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Frankenbrunn
Gardetanz-Kostüme aus Franken: Das ist das Außergewöhnliche in der Schneiderei Fröhlich
Die Fastnacht in Unterfranken und die Garden drehen auf. Die schillernden Kostüme der Tänzerinnen sind Hingucker - und aufwändiges Handwerk. Gute Adresse: Frankenbrunn.
Handwerk pur in der Schneiderei Fröhlich in Frankenbrunn: Inhaberin Ulrike Gah (links) sowie die Näherinnen Stephanie Büttner und Karina Gärtner (hinten) stellen Gardekostüme her.
Foto: René Ruprecht | Handwerk pur in der Schneiderei Fröhlich in Frankenbrunn: Inhaberin Ulrike Gah (links) sowie die Näherinnen Stephanie Büttner und Karina Gärtner (hinten) stellen Gardekostüme her.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 14.02.2025 02:36 Uhr

Glitzernd, schwungvoll, sportlich: Gardetanz sorgt im Fasching oft für ein besonders kräftiges Helau.  Allein die Kostüme sind Hingucker. Dass damit ein aufwändiges Handwerk zusammenhängen kann, zeigt die Schneiderei Fröhlich in Frankenbrunn im Kreis Bad Kissingen. 

Betritt man die Räume von Inhaberin Ulrike Gah, fühlt man sich ein, zwei Generationen aus dem digitalen Zeitalter zurückversetzt. Überall Nähmaschinen vom alten Schlag, Regale voller Stoffballen, Stoffreste auf dem Boden – dass hier nur von Hand gearbeitet wird, ist sofort klar.

Nischenprodukt der Schneiderei: Gardekostüme und Anzüge für Elferräte gibt es hier

Die kleine Werkstatt in einem unscheinbaren Haus am Ortsrand von Frankenbrunn ist etwas Besonderes: Sie ist weit und breit die einzige Adresse, in der Gardekostüme geschneidert werden. Auch Anzüge für Elferräte stellen Ulrike Gah und ihre Mitarbeiterinnen Stephanie Büttner und Karina Gärtner her.

"Es ist für uns ein Nischenprodukt", erklärt die 54 Jahre alte Inhaberin. Aber eines mit Gewicht: Gardekostüme und Elferrat-Anzüge machen 20 Prozent am Gesamtgeschäft aus, sagt Gah. Der Rest entfalle auf Trachten und Vereinsbekleidung.

Gardekostüme und Stoffballen: Die Schneiderei-Fröhlich in Frankenbrunn (Lkr. Bad Kissingen) fertigt von Hand - und ohne Textilien aus China.
Foto: René Ruprecht | Gardekostüme und Stoffballen: Die Schneiderei-Fröhlich in Frankenbrunn (Lkr. Bad Kissingen) fertigt von Hand - und ohne Textilien aus China.

Was in der 145 Jahre alten Schneiderei hergestellt wird, hat sich unter Narren herumgesprochen. Mittlerweile hat Ulrike Gah Kundschaft aus Ulm, aus dem Schwarzwald und Odenwald und in der Karnevalshochburg Köln. Auch die Elferräte in Bastheim in der Rhön zum Beispiel haben sich Anzüge in Frankenbrunn anfertigen lassen. "Da läuft sehr viel über Mundpropaganda."

"Es ist für uns ein Nischenprodukt."
Schneidermeisterin Ulrike Gah über ihre Gardekostüme

All die Fastnachter kommen jetzt überall in Fahrt. Doch für Gah ist die Saison schon gelaufen: Die Bestellungen für Fasching 2025 seien längst ausgeliefert. Aber: Nach der Fastnacht ist vor der Fastnacht, gleich nach Aschermittwoch kämen manche Narren mit Wünschen für die nächste Session.

"Am besten ist immer, wenn die Kunden konkrete Ideen haben", erzählt Gah. Dann beginnt für die Damenschneider-Meisterin aus dem Nachbarort Reith viel Kleinarbeit. Erst zeichnet sie mit Farbstiften Skizzen der Kostüme auf Papier. Gibt die Kundschaft das Okay für die Entwürfe, fertigt Gah digitale Schnittmuster.

Gardekostüm-Schneiderin Ulrike Gah zeichnet auf Papier die Entwürfe. Ist die Kundschaft mit der Idee einverstanden, geht es an die Schnittmuster.
Foto: René Ruprecht | Gardekostüm-Schneiderin Ulrike Gah zeichnet auf Papier die Entwürfe. Ist die Kundschaft mit der Idee einverstanden, geht es an die Schnittmuster.

CAD heißt das in der Fachsprache, also Computer Aided Design. Die Muster werden später in Originalgröße ausgedruckt, damit auf ihrer Grundlage die Kostümstoffe zurechtgeschnitten werden können.

Zuvor müssen die teils sehr unterschiedlichen Körpermaße der Tänzerinnen ermittelt werden. Auch ein mehrstündiger Job, zu dem Ulrike Gah mitunter zur weit entfernten Kundschaft fährt. Und eine Gardetanzgruppe hat schon mal 36 Mitstreiterinnen, wie im Fall der Gruppe U15 der überregional bekannten Tanz-Sport-Garde in Veitshöchheim bei Würzburg.

Beim Maßnehmen ist Genauigkeit wichtig - und auch Kostüme geben Punkte

Sie gehört zwar nicht zur Kundschaft von Ulrike Gah, doch Trainerin Kristina Hauser kennt den enormen Aufwand für die Kostüme. Ungezählte Stunden gingen dafür drauf, erklärt die gelernte Schneiderin. Sie weiß, wovon sie spricht: Die Veitshöchheimer schneidern ihre Gardekostüme selbst. Das sind nach Hausers Worten locker 140 oder mehr pro Jahr.

Dabei ist Genauigkeit besonders wichtig, denn der Bund Deutscher Karneval (BDK) gebe strenge Kriterien für die Kostüme vor, sagt die Trainerin. Was die Gardetänzerinnen bei ihren sportlichen Wettbewerben am Körper tragen, gehe in die Punktewertung ein.

Diesen Aspekt kennt auch Schneiderin Ulrike Gah. Sie hat unter anderem den mehrfachen deutschen Meister im Gardetanzsport, die GCG Baunatal, mit Kostümen ausgestattet. Satin und Lycra, auch bekannt als Elasthan, sowie Samt-Elemente werden in der Frankenbrunner Schneiderei am häufigsten dafür verwendet. 

"Dafür fehlt oft die Wertschätzung."
Ulrike Gah über die Reaktion von Kunden auf ihr Handwerk

Zwischen 500 und 1000 Euro koste bei ihr ein Gardekostüm, sagt die Geschäftsfrau. Sie ist es leid, immer die Frage zu hören, warum das so teuer sei. "Es ist nun mal reine Handarbeit", ist ihre Antwort. "Dafür fehlt aber oft die Wertschätzung."

Außerdem beziehe sie ihre Stoffe ausschließlich und bewusst von Lieferanten aus dem deutschsprachigen Raum und eben nicht aus dem Billigland China, erklärt Gah. Gut ein halbes Jahr könne es dauern, bis alle Kostüme für eine Gruppe fertig seien.

Längst gibt es diese Bekleidung auch im Internet zu kaufen – von der Stange. Die Preisspanne ist beträchtlich, wie eine kurze Recherche zeigt: Zwischen 140 und knapp 800 Euro verlangen Fachhändler.

Handarbeit für Rhöner Narren: Der Elferrat der Bastheimer Karnevalsgesellschaft (BaKaGe) hat seine Anzüge von der Schneiderei Fröhlich in Frankenbrunn (KG) anfertigen lassen.
Foto: Christian Lochner/BaKaGe | Handarbeit für Rhöner Narren: Der Elferrat der Bastheimer Karnevalsgesellschaft (BaKaGe) hat seine Anzüge von der Schneiderei Fröhlich in Frankenbrunn (KG) anfertigen lassen.

Für Gah ist bei Gardekostümen das Internet der Hauptkonkurrent. In Wülfershausen (Lkr. Rhön-Grabfeld) hat sich indes die professionelle Schneiderin Michaela Gernert auf Faschingskostüme spezialisiert. Was die Anzüge für Elferräte angeht, gibt es in der Region noch Trachten Benkert in Thüngen (Lkr. Main-Spessart) als zweite Adresse.

Auch für Geschäftsführer Norbert Johannes ist das ein Nischenprodukt, wenngleich es in seiner Näherei immerhin 15 bis 20 Prozent des Geschäfts ausmache. Ein zuverlässiges Geschäft ist es auch: "Wir haben einen großen Kundenstamm."

 
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