Werbung haben sie fast keine gemacht. Eine kurze Nachricht auf der hauseigenen Internetseite, ein Facebook-Post, das war's. Dabei hat sich im Forellenhof bei Diebach, einem beliebten Ausflugslokal, Wesentliches getan. Nach Wochen der Unsicherheit führt Sophia Reuß, Tochter des Hauses, mit Freund Aldin Dzafic die Gastronomie weiter. Ein Abenteuer, das zu ungewöhnlicher Zeit begann.
Es gab eine Zeit, da konnte sich Sophia Reuß kaum vorstellen, in den Betrieb der Eltern einzusteigen. „In der Jugend hat man andere Interessen, will sich nicht so stark an etwas binden.“
Reuß absolvierte eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin, arbeitete zuletzt am Empfang der Bavaria-Klinik in Bad Kissingen.
„Irgendwann merkt man, dass es doch nicht so verkehrt ist, wie man gedacht hat,“ sagt die 27-Jährige und ergänzt: „Zwar hat es mich seit Längerem in die Gastronomie gezogen. Ich hatte aber Respekt vor der Größe hier.“
Nun also doch die Entscheidung pro Gastronomie, die gleich mal den neuen Namen Ausblick bekam, wegen der schönen Lage und der Ruhe am Rande des Saaletals. Die Eltern Karl-Heinz und Jutta Reuß kümmern sich weiter um den nun auf 63 Plätze erweiterten Wohnmobil-Stellplatz. Sie unterstützen die jungen Leute in der Wirtschaft. Eine Hilfe und Rückendeckung, die Reuß und Dzafic sehr wichtig ist. „Ohne die Eltern wären wir nie an dem Punkt, an dem wir sind, gerade in der Anfangszeit. Aber der Ausblick soll komplett unser Projekt werden“, sagt Sophia Reuß.
Sie und ihr Freund Aldin haben – auch jetzt in der Nebensaison – gut zu tun: Einkäufe tätigen, die Gastronomie auf Vordermann bringen, dekorieren.
Dazu bleibt Dzafic, früher bei den Hammelburger Volleyballern unter Vertrag, in seiner Vollzeitarbeit als Krankenpfleger in Bad Kissingen tätig.
Vater Karl-Heinz hat einen vorher offenen Bereich in einen geschlossenen Biergarten im Fachwerk-Ambiente umgebaut. Dafür bestehe auch im Winterhalbjahr Bedarf, sagt er. In diesem Bereich, der im Sommer geöffnet werden kann, steht auch der neue Pizzaofen. Für seine Steinofen-Pizza war der Forellenhof stets beliebt. Eineinhalb Jahre gab es sie nicht. „Sie soll wieder zum Highlight.“
Anders als beim ungarischen Vorpächter, der im August nach eineinhalb Jahren überraschend kündigte, wird der Ausblick ein Selbstbedienungslokal sein. Klar umschifft Familie Reuß so ein Stück weit den Personalmangel, der in der Gastronomie herrscht.
Das hat laut Mutter Jutta aber auch praktische Gründe. „Das Gelände ist sehr groß. Und die Bedienung müsste unter Umständen lange suchen, um die Gäste zu finden.“ Außerdem verleihe das dem Ausflugslokal seinen eigenen Charme. „Wir fahren so gut und würden es anders nicht mehr machen.“ Die Jung-Gastronomen sind sich bewusst, dass ihre Unternehmung auch ein Risiko darstellt. Weil gerade in den Wintermonate oft nur wenige Gäste kommen.
„Man muss im Sommer einiges reinarbeiten, dass man die schlechten Wintermonate ausgleicht“, sagt Jutta Reuß aus Erfahrung. Ihr Mann ergänzt: „Wenn man die Wirtschaft vernünftig betreibt, rechnet sie sich.“
Derzeit ist das Lokal nur freitags und samstags, ab 17 Uhr, sowie sonntags, ab 14 Uhr, geöffnet. Ab März ist zusätzlich mittwochs und donnerstags, ab 17 Uhr, offen.
Warum der ungewöhnliche Start mitten im Oktober? „Das hat sich so ergeben. Wir wollten die Gaststätte im Winter nicht still stehen lassen und den recht starken Oktober noch mitnehmen“, sagt Sophia Reuß. Sie habe es nicht bereut. Denn schon bei der Wiedereröffnung am 20. Oktober seien viele Gäste – auch von früher – gekommen.
„Viele haben das Lokal vermisst.“ Schließlich stünden ja Weihnachtsfeiern und Silvester vor der Tür. Die Eltern sind froh, dass ihre Tochter und ihr Freund die Gastronomie weiterbetreiben. Da stehe ja ein Lebenswerk dahinter, so der Vater.
Mit Fischzucht und Pensionspferden ging's los
Die Geschichte des Forellenhofes beginnt Ende der 1960er-Jahre mit der Fischzucht, die Sophia Reuß' Opa begründet. 1994 wird der Grundstein für die Haltung von Pensionspferden gelegt. Da ist die Forellenzucht im Abklingen. Der Wunsch nach Verpflegung bringt Familie Reuß dazu, im Reiterstübchen zu bewirten. Auch Feiern finden statt. 1999 wird daraus die Gaststätte „Forellenhof“. Im Vorjahr starten die legendären Countryfeste.
Mit dem Tod des Großvaters 2005 endet die Forellenzucht. Vater Karl-Heinz Reuß bietet im Gasthof Schlachtfische an. Die Countryfeste enden. Sieben Jahre später wird der kleine Reitplatz oberhalb des Anwesens zum kleinen Stellplatz für Wohnmobile umgestaltet. Inzwischen ist dieser erweitert und bietet Platz für 63 Wagen.