24 Jahre ist Sören Seidel jung. Und doch wirken seine Fotos, die er auf seinen Streifzügen durch die Rhön schießt, als hätte sie ein alter Hase des Metiers gemacht. Nebelschwaden, die sich im Halbdunkel vor der Abtsrodaer Kuppe über die Hügel der hessischen Rhön ergießen; magische Lichter der Kleinstadt, die Sören Seidel vom Reder kreuz über Bad Neustadt mit einer Langzeitbelichtung eingefangen hat, oder die bizarre Form der Hohen Dalle, einem wohl bald fallenden alten Baum auf der Hochrhön: Sören Seidels Bilder haben das Niveau eines Profis. Dabei ist der Student der Kunststofftechnik erst seit gut einem Jahr mit der Kamera unterwegs in der Rhön. "Mein Vater hat schon immer fotografiert, das eine oder andere Mal habe ich mir seine Spiegelreflex ausgeliehen", erzählt der junge Mann von seinen fotografischen Anfängen.
In Jugendjahren aktiver Sportler
Doch in seinen Jugendjahren widmete er sich hauptsächlich dem Leistungssport. Auf Mountainbike-Marathons durchstreifte er die Rhön, allerdings nur mit dem Tempo im Fokus. Den Leistungssport musste er jedoch aufgeben. So kaufte er sich im letzten Jahr seine eigene Kamera und lässt es etwas langsamer, dafür intensiver angehen. Per Bike, zu Fuß, aber immer mit der Spiegelreflex im Gepäck.
"Draußen in der Natur sein, die tolle Landschaft einfangen mit der Kamera, das macht mich glücklich", sagt Sören Seidel, der vor seinem Studium beim Bad Neustädter Autozulieferer Preh als Verfahrensmechaniker für Kunststofftechnik gearbeitet hat. "Der Sommer ist dabei gar nicht so reizvoll in der Rhön. Die Herbststimmung oder Inversionswetterlagen mit Nebelfeldern und freien Kuppen reizen mich fotografisch viel mehr", sagt Seidel.
Notfalls um 5 Uhr raus
Für einen schönen Sonnenaufgang steigt er dann auch gerne um 5 oder sechs Uhr aus dem Bett, wenn die Wetterlage passt. Dazu wird natürlich der Wetterbericht gecheckt. Viel Leidenschaft verwendet der Nachwuchsfotograf auch auf Aufnahmen des Rhöner Nachthimmels. "Wenn es ganz klar ist und überhaupt nicht dunstig, dann bekomme ich auch die Milchstraße aufs Bild. Dazu muss die Kamera sehr viel Licht einfangen innerhalb weniger Sekunden, damit die Sterne nicht zu Streifen werden", erklärt Seidel die technischen Kniffe, die zu einem gelungen Bild nötig sind.
Natürlich kommt auch bei Sören Seidel die Photoshop-Software zur Bildbearbeitung zum Einsatz. So gibt es Nachtaufnahmen von Bad Neustadt, die sich aus drei unterschieldichen Belichtungen zusammensetzen, damit sowohl die dunklen als auch die hellen Bereiche des Bildes gut herausgearbeitet sind. Zumeist wird mit Photoshop aber nur nachgearbeitet, zum Beispiel wird die sichtbare Milchstraße kontrastreicher herausgeholt. Lieblingsorte hat Sören Seidel einige in der Rhön, zum Beispiel die "Hohe Dalle", einen knorrigen alten Baum auf der Hochrhön. Aber auch auf der Wasserkuppe ist der Autodidakt oft anzutreffen. Die Liebe zur Rhön ist Sören Seidel eigentlich nicht in die Wiege gelegt. Denn erst mit sechs Jahren kam er mit seinen Eltern aus Celle in Niedersachsen nach Salz.
So, wie es klingt, ist die Rhön auch nicht unbedingt die Endstation von Sörens fotografischer Reise. Kürzlich ist er in den Appenzeller Alpen in der Schweiz gewesen und hat von dort eindrucksvolle Motive mit seiner Canon EOS 6D festgehalten. "Die Alpen, Berge überhaupt, faszinieren mich", meint Sören Seidel. Und so muss nicht unbedingt Rhön-Grabfeld seine berufliche Heimat bleiben. "Das könnte auch etwas südlicher sein", schmunzelt der Student. Bis zum Studienabschluss hat er aber noch etwas Zeit, den Reiz seiner Rhöner Heimat in starken Bildern einzufangen. Gerhard Fischer