
Camping boomt. Dieser Trend hat auch Schattenseiten. So quellen an vermeintlichen Traumzielen wie Nord- und Ostsee sowie Allgäu Stellplätze vor lauter Campinggästen schon mal über. Dabei ist auf der Suche nach ruhigeren Alternativen guter Rat gar nicht so teuer. Denn viel entspannter geht es in der Weite der Provinz zu. Hier gibt es jede Menge individuelle Übernachtungsmöglichkeiten. Wege dorthin weist ein Stellplatzführer unter dem Titel "Landvergnügen". Auch der Landkreis Bad Kissingen ist auf den gut 600 Seiten vertreten.
Deutschlandweit umfasst das Angebot 3200 Höfe. Diese bieten jeweils drei Stellplätze für Wohnmobile und Wohnwagen. Darauf dürfen Urlauberinnen und Urlauber jeweils für eine Nacht quasi umsonst campieren. Gleichzeitig sieht die Idee vor, dass sich die Durchreisenden mit einem Einkauf in den an die Höfe angeschlossenen Hofläden revanchieren.
Sieben Höfe im Landkreis dabei
Weitere Nachtquartiere seien für die Aufnahme in den Reiseführer willkommen, wirbt Schnack im Gespräch mit der Redaktion bei Landwirten fürs Mitmachen. Der Buchautor machte jetzt auf Einladung von Sturmiushof-Betreiber Walter Zeitz mit 60 sogenannten Botschaftern von "Landvergnügen" zum Erfahrungsaustausch auf dem Forellenhof in Diebach Station.
Bei den Botschaftern handelt es sich gewissermaßen um ehrenamtliche Hoftester, die ihre Eindrücke bei den jährlichen Aktualisierungen des Reiseführers einbringen. Angereist waren sie - wie sollte es anders sein - mit 30 Wohnmobilen.
Am Rande ging Schnack auf die Herausforderungen ein, die das Konzept mit sich bringt. Die Regionen in ganz Deutschland seien unterschiedlich mit teilnehmenden Höfen gesegnet. Im Landkreis Bad Kissingen ist "Landvergnügen" bisher eher dünn gesät. Hier listet das Buch sieben Teilnehmer auf.
Es sind dies der Sturmiushof Zeitz (Diebach), das Weingut Lange (Schloss Saaleck), die Brennereien Bischof (Wartmannsroth), Bold (Neuwirtshaus) und Koch (Völkersleier), der Biohof Hartung (Feuerthal) sowie das Kloster Maria Bildhausen mit Führungen sowie Kursen der Klosterakademie und den kunsthandwerklichen Erzeugnissen des Dominikus-Ringeisen-Werks.
Als "Landvergnügen"-Camper weist man sich bei den Gastgebern übrigens mit jener Vignette aus, die mit dem Campingführer verkauft wird. Deutschlandweit hat das Konzept offenbar noch Entwicklungspotenzial. Denn es gibt eine Hürde: "Das Netzwerk ist auf 1400 Camper beschränkt", so der Buchautor. Mehr sei logistisch nicht zu bewältigen.
Insgesamt 200.000 Übernachtungen im Jahr
"Seit Corona ist das Interesse explodiert", sagt Schnack zur steigenden Resonanz. Gestartet sei man vor zehn Jahren mit 239 Betrieben. Er geht von 200.000 Übernachtungen aus, die inzwischen jährlich über dieses "Destinationsmanagement" angebahnt werden.
Schon früh hat Sturmiushof-Betreiber Zeitz die Chancen des Campings für seinen Bauernhof erkannt. Auch in seiner 15-jährigen Funktion als Bundesvorsitzender des Vereins "Einkaufen auf dem Bauernhof" hatte er Schnack in Berlin kennengelernt, erinnert er sich im Gespräch mit dieser Redaktion.
60 Hoftester in Diebach zu Gast
Inzwischen sind seine Hofgäste, die über "Landvergnügen" anreisen, auch die Hauptabnehmer für seinen Whisky. Auch, weil die Brände aus dem Saaletal so einen guten Ruf haben, schauten die Botschafter auf dem Sturmiushof und bei Bolds Schnapsideen in Neuwirtshaus vorbei, um sich aus erster Hand Eindrücke zu verschaffen.
"Das funktioniert nur über Transparenz", beschreibt Schnack den Grundgedanken des von ihm favorisierten Reisens abseits breiter Pfade. Zeitz ist davon so begeistert, dass er "Landvergnügen" schon bei kleinen und großen Tourismusmessen mit vertreten hat. "Ich könnte jede Nacht Gäste haben", sagt er. Im vergangenen Jahr sei er mit seinen drei Stellplätzen auf über 300 Übernachtungen gekommen. Mehr Stellplätze und längere Aufenthaltsdauer seien nicht erlaubt, weil man dann mit dem Baurecht in Konflikt komme.
Scherze im Gewölbekeller
Die "Landvergnügen"-Botschafter waren bei ihrer Aufwartung in Diebach mit gemeinsamer Whisky-Verkostung begeistert. Schnell machte zu edlen Tropfen im Gewölbekeller ein Scherz die Runde. "Übernachtungen bei dir sind am teuersten", witzelte einer der Hoftester. Klar: Camper, die als Revanche für die Stellplatznutzung am Sturmiushof Whisky kaufen, sind am besten Spirituosenliebhaber mit der Bereitschaft, sich ihre Leidenschaft etwas kosten zu lassen.