Vielfach Tagesgespräch sind die Grabungen hinter dem Hammelburger Rathaus am sogenannten Buttenmarkt. Seit einigen Wochen liegt dort ein zwischenzeitlich wohl vergessener Treppenabgang frei. Eher durch Zufall wurden dieser gut fünf Meter tiefe Abgang in den Rathauskeller entdeckt.
Ans Tageslicht kam er, weil die Stadt Großes mit dem Keller vorhat. Er soll wieder zu jenem Veranstaltungsort werden, der er einmal gewesen ist. Ältere erinnern sich noch an legendäre Veranstaltungen in der klammen Kälte des historischen Gewölbes. Hunderte drängten sich seinerzeit zwischen den Weinfässern.
Dieses Szenario lässt heute Brandschutzexperten erschaudern. Einzige Zugänge in den tiefen Keller sind die Haupttreppe mit ihren steilen Steinstufen und eine schmale Wendeltreppe. Nicht auszumalen, wenn in der Enge Feuerpanik ausgebrochen wäre.
Künftig bis zu 200 Besucherinnen und Besucher im Rathauskeller
Die steigende Sensibilisierung für den Brandschutz bei den Aufsichtsbehörden brachten das vorläufige Aus für beliebte Veranstaltungen in dem Gewölbe.
Nun also stehen die Zeichen im Rathauskeller veranstaltungstechnisch auf Neuanfang, allerdings in gewissen Grenzen. Events mit bis zu 200 Besucherinnen und Besuchern sollen dort künftig möglich sein. Um den historischen Keller dafür fit zu machen, kalkuliert die Stadt laut dem städtischen Architekten Andreas Reuter rund 250.000 Euro ein.
Das Gewölbe als Veranstaltungsstätte für noch größere Besucherströme vorzubereiten, hätte den Rahmen gesprengt, erläutert Reuter bei einem Baustellenbesuch dieser Redaktion. Der Zeitplan sieht eine Fertigstellung des modernisierten Rathauskellers bei der offiziellen Einweihung des Bürgerhauses zum Michaelsmarkt am 28. und 29. September vor.
Notausgang durch das Bürgerhaus nebenan
Begünstigt wird die Reaktivierung des Rathauskellers dadurch, dass im Zuge des Bürgerhaus-Baues nebenan ein unterirdischer Durchgang entsteht, der als Notausgang taugt, erläutert der städtische Architekt. Barrierefrei zugänglich ist der Keller, seitdem mit der zurückliegenden Rathaussanierung ein Aufzug eingebaut wurde, der bis in den Keller hinab reicht.
Zusätzlich muss nun eine Entrauchung installiert werden. Weil dazu aus einem neuen Technikraum Rohre nach außen verlegt werden sollen, stieß man bei Sondierungen an den Kellerwänden überraschend auf ein niedriges, eher unscheinbares und mit einem Türschild verschlossenes Gesims.
Vergessener Treppenaufgang seit 1996 dokumentiert
Die weiteren Erkundungen in den Akten der städtischen Bauabteilung führten laut Reuter zu Bildern und Plänen aus dem Jahr 1996, die die Existenz eines Treppenaufgangs dahinter dokumentierten. Als der Buttenmarkt seinerzeit neu gepflastert wurde, verfüllte man den dafür zunächst geöffneten Treppenschacht wieder, nachdem man das Stück Gewölbe eingeschlagen hatte.
Dieses Vorgehen bedauert Reuter heute. Aber: "Wahrscheinlich hatte man Angst, dass das Gewölbe nicht trägt", sagt er mit Verweis auf den Platz darüber. Außerdem hätte der Gewölbebogen wahrscheinlich in die erneuerte Pflasterfläche geragt.
Nach dem Aktenstudium eingeleitete Schürfungen ergaben, dass der Treppenabgang noch vorhanden ist. In Absprache mit einem Archäologen wurde er freigelegt und gereinigt. Wegen der Größe geht man davon aus, dass er keine große Bedeutung hatte und eher als Notausgang gedacht war.
Weitere unterirdische Gewölbe vermutet
Zum Vorschein kam außerdem ein weiteres Türportal in Richtung Platzmitte. Vieles spricht laut Architekt Reuter dafür, dass es dahinter früher einen mittlerweile ebenfalls verfüllten Gewölbegang bis zum heutigen Verwaltungsgebäude 2 gibt.
Sogar eine Fortführung bis zur Stadtpfarrkirche könnte es gegeben haben. In Rücksprache mit dem Archäologen kam man zu der Erkenntnis, dass es kaum Sinn mache, in der Sache weiter zu untersuchen, weil mit weiteren Verfüllungen zu rechnen ist.
Die Entdeckung spart rund 20.000 Euro
"Das ist ein Glücksfall", bewertet Reuter die Entdeckung des Treppenaufganges. Er bringe beim Einbau der Entrauchung eine Kosteneinsparung von etwa 20.000 Euro, weil er eine aufwendige Verrohrung mit einer Art Litfaßsäule überflüssige mache.
Stattdessen solle der wiederentdeckte Schacht mit einem Betondeckel versehen werden, durch den im Brandfall mittels eines im Keller abgemauerten Technikraumes Rauch abgesaugt werden kann. Ergänzend wird die historische Tür des Rathauskellers mit einer Automatik versehen. Sie öffnet bei Feueralarm, um für Durchzug zu sorgen.
Überrascht hat in der Stadtverwaltung die Resonanz auf das Bauprojekt. Etwas augenzwinkernd spricht Reuter von einem "berühmten" Treppenabgang. Er habe für viele Spekulationen gesorgt. Den Vorwurf der Geheimniskrämerei durch die Stadtverwaltung weist Reuter zurück.
Das Thema sei im Rahmen der Nutzungsänderungen für den Rathauskeller öffentlich im Stadtrat behandelt worden. Betroffen mache ihn der ungehaltene Ton mancher Anfragen im Bauamt. Deswegen rät er, sich bei Einwänden rechtzeitig zu melden, ehe man zu städtischen Projekten irgendwo einen falschen Eindruck aufschnappt. "Einfach anrufen, wir geben gerne Auskunft", zeigt er sich für Nachfragen offen.