Bernhard Kiesel steht auf regionale Biere. In seinem Getränkehandel im Stadtteil Reiterswiesen beschert er seinen Kunden immer wieder mal Neues von unterschiedlichen Brauereien. Den wohl bisher größten Coup hofft er jetzt mit dem Bad Kissinger Hell zu landen. Werbeträchtig ist der Titel auf dem Etikett: Weltbad-Bier.
"Die Idee hatte ich schon länger", beschreibt Kiesel seinen Ehrgeiz, wieder ein Bier mit Bad Kissinger Wasser brauen zu lassen. Schließlich gebe es eine lange Brautradition in Bad Kissingen. Sie endete mit dem Aus der Brauerei Wahler in den frühen 1990er-Jahren.
Aus einer kleinen Familienbrauerei
Ganz an diese Tradition knüpft das neue allerdings nicht an. Denn hergestellt wird das Unfiltrierte mit dem Wasser von den Stadtwerken in einer kleinen Familienbrauerei in Oberfranken. Die wolle eher im Hintergrund bleiben, verrät Kiesel. In der hiesigen Region sei es nicht gelungen, einen Produzenten zu finden. So transportiert er nun Wasser tankweise zu den Braukesseln.
Dabei hatte der Getränkehändler auf der Suche nach einer Brauerei in der Region prominente Unterstützung. Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) schaltete sich ein. Er war von Anfang an von der Idee mit dem Kissinger Hell begeistert.
Rückendeckung durch den OB
Und das kam so: Auf seiner Kommunalwahltour 2020 durch die Stadtteile hatte Vogel auch bei Kiesel vorbeigeschaut. "Ich habe ihn in meine Pläne eingeweiht und bin sofort auf offene Ohren gestoßen", freut sich der Reiterswiesener. "Nur gewählt werden musste er noch", schmunzelt der Getränkefachmann.
So nahm die Idee mit dem Bier nach der Wahl 2020 tatsächlich Geschmack an. In seiner Testphase brachte Kiesel Bad Kissinger Wasser zu vier Brauereien, um hinterher zu kosten, was dabei herauskam. Sogar im Rathaus sei verkostet worden, gesteht OB Vogel jetzt bei der ersten öffentlichen Präsentation im Getränkehandel von Bernhard Kiesel zwischen gestapelten Kisten unterschiedlichster Marken.
Rechtzeitig zur Welterbe-Ernennung
Der Probelauf am Markt läuft schon ein paar Wochen. Ausgerechnet eine Woche vor der Ernennung Bad Kissingens zu Welterbe-Stadt, Ende Juli 2021, standen die ersten Flaschen zu Verfügung, obwohl es sich, wie Vogel versichert, um keinen offiziellen Werbeartikel für das Unesco-Prädikat handelt. Die Begeisterung schmälere das nicht. "Das Bier kommt hervorragend an", sagt Kiesel . Schnell sei die Mund-zu-Mund-Propaganda angelaufen.
Neben Privatkunden zeige auch die Gastronomie reges Interesse. Wirte wollen das Bier ausschenken und Hoteliers wollen es für die Gäste auf das Zimmer stellen.
Handgemalter Regentenbau auf dem Etikett
Somit sieht Kiesel sein unternehmerisches Gespür bisher belohnt. Schließlich bereitet die erfolgreiche Positionierung eines neuen Bieres allerhand Kopfzerbrechen. Für den Entwurf des Etiketts mit der handgezeichneten Silhouette des Regentenbaues beauftragte er eine Werbeagentur aus dem Rhein-Main-Gebiet.
Das Bier sei von moderner Handschrift geprägt, findet Oberbürgermeister Dirk Vogel, der sich gerne als Biertrinker zu erkennen gibt. "Ein leichtes Sommerbier ist es geworden", freut er sich darüber, dass sein Geschmackswunsch in Erfüllung gegangen ist.
Symbol für die Erneuerung der Kurstadt
Überhaupt ist das neue Getränk für Vogel ein starkes Symbol für die erforderliche Erneuerung der Kurstadt. "Solchen Unternehmergeist brauchen wir", lobt er Kiesel mit Blick auf andere Branchen. Ganz ohne finanzielle Unterstützung der Stadt habe dieser ein Zeichen für eine progressive Welterbe-Stadt gesetzt.
Bei aller Anerkennung scheint der Tatendrang Kiesels ungebrochen. Inzwischen gibt es auch einen Träger mit sechs Flaschen Kissinger Hell und ein Partyfass. "Weil wir in einer Pils-Region leben", so Kiesel, will er ab November auch ein Weltbad-Pils anbieten.
Ruf nach Motivgläsern und Bierdeckeln
Die Resonanz spreche für sich. Jetzt erreiche ihn der Ruf nach nach Motivgläsern und Bierdeckeln aus der Gastronomie, sagt der Reiterswiesener. In Kleinmengen werden solche Artikel teuer, bei größeren Aufträgen sinkt der Stückpreis.
Der bisherige Absatz mache Mut für größere Sprünge. So will Kiesel nun 150 000 Flaschen-Etiketten bereitstellen. "Das ist dann schon eine andere Liga", freut er sich. Bierkästen mit eigenem Logo solle es vorerst nicht geben. Die gebe es für zehn Euro erst ab einer Abnahmemenge von 6000 Stück.
Ziel sind 50 000 Liter im Jahr
Den Ehrgeiz des Unternehmers schmälert das keineswegs. Er peilt inzwischen einen Absatz von 50 000 Litern im Jahr an. Möglicherweise auch in 0,33 Liter-Flaschen. Die hat OB Vogel im Sinne der Gastronomie auf dem Wunschzettel.
Dankbar ist Bernhard Kiesel über die Nachfrage auch, weil seine Getränke-Auslieferungen an Gastronomie mit den Schließungen durch Corona erheblich zurückgegangen waren. Teils kompensierte er das mit Getränkelieferung an Wohnungstüren. Dass nun mit seinem Weltbad-Bier auf die Welterbe-Stadt angestoßen wird, ist ihm nach den schwierigen Monaten eine besondere Genugtuung.
Bitte mehr davon.
Wir müssen uns auf unsere Werte besinnen. Frei nach Angela Merkel:
Wir schaffen das!