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Bad Kissingen
Flüchtlinge als Nachbarn in Bad Kissingen: Gibt es da Grund zur Sorge oder ist es wichtig, Haltung zu zeigen?
Dem Landkreis stehen sechs neue dezentrale Unterkünfte für Geflüchtete zur Verfügung, darunter eine in Bad Kissingen. Wie das diskutiert wird.
Was die Unterbringung geflüchteter Menschen in Wohnungen angeht, stößt man allmählich auch im Landkreis Bad Kissingen an die Grenzen.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa | Was die Unterbringung geflüchteter Menschen in Wohnungen angeht, stößt man allmählich auch im Landkreis Bad Kissingen an die Grenzen.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 30.12.2023 02:52 Uhr

Die Anker-Einrichtung in Geldersheim ist voll belegt – und es kommen weitere Geflüchtete dort an. Die Landkreise wurden jüngst von der Regierung von Unterfranken aufgefordert, Menschen aus der Anker-Einrichtung bei sich aufzunehmen.

Seit 13. November kommen nun wöchentlich 25 Menschen aus der Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis Bad Kissingen an. Vonseiten des Landratsamts sucht man derzeit weitere dezentrale Unterkünfte, um die Neuankömmlinge unterzubringen. Seit kurzem gibt es eine solche auch in der Bad Kissinger Erhardstraße.

Wenn plötzlich Geflüchtete nebenan wohnen

Dass von einem Tag auf den anderen Flüchtlinge in der Nachbarschaft wohnen, gefalle nicht jedem in der Erhardstraße, schrieb Harald Albert - den Bad Kissingern als Stadtbrandinspektor ein Begriff - am 11. Dezember in einer E-Mail an diese Redaktion. 

Er spricht darin von Ängsten, die Bürgerinnen und Bürger jetzt schon gegenüber Geflüchteten hätten, wenn sie nachts nach Hause gehen. Es gebe zum Beispiel zwei Senioren des Feuerwehr-Stammtisches, die abends nicht mehr gern allein den Heimweg antreten würden.

"Das sind plakative Behauptungen ohne sachliche Richtigkeit."
Christian Pörtner, Inspektionsleiter der Polizei

"Das sind plakative Behauptungen ohne sachliche Richtigkeit", sagt hierzu Polizeichef Christian Pörtner auf Anfrage dieser Redaktion. Man könne nur behaupten, was eine sachliche Grundlage hat, wie zum Beispiel, dass es einen schweren Sturm im Wald gab.

Sechs neue dezentrale Unterkünfte

"Wer Angst hat, soll uns anrufen", sagt Pörtner energisch. Seiner Ansicht nach handle es sich bei dieser Art Angst um ein "subjektives Gefühl der Bürger, das keine Grundlage hat". Es gebe keinen einzigen Vorfall in Bad Kissingen, wo jemand von Geflüchteten belästigt worden sei, wenn er nachts nach Hause geht.

Wichtig zur Integration: Geflüchtete Kinder sollten möglichst bald Kindergarten und Schule besuchen. 
Foto: Britta Pedersen/dpa | Wichtig zur Integration: Geflüchtete Kinder sollten möglichst bald Kindergarten und Schule besuchen. 

Inzwischen habe man der Kreisverwaltung sechs neue dezentrale Unterkünfte angeboten, hieß es vor einer Woche im Kreistag. Teilweise seien in diese Wohnungen schon einige Menschen aus dem Ankerzentrum eingezogen, schreibt die Pressestelle des Landratsamts nun auf Anfrage dieser Redaktion.

Außer dem Gebäude in der Bad Kissinger Erhardstraße gibt es inzwischen fünf weitere neue dezentrale Unterkünfte, die voraussichtlich noch im Dezember belegt werden sollen, teilt die Pressestelle weiter mit. Dabei handelt es sich um Wohnungen in Schondra, Euerdorf, Oberthulba/Frankenbrunn und Nüdlingen. Zudem sei Anfang 2024 eine weitere dezentrale Unterkunft in Bad Bocklet vorgesehen.

Unterkünfte sukzessiv belegen

Zur besagten dezentralen Unterkunft in der Erhardstraße schreibt die Pressestelle des Landratsamts, dass dort insgesamt 20 Geflüchtete unterkommen könnten. Wie bei der Anmietung anderer dezentraler Unterkünfte erfolge auch hier eine sukzessive Belegung.

Seit knapp einer Woche wohnen dort inzwischen fünf Menschen aus der Anker-Einrichtung Geldersheim, heißt es weiter. Das Haus in der Erhardstraße sei, von der geplanten Kapazität her, "vergleichbar mit dezentralen Unterkünften in anderen, deutlich kleineren Kommunen des Landkreises".

Wöchentlich werden dem Landkreis 25 Geflüchtete zugewiesen

Harald Albert hatte in seiner E-Mail an diese Redaktion kritisiert, dass die Nachbarn des Hauses in der Erhardstraße vorher nicht informiert worden seien. Das Landratsamt schreibt hierzu in seiner Presseantwort, dass vor Abschluss eines Vertrags, beziehungsweise vor Belegung einer solchen Unterkunft die jeweilige Kommune informiert werde. Das sei auch im Fall Erhardstraße geschehen.

Was sich Menschen, die aus Krisengebieten zu uns kommen, oft wünschen: eine Wohnung, Arbeit und einen Sprachkurs. 
Foto: Jens Kalaene/dpa | Was sich Menschen, die aus Krisengebieten zu uns kommen, oft wünschen: eine Wohnung, Arbeit und einen Sprachkurs. 

Wie man mit der Tatsache, dass wöchentlich 25 Menschen im Landkreis und untergebracht werden müssen, nun umgehen sollte, darauf wusste Albert spontan keine Lösung. "Die Politik muss reagieren und etwas ändern." Man müsse es "demokratisch lösen", betont er und macht in diesem Zusammenhang klar, dass er sich zwar zu diesem Thema kritisch äußere, sich aber ausdrücklich von rechten Meinungen zum Thema Flüchtlinge distanziere.

Geflüchtete müssen integriert werden

Seiner Ansicht nach sei es schwierig, immer mehr Menschen im Landkreis aufzunehmen, weil man sie auch integrieren müsse. Sie bräuchten Sprachkurse, die Kinder müssten in Schulen und Kindergärten Plätze finden, so Albert weiter.

Ja, es gebe Menschen, die Probleme mit dem Thema Migration haben, sagt Polizei-Dienststellenleiter Pörtner. Dort wo neue Unterkünfte geplant werden, gebe es bisweilen "hässliche Kommentare". Seiner Ansicht nach müsse man aber bei diesem Thema Haltung zeigen. "Wer das nicht tut, nimmt diesen Menschen die Menschlichkeit."

Pörtner gibt Beispiele, wo das Zusammenleben der Menschen aus Krisengebieten mit den Einwohnerinnen und Einwohnern vor Ort längst prima funktioniere, wie zum Beispiel in Bad Bocklet, Münnerstadt, Ebenhausen, Stangenroth und Waldfenster.

"Wir müssen die Fakten checken, nicht Emotionen bedienen."
Christian Pörtner, Polizeichef Bad Kissingen

Man müsse auch sehen, dass es in manchen Branchen ohne Migrantinnen und Migranten gar nicht mehr weiterginge, gibt Pörtner zu bedenken. Bei einer bestimmten Bäckerei in Bad Kissingen würde man gar nichts mehr kaufen können, wenn nicht Migrantinnen und Migranten hinter der Theke stünden und auch in der Gastronomie seien Migrantinnen und Migranten nicht mehr wegzudenken.

Man könne diese Veränderung der Gesellschaft nicht stoppen, weil man zwischen den Ländern keine Grenzen neu aufbauen könne, sagt der Polizeichef. Der Mensch müsse dennoch weiter im Mittelpunkt stehen, die Situation müsse langfristig mit demokratischen Mitteln gelöst werden. "Wir müssen die Fakten checken, nicht Emotionen bedienen."

 
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  • Martin Deeg
    ...."Das sind plakative Behauptungen ohne sachliche Richtigkeit", sagt hierzu Polizeichef Christian Pörtner auf Anfrage dieser Redaktion. ...."Wer Angst hat, soll uns anrufen", sagt Pörtner energisch.".....

    Ja! Begrüssenswert, dass es Polizeibeamte gibt, die Rückgrat und Zivilcourage zeigen und sich nicht von den um sich selbst kreisenden Phantasmen und Vorurteilen "verängstiger" Bürger vereinnahmen lassen!

    Meines Erachtens leider zu wenige.
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  • Philipp Becker
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  • Fortsetzung meines Kommentars:

    Quelle für die Arbeitsquote der Ukrainer:
    https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/job-turbo-arbeit-ukrainer-gefluechtete-100~amp.html

    Manche Märchen verlieren ihren Zauber, wenn man sich die nackten Zahlen anschaut.
    Es entsetzt und verärgert mich, dass in diesem Artikel Fakten gefordert werden und den Menschen ihre Ängste abgesprochen werden, wenn die tatsächlichen Fakten eine ziemlich klare Sprache sprechen.

    Offensichtlich ist es immernoch nicht in den Köpfen angekommen, dass das Verschweigen von Tatsachen und das Vertuschen des Faktes, dass wir hinsichtlich der Migration ein riesengroßes Problem haben, den Rechten in die Karten spielt. Und zwar Tag für Tag.
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  • Zunächst einmal schuldet man NIEMANDEM Rechenschaft über die eigenen Ängste.

    Da im Artikel darauf hingewiesen wird, Fakten zu checken und nicht Emotionen, würde ich das gerne mal übernehmen.

    Fakt 1:
    Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft verüben deutlich mehr Straftaten, als ihr Anteil an der Bevölkerung erwarten ließe.
    Als Quelle füge ich einen Artikel der Stuttgarter Zeitung an, weitere Auskünfte geben aber auch die Kriminalstatistiken der Länder.
    https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.mehrere-auffaellige-nationalitaeten-auslaenderkriminalitaet-im-land-steigt-deutlich-an.f8e3def1-c717-4cc6-b607-1eb728d2e81b.html

    Fakt 2 betrifft das Märchen, dass ja ach so viele Flüchtlinge arbeiten und unsere Wirtschaft am Laufen halten. Die Wahrheit ist, nur knapp über die Hälfte der Migranten, die seit mehr als 6 Jahren hier sind, arbeiten. Bei den Ukrainern, die quasi sofort durften, sind es keine 20%.
    Quelle:

    https://mediendienst-integration.de/integration/arbeitsmarkt.html
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  • Martin Deeg
    Wenn Sie hier schon auf die StZ verweisen, dann doch konkret:

    ...."So hat sich die Zahl der Tatverdächtigen aus Afghanistan laut Statistiken, die unserer Zeitung vorliegen, innerhalb eines Jahres fast verdoppelt – von 3246 auf 6066. Bereits im Jahr zuvor war diese Zahl entgegen dem damaligen Trend gestiegen. Das gilt auch für Syrer, von denen 7331 als Tatverdächtige auftauchen – ein Plus von rund 25 Prozent. Auch Tatverdächtige aus dem Kosovo, Rumänien und Bulgarien verzeichnen starke Zuwächse."....

    Es handelt sich hier um die Zahlen für das GESAMTE Bundesland im Zeitraum eines Jahres! Straftaten nach dem Ausländerrecht inbegriffen...

    Wieso das "Ängste" hervorrufen soll, wenn nebenan Flüchtlinge einziehen sollen, ist kaum nachvollziehbar.

    Und was Sie ansonsten aufgreifen, hat ist doch eher die "Angst", dass Sie übervorteilt werden könnten von irgendwelchen Leuten, die weniger Anerkennung, Wertschätzung und Sicherheit verdienen als Sie selbst, wie Sie offenbar glauben.
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  • Detlef Erhard
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  • Renate Büttner
    Mein lieber Herr Albert, ich gebe Ihnen den guten Rat auf diese unglückseligen Leute zuzugehen. Laden Sie vielleicht einige von ihnen einmal zu Ihrem Stammtisch ein, reden Sie mit ihnen. Fragen Sie, woher sie kommen, warum sie geflüchtet sind und was sie von uns Deutschlen erwarten. Dabei kann man dann auch die Ängste und Bedenken der Nachbarn ihres Hauses zur Sprache bringen. Sagen Sie ihnen, daß sie ihre Notlage erkennen , ihnen helfen wollen und sie als Mitmenschen respektieren. Machen sie ihnen aber auch klar, daß sie dasselbe von ihnen auch erwarten. Sie werden bestimmt einen Konsens finden, und es muß auch nicht gleich eine Freundschschaft entstehen. Gegenseitiger Respekt und ein bisschen aufeinander zugehen wäre schon ein kleiner Anfang. Auf jedem guten Laptop gibt es einen Schrachübersetzer mit dem man mit Gott und der Welt kommunizieren kann und da ist auch die Sprachbarriere kein Hinderniss. Ich wünsch Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg!
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  • Bernd Czelustek
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  • Bernd Czelustek
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  • Bernd Czelustek
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