Die Bad Kissinger CSU hat aufregende Monate hinter sich. Einige Monate vor der Kommunalwahl verlor sie zwei ihrer bis dahin zehn Stadträte durch Wechsel in andere Ratsfraktionen. Einige Wochen nach dem Urnengang verlor sie drei der eben erst neu gewählten Stadträte ihrer Liste erneut durch den Wechsel in eine andere Fraktion. Und dazwischen verlor der eigentlich favorisierte Kandidat der Partei auch noch die Oberbürgermeisterwahl. Reagiert haben die Partei und die Öffentlichkeit auf diese Ereignisse sehr unterschiedlich. Die Austritte von Michael Heppes und Bernhard Schlereth vor der Wahl und die Niederlage von Gerhard Schneider bei der OB-Wahl nahmen sie weitgehend sportlich. Die Austritte jetzt von Klaus Bollwein, Martina Greubel und Thomas Schlembach nehmen sie übel.
Steffen Hörtler, der Vorsitzende des Ortsverbands und der Stadtratsfraktion, hatte schon vergangene Woche in einer ersten Reaktion in Frage gestellt, ob angesichts des Austritts der Wählerwille im Zusammenhang mit den drei Abtrünnigen wirklich überhaupt erfüllt werde. Der Austritt erfolgte, bevor sich der neue Stadtrat in seiner ersten Sitzung konstituieren konnte. In der neuen Wahlperiode, so Hörtler, sei also noch gar nichts weiter passiert gewesen. Da müsse man sich fragen, ob die drei Abtrünnigen nicht ihre Sitze zurückgeben müssten.
Alfred Wacker: Parteibuch zurückgeben
Mit Fragen halten sich Alfred Wacker und Fritz Lang bei diesem Thema nicht auf. Wacker, der Ehrenvorsitzende der CSU Bad Kissingen, schreibt in einer Stellungnahme zum Fraktionswechsel von Bollwein, Greubel und Schlembach: "Wir sind von ihrem Verhalten menschlich und politisch bitter enttäuscht. Diese drei haben alle Wähler getäuscht, die die CSU gewählt haben." Aus Wackers Sicht konnten die Abtrünnigen "nicht guten Gewissens ihr Stadtratsmandat annehmen, das sie nur über die CSU-Liste erhalten haben". Seine Forderung: "Sie sollen ihr Parteibuch schnell zurückgeben."
Kritisch merkt Wacker in seinem Schreiben auch an, dass die drei in einem eigenen Wahlprospekt mit den Grundwerten "Ehrlichkeit, Geradlinigkeit und Zuverlässigkeit" für sich geworben hätten. Statt sich an diese Werte zu halten, hätten die drei "aus ganz persönlichen, egoistischen, ehrgeizigen Gründen die neue CSU-Stadtratsfraktion, die noch gar nicht ihre politische Arbeit aufgenommen hat, im Stich gelassen und sie so in die politische Minderheit mit relativ wenig Einfluss gestürzt". Dabei hätten die Kissinger Christsozialen seit Jahrzehnten den Anspruch gehabt, "dass die CSU als größte Fraktion im Stadtrat für alle wichtigen strategischen und aktuellen Fragen unserer Stadt in besonderer Weise Verantwortung" tragen wolle.
Fritz Lang: Wähler an der Nase herumgeführt
Ähnlich äußert sich Fritz Lang als stellvertretender Vorsitzender des CSU-Ortsverbands Bad Kissingen. "Ehrlich und geradlinig wäre es", schreibt er in seiner Stellungnahme unter Bezugnahme auf die Wahlwerbung der drei Abtrünnigen, "wenn diese drei Stadträte nun auch tatsächlich gehen, und zwar aus der CSU austreten". Bollwein, Greubel und Schlembach hätten "einen verstärkten Auftrag für die CSU" gehabt. Nun seien sie im Stadtrat zur DBK gewechselt. Dadurch verursachten sie "eine wesentliche Kräfteverschiebung" im Stadtrat. Das sei "sicherlich keinesfalls vom Wähler gewollt" gewesen. Im Gegenteil, so werde der Wähler "an der Nase herumgeführt."
Aus Langs Sicht reihen sich die drei Stadträte ein "in die wachsende Phalanx der Politiker, die aus Eigeninteresse den Bürgern und Wählern die Politik vermiesen: Trump, Johnson und Konsorten". Er denke, "dass sie für die Befriedigung ihrer persönlichen Eitelkeit bei der nächsten Wahl ihren Denkzettel erhalten werden."
Finanzielle Dissonanzen unter Kandidaten
In seiner Stellungnahme spricht Lang auch die finanziellen Dissonanzen zwischen der CSU und den abtrünnig geworden Kandidaten an, die bereits vor einer Woche publik geworden waren. Vergangenen Oktober seien einstimmig Beiträge zu den Wahlkampfkosten beschlossen worden, die Kandidaten leisten sollten. Der Zusatzbeschluss, "dass nur Kandidaten auf die Stadtratsliste kommen, die alle Restschulden aus früheren Wahlkämpfen oder Abgaben aus Sitzungsgeldern abgeführt haben", habe dazu geführt, dass einer der aktuell Abtrünnigen seine damaligen Restschulden noch schnell beglichen habe.
Bei der ersten Sitzung der CSU-Fraktion nach der Wahl hätten sich dann zwei der drei Betroffenen geweigert, ihre offenen Wahlkampfkosten zu bezahlen. Wie berichtet, mahnten zahlreiche Kandidaten von der CSU-Liste in einem gemeinsamen Schreiben an die beiden Betroffenen den Ausgleich dieser offenen Forderung an.
Klage über zunächst unakzeptable Listenplätze
Von den beiden Abtrünnigen gibt es zu diesen Vorwürfen keine öffentlichen Äußerungen. In der Pressemitteilung der drei von vergangener Woche steht dazu nichts. Und auch in dem Schreiben, mit dem sie vergangenen Freitag der CSU-Fraktion ihren Austritt mitteilten, spielt das Thema keine Rolle. Stattdessen ist darin die Rede von zunächst "unakzeptablen Listenplätzen", die erst nach dem Austritt von Heppes und Schlereth geringfügig verbessert worden seien. Nach dem Ergebnis der Wahl gehörten sie nach eigenen Angaben nun "zu den Top 10 aller gewählten Stadträte", Martina Greubel habe gar das beste Ergebnis aller Kandidaten.
Daraus leiten die drei den Vorwurf an Steffen Hörtler ab, er habe es nicht verstanden "diesen Wählerwillen in der Fraktionsspitze abzubilden". Martina Greubel sei innerhalb der Fraktion "bei drei Wahlgängen durchgefallen". Bekanntlich wurde sie nach dem Wechsel zur DBK dort gleich stellvertretende Fraktionssprecherin.
Besiegelt habe die Entscheidung, die Fraktion zu verlassen, die Wahl von Wolfgang Lutz zu einem der stellvertretenden Vorsitzenden dort. Denn er sei seit sechs Jahren der Grund "für die Streitereien und Zerwürfnisse" in der Fraktion.
Jahrelang Querelen verursacht
Fritz Lang hält dem in seiner aktuellen Stellungnahme entgegen, "das Dreigestirn" habe selbst "jahrelang Querelen verursacht". Anstatt Lösungen zu suchen und konstruktiv zu arbeiten, hätten sie "in der vergangenen Periode versucht, die Fraktion zu spalten". Lutz habe seine Versprechen in der Sache gehalten, "diese drei nicht".
Auch dem Publikum außerhalb der Parteizirkel stößt der überraschende Fraktionswechsel noch vor der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrats zumindest mehrheitlich sauer auf. In Onlinekommentaren und Leserbriefen fällt schon mal der Vorwurf, das sei "Betrug am Wähler" gewesen. Kritik richtet sich aber auch an die örtliche Parteiführung.
Erbärmlich!
Sie haben nicht nur die Partei betrogen sondern jeden der 15.000 Stimmen die sie bekommen haben!
Und die standen nun einmal auf der CSU Liste! Haben von ihrer Vergangenheit in der CSU profitiert und vom Parteiapparat!
Ein Heppes oder andere die austreten weil sie jämmerliche Gründe gesucht haben waren ebenso gekränkte Eitelkeiten! Aber um die geht es nicht, denn die Situation ist komplett anders!
In die Wahl zu ziehen mit EHRLICHKEIT GERADLINIGKEIT oder ZUVERLÄSSIGKEIT und sich dann so zu benehmen ist unmoralisch und undemokratisch!
Sie haben betrogen!
Ich als nicht Kissinger bin nicht nur enttäuscht sondern geschockt weil ich zumindest 2 davon bislang als ehrbar und zuverlässig gehalten habe!
Und das hat nix mit Nebenkriegsschauplätze zu tun sondern mit der Haltung der Betroffenen!
Sie haben in diesem Gremium nichts zu suchen!
Alles andere ist unehrenhaft und unanständig.
Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Hier gibt es unter den Kommentarlern einige, die den Wechsel als Wahlbetrug sehen und die Anderen sagen das Gegenteil und das ist ja auch legitim. Auch meine Einstellungen war und bleibt der Wahlbetrug an der CSU: Meinungen darf man ja schreiben. Sie schreiben , wenn die drei schon vorher mit anderen zwei ausgetreten wären. ich meine, dass man diese Drei sicher nicht in der DBK aufgenommen hätte.
Auch hier zählt das Reinkommen der bisherigen Stadträte der DBK eine wichtige Rolle. Die schätzen ihre jetzigen Vertreter. Hier hätten der DBK die Stimmen ihrer Kandidaten in dieser Höhe der Drei CSU Leuten nicht mehr für den Einzug in den Stadtrat gereicht. Ich selber kenne schon 2 DBK Mitglieder, die deshalb stinksauer sind.
Dennoch finde ich Ihre Meinung durchaus offen und annehmbar.👌 Ich hoffe, sie haben sich nicht nur deshalb hier neu eingetragen. Schreiben Sie weiter mit Sachen, die sie bewegen. Es gibt viel zu wenig Kommentarler auf den Kissinger Seiten. 😒
Folglich hätten die drei, falls sie einen Listenplatz bei der DBK bekommen hätten, weitaus weniger Stimmen erhalten.
In einem eigenen Prospekt werben sie an erster Stelle mit Ehrlichkeit - dann hätten sie vor der Wahl austreten müssen, wenn es nicht gepasst hat. Aber Frau Greubel ist lieber werbewirksam mit CSU-Oberbürgermeisterkandidaten Schneider durchs Land getingelt.
Nein man bleibt weiterhin bei der CSU und genießt die Vorteile. Wetten, dass wir beim nächsten Fototermin mit Frau Bär oder Herrn Söder Frau Greubel wieder in unmittelbarer Nähe stehen sehen. Selbst bei der Eröffnungsfahrt des Kurbähnle hing sie wie ein Affe am Geländer. Hauptsache auffallen. Diese Profilsucht konnte man die ganzen vergangenen Jahre beobachten. Damit wurde sie Stimmenkönigin, aber halt nicht bei ihren Parteikollegen. Bei denen konnte sie mit ihrer Art anscheinend nicht punkten oder sie wurde durchschaut und für nicht fähig befunden eine Ortspartei zu führen. Drei Wahlgänge konnte sie nicht für sich entscheiden. Das sagt vieles aus und das gilt es zu akzeptieren.
Die sofortige Wahl zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der DBK lässt Verhandlungen vermuten. Der Preis für die größte Fraktion könnte der Posten gewesen sein
Man kann sehr wohl mit den Grundwerten der CSU übereinstimmen und zugleich Fundamentalopposition im Stadtrat ablehnen. Mittlerweile sind fünf Fraktionsmitglieder binnen Jahresfrist aus der Fraktion ausgetreten. Sollte die CSU sich nicht besser von der Ursache der Zwistigkeiten befreien, als ihre Zugpferde ziehen zu lassen?