Wofür eine Alpenüberquerung alles gut ist: Bei seiner Mammut-Tour zu Fuß fällte Steffen Schärpf eine Entscheidung, die seinem Heimatort gut bekommt. Er beschloss, sich selbstständig zu machen. Als dann das traditionsreiche Gasthaus Goldenes Ross in Diebach zu haben war, kaufte er es.
"Das geht ja schon etwas gegen den Trend", ist sich der 44-Jährige angesichts des vielerorts grassierenden Wirtshaussterbens bewusst. Aber ohne Wirtschaft fehlt halt was, findet der gelernte Kommunikationselektroniker. Beschleunigt habe den Weg in die Selbstständigkeit sein bisheriger Arbeitgeber. Weil es nicht mehr so lief, bot er seinem treuen Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag an.
Lange Arbeitstage
Also wagte Schärpf den Sprung. Animiert dazu haben ihn nach eigenen Worten die Liebe zu Diebach , der Wiedererkennungswert des stattlichen Fachwerkhauses an der Ortsdurchfahrt und das unverbastelte Flair im Innenraum. Was das Haus ausmacht, zeigt er anschaulich beim Durchqueren der kleinen Gaststube. Der Fußboden in dem Haus aus dem 16. Jahrhundert knarzt bei jedem Schritt. "Das gehört einfach dazu", freut sich Schärpf. Dass die Gaststube mit 35 Plätzen und der Nebenraum mit 20 Plätzen relativ klein sind, unterstreiche die Behaglichkeit. Hier kommt man schnell ins Gespräch. Die ersten langen Arbeitstage hat der junge Wirt schon hinter sich. "Das geht schon mal von 8 bis 24 Uhr". Grund zum Klagen sieht er deshalb nicht. Seine Einstellung hat er der Gartenarbeit abgewonnen. "Du musst entscheiden, was Arbeit ist, und was Spaß macht". Das Ziel dabei: "Wenn alles klappt, bin ich glücklich", fasst er zusammen.
Bestätigt fühlt er sich durch die bisherige Resonanz. "Die Diebacher kommen", sagt er . Dass es zunehmend weniger Gasthäuser gibt, spürt er auch an den Anfragen von auswärts. Kleine Wandergruppen kehren hier ein, im Sommer rechnet er auch mit Rad- und Bootstouristen. Denen kann er in drei Doppel- und einem Einzelzimmer auch Übernachtungsmöglichkeiten bieten. Den Saal mit 60 Plätzen nutzen inzwischen auch Vereine für ihre Versammlungen. Natürlich auch die Feuerwehr, bei der Schärpf Vorsitzender ist.
Wichtig sind ihm regelmäßige Öffnungszeiten, die den Gästen ermöglichen, einfach mal so vorbeizuschneien, ohne vor verschlossenen Türen zu stehen. Deshalb macht er nur Montag und Dienstag Ruhetag. "Schafkopfer sind willkommen", wirbt er ausdrücklich um dieses Klientel, das nicht überall gerne gesehen ist. Mit Schließung ist auch während der mehrtägigen Feuerwehrausflüge zu rechnen. Da will der Vorsitzende dabei sein. Ohne Auszeiten halte man schwerlich durch, wirbt er um Verständnis.Dankbar ist der Wirt für die bisherige Unterstützung. In der Küche helfen Mutter Renate und Elfriede Lutz sowie im Ausschank Michael Lutz. Gut, aber einfach, so umreißt Schärpf die Karte. Schnitzel, Bratwurst, Kesselfleisch am Mittwoch und Braten am Sonntag sollen Kunden locken. Leichte Anlaufschwierigkeiten räumt der Gastronom ein. Doch inzwischen habe man die Abläufe optimiert.
Lobenswert ist für Schärpf die Unterstützung von Behörden und Institutionen. "Die haben erkannt, was die Stunde für die Wirtshäuser geschlagen hat." Vom Amt für Landwirtschaft gab es sogar eine finanzielle Unterstützung für den Kauf der Immobilie. Ein Zuckerschlecken ist sein Engagement trotzdem nicht.
Alleine die neue Küche schlug mit 40 000 Euro zu Buche. Zusätzlich denkt Schärpf an einen kleinen Biergarten mit bis zu fünf Tischen neben dem Haus. Außerdem gibt es Überlegungen, im früheren Verkaufsraum des schlachtenden Vorgängers einen kleinen Dorfladen einzurichten. Behutsam will er nach und nach renovieren, ohne das Flair des Hauses zu zerstören. So schwebt ihm ein Beleuchtungskonzept für den Flur vor.
Und demnächst ist bei der laufenden Runderneuerung Diebachs bald die Sanierung der Ortsdurchfahrt dran. Die beschäftigte Schärpf schon in seinen zurückliegenden zwölf Jahren als Stadtrat. Heute ist er Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft bei der Dorferneuerung. "Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust", räumt er ein. Das Herz des Diebachers, der einen schönen Heimatort haben möchte, und jenes des Betriebswirts in eigener Sache. Denn eine Großbaustelle vor der Tür hätte sicher vorübergehend Auswirkungen. Aber bis alle Abstimmungen getroffen sind, werden vielleicht noch fünf Jahre ins Land ziehen, schätzt Schärpf. Wolfgang Dünnebier