
So ganz scheint Terrier-Mischling Whisky mit der Gesamtsituation gerade nicht einverstanden zu sein. Zumindest winselt der Vierbeiner gelegentlich vor sich hin, während ihm Hundefrisörin Ilona Nauth das dunkle Fell pflegt. "Er ist halt ein kleiner Jammerlappen, aber ein ganz Lieber", sagt sie lachend und krault das Tier liebevoll hinter den Ohren. Für die 54-Jährige sind Whisky und seine Artgenossen weit mehr als nur Kunden.
"Ich war schon immer Tierliebhaberin", erklärt die Bad Kissingerin, die 2017 den Mut fand, ihre große Leidenschaft zum Beruf zu machen. Den Anstoß dazu, sagt sie ganz offen, gab eine schwere Krankheit. "In dieser Zeit habe ich mir gesagt: Wenn ich das überstehe, mache ich nie mehr etwas für den Geldbeutel, sondern nur fürs Herz. Es macht mich total glücklich und ich bereue heute nur, dass ich es nicht schon früher gemacht habe. Es muss eben immer erst etwas passieren."
Tierernährung, Tierwohl und Fellpflege bietet Nauth an, die vorher lange in der Versicherungsbranche gearbeitet hat. Tierheilpraktikerin kann eigentlich jeder werden. Der Begriff ist nicht gesetzlich geschützt. Auch Nauth sagt: "Leider kann das jeder machen. Und das machen auch viele, ohne wirklich dafür qualifiziert zu sein."
Hundefrisörin steckt rund 10 000 Euro in Aus- und Weiterbildung
Bei Nauth ist das anders: "Ich bin Tierheilpraktikerin, Ernährungsberaterin und habe auch noch eine Ausbildung zur Tier-Physiotherapeutin angefangen", sagt sie. Insgesamt habe sie bisher garantiert 10 000 Euro in Aus- und Fortbildungen für Hundefrisörinnen und -frisöre gesteckt. "Es gibt ja so viele verschiedene Hunderassen. Da muss ich schon wissen, wie ich mit dem jeweiligen Tier umgehe. Dass ich zum Beispiel das Trimmfell oder die Unterwolle nicht einfach abrasiere. Das ist ja alles sehr individuell."

Neben all den Schulungen hilft Nauth vor allem die Erfahrung im Umgang mit den Vierbeinern. "Es ist wichtig, eine Bindung zu den Tieren aufzubauen. Für mich ist es das größte Kompliment, wenn ein Hund reinkommt und sich freut mich zu sehen. Man muss dafür leben, dann klappt es mit jedem Hund." Sie müsse stets auf die Körpersprache der Tiere achten und sich entsprechend verhalten.
Yorkshire Terrier machen der Hundefrisörin gerne das Leben schwer
Besonders aufgeweckt, verrät sie, sind meist die kleineren Hunde: "Yorkshire Terrier sind die hippeligsten, da braucht es viel Geduld. Die Großen sind normalerweise ruhiger." Nur ganz selten komme es vor, dass ein Hund nach ihr schnappt. Und nein, betont sie freundlich, die dicken roten Bandagen, die sie an beiden Zeigefängern trägt, haben damit nichts zu tun: "Die sind dafür da, dass ich beim Trimmen keine Blasen an den Fingern bekomme."
Gut zwei Stunden dauert eine Behandlung meistens, sagt Nauth. Baden, Kämmen, Entwollen, Scheren, Schneiden, Trimmen, Krallen-, Ohren- und Augenpflege hat sie im Angebot. "Das Tier wird einmal durchgecheckt", so die 54-Jährige. Terrier Whisky hat an diesem Vormittag wenig Interesse daran stillzuhalten. Schließlich gibt es in dem kleinen Behandlungszimmer ja viel zu entdecken.
Nicht zuletzt sind da auch Nauths Zuchthunde Taylor und Boy, die ihr während der Sitzungen im Hunde-Salon gerne Gesellschaft leisten. "Ty" und "Bubsi" ruft Nauth die Tiere. Mit den beiden schneeweißen Toypudeln, die kleinste anerkannte Variante der Pudel-Rasse, besucht sie gerne Hundeausstellungen. Bis zu 3000 Euro kann ein solcher Rassehund kosten, sagt sie.

Ob Hunde eine Lieblingsfrisur haben? "Nein", meint Nauth lächelnd, beim Haareschneiden gehe es freilich vielmehr um die Gesundheit des Fells als um die reine Optik. Neben der regelmäßigen Pflege sei dafür auch die Ernährung der Tiere sehr wichtig: "Beim Menschen sind wir ja schon sehr weit und wissen, dass gesunde Ernährung uns gesund hält. Nur ist das beim Hund fast noch wichtiger", so die Expertin. Ihre Tipps: "Ich bin große Anhängerin von BARF, also von biologisch artgerechter Rohfütterung und von hochwertigem Dosenfutter mit offener Deklaration, damit man die Zusammensetzung kennt."
Auch wenn sie Tag für Tag schon das tut, was ihr die größte Freude bereitet, hat Nauth einen großen Lebenstraum: "Ich träume von einem Hundezentrum, einem Anlaufpunkt, in dem der Hundebesitzer alles aus einer Hand bekommt: Futter, Tipps für die Fellpflege, die Pflege selbst, Physiotherapie und so weiter. Einfach eine Anlaufstelle rund um den Hund." Alleine sei dies nicht zu stemmen. Aber, sagt sie schmunzelnd: "Wenn Kolleginnen oder Kollegen auch so denken, können sie mich gerne anrufen."
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