffen sein könnten in so einem Fall in Arnshausen etwa 50 Häuser und in Reiterswiesen etwa 20 Häuser, überschlug Christine Schwind. Dies allerdings voraussichtlich "nur" bis zu einem Wasserstand von bis zu 50 Zentimetern, so die Erkenntnis aus der digitalen Hochwassersimulation.
Für das bereits bestehende Überschwemmungsgebiet in Hausen wird auch die angekündigte Sicherung samt den damit verbundenen Einschränkungen umgesetzt. Allerdings bleibt dort weiterhin kaum Siedlungsgebiet tangiert. Vielmehr kommt es in Hausen durch die Neuberechnung nur zu kleineren Korrekturen bei der Ausweisung des Überschwemmungsgebietes . Eher keine Probleme seien laut Christine Schwind voraussichtlich beim Embach in Arnshausen zu erwarten. Beim Marbach dagegen stünden die Berechnungen noch aus.