Die einen begrüßen es, dass die Gasthaus-Ruine "Schwarze Pfütze" demnächst abgerissen wird, denn viele Leute sprachen von einem "Schandfleck" für die Großgemeinde. Für die anderen geht mit dem Abriss ein Stück Geschichte verloren, war das 1819 erbaute Gasthaus doch zwei Jahrhunderte lang ein Ort spannender Begebenheiten.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging es sogar darum, eine neue Siedlung auf diesem Teil Rottershäuser Grund und Bodens anzulegen: Ferdinandsfeld. Der gebürtige Rottershäuser Joachim Herbst, der heute mit seiner Familie in Brandenburg lebt, verfasste zu diesem "Versuch der Ortsgründung" 1984, kurz vor seinem Abitur am Gymnasium in Bad Kissingen, eine Facharbeit im Leistungskurs Geschichte.
Die Facharbeit eröffnet den Blick auf die Geschichte und die Standfestigkeit der Rottershäuser
"Geschichte war damals mein Faible", sagt der heutige Finanzvorstand eines Berliner Buchverlags im Gespräch mit dieser Redaktion. Er erinnert sich noch gut daran, wie er damals, zusammen mit Siegfried Erhard, der seinerzeit Grundschullehrer in Maßbach war, nach Würzburg fuhr, um dort im Staatsarchiv nach einschlägigen Schriften zur "Schwarzen Pfütze" zu suchen.
Die Herkunft des Namens "Schwarze Pfütze" ist in den historischen Unterlagen nicht genau belegt, so Herbst in seiner Facharbeit. 1889 wird er erstmals schriftlich überliefert. Ziemlich wahrscheinlich ist aber, dass die Bezeichnung von dem kleinen Weiher herstammt, der sich neben dem Gasthof befand und der aus Regenwasser gespeist wurde. Von den Bewohner wurde er einst als "dunkel und trübe" beschrieben und soll anno dazumal dem Vieh als Tränke gedient haben.
Was Herbst sonst noch Interessantes herausfand (wir veröffentlichen Auszüge davon), eröffnet einerseits den Blick auf bayerische und fränkische Geschichte, andererseits auf standfeste Rottershäuser Landwirte, die offenbar um ihr Überleben kämpften und sich deshalb gegen die Obrigkeit auflehnten.
Die bayerische Regierung wollte die Landwirte mit Prämien und Vergünstigungen unterstützen
Denn zu Beginn des 19. Jahrhunderts lagen die Felder brach, waren die Bauernhöfe verödet und die Bauern überall verarmt und verschuldet. Zwei Jahrzehnte lang hatte Napoleon halb Europa – in Deutschland vor allem das Rheinland bis 1814 - mit Krieg überzogen. Auch das Dorf Rottershausen war mehrfach von den Franzosen heimgesucht worden, besonders schwer im Jahr 1796.
Unter dem ersten bayerischen König Max Joseph (ab 1806) wollte die Regierung den Landwirten mit verschiedenen Maßnahmen unter die Arme greifen. Sie sollten ihre Felder wieder bebauen können. Ferdinand III. (1769 bis 1824), seit 1806 Großherzog von Würzburg, ließ seinerzeit das Gelände an der Schwarzen Pfütze bei Rottershausen vermessen und dort 20 Bauernsiedlungen ausweisen.
Eine Rolle könnte bei diesem Ansinnen auch gespielt haben, dass die "Schwarze Pfütze" da schon an einer vielbefahrenen Chaussee lag, die Ende des 18. Jahrhunderts von Würzburg nach Meiningen gebaut worden war. Vermutlich durch die preußische Sperre des Rheinhandels im Jahr 1766 war damals der Entschluss der Würzburger Regierung zum Bau einer Chaussee nach Sachsen (Würzburg-Meiningen) begünstigt worden.
Die Maßnahme wurde aber erst 1773 vom Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim gebilligt. Mit dem Bau dieser Chaussee hatte man 1774 in Würzburg begonnen. 1780 wurde die neue Verkehrsader an der Schwarzen Pfütze entlang gebaut.
Man bohrte an der "Schwarzen Pfütze" einen Brunnen und wollte dort Ferdinandsfeld gründen
Doch zurück zur geplanten Siedlung Ferdinandsfeld: Ein erstes Siedlungsgesuch (Name unbekannt) ist 1806 belegt, der zweite Siedlungswillige namens Jörg Kiesel kam aus Reiterswiesen. Doch weil nach einer Bohrung an der "Schwarzen Pfütze" kein Wasser gefunden wurde, ließ Kiesel von seinem Vorhaben ab.
Von 1809 datiert ein Schriftstück des Hofbauamts Würzburg über einen Vertrag mit Steinhauermeister Markert zu Poppenhausen über das Bohren eines Brunnens an der "Schwarzen Pfütze". Wie es dort weiter heißt, war damals nämlich ein gewisser Johann Glückert aus Rottershausen der Erste, der dort ein Wirtshaus betreiben wollte.
Der Brunnen an der "Schwarzen Pfütze" wurde schließlich 1810 gebaut. Für das Hochbauamt Würzburg war danach der Weg frei für eine Ansiedlung. Ein sogenannter Geometer aus Kitzingen wurde beauftragt, von der geplanten Siedlung Ferdinandsfeld bei Rottershausen einen Grundriss zu erstellen.
Den Rottershäusern war die Siedlung ein Dorn im Auge und sie gaben kein Land her
Doch der Ort Rottershausen wehrte sich gegen dieses neue Dorf in Kleinformat, da im eigenen Ort noch 22 Hofstellen unbesetzt waren. Sie könnten nichts von ihrer Markung abgeben, ohne ihrer Schäferei und ihrer Viehhaltung erheblichen Schaden zuzuführen, argumentierten die Bauern gegenüber der Regierung. Auch jener Rottershäuser Glückert konnte kein Wirtshaus eröffnen, weil die Landwirte ihre Grundstücke an der Schwarzen Pfütze hüteten wie ihre Augäpfel.
Die großherzogliche Regierung setzte sogar Vergünstigungen und Prämien für siedlungswillige Landwirte – wohlgemerkt auch solche aus Rottershausen – aus: auf zehn Jahre Zehntfreiheit, Handlungsfreiheit und Überlassung der doppelten Nachbarrechte. 100 Gulden sollte der erste Siedler erhalten, 70 der zweite und 50 der dritte. Aber es war alles umsonst.
Der König von Bayern erließ ein Dekret und wollte an der Ortsgründung festhalten
Im April 1814 wollte Müller Peter Mohrbehr aus Althausen dann dort ein Wirtshaus errichten, was von der Regierung abgelehnt wurde, weil man befürchtete, er würde allein da draußen von "Streunern" angegriffen. Bereits zwei Monate später beschlossen sogar drei Rottershäuser (Leonhard Werner, der Gemeindeschmied Johann Metz und Josef Bühner), ihre Häuser im Ort abzureißen und an der "Schwarzen Pfütze" wieder aufzubauen. Hinzu kam noch Adam Wetterich aus Rottershausen. Doch aus unerfindlichen Gründen kamen die Ansiedlungen nicht zu Stande.
Rottershäuser bauten schließlich selbst ein Wirtshaus und strichen die Prämie ein
Doch dann gab man sich in Rottershausen offenbar doch einen Ruck und ging im Jahr 1819 daran, in Eigenregie ein Wirtshaus an der "Schwarzen Pfütze" zu errichten – was natürlich von der Regierung sofort gebilligt wurde. Der Rohbau wurde unter Ortsvorsteher Joseph Bühner vom Nüdlinger Maurermeister Johan Schlereth erstellt, was auf einer Tafel neben dem Eingang festgehalten wurde. Die Gemeinde strich dafür übrigens die von der Regierung inzwischen auf 300 Gulden erhöhte Siedlungsprämie ein.
Jetzt reizte es doch ein paar auswärtige Siedler, sich an der "Schwarzen Pfütze" anzusiedeln. Doch es war nichts zu machen, die Rottershäuser rückten ihre Flächen weiterhin nicht heraus. Lediglich ein gewisser Johann Müller aus Laudenbach erstritt sich das Ansiedeln gerichtlich. Offenbar wurde er aber später von den Rottershäusern so stark bedrängt, dass er irgendwann die Zelte wieder abbrach und zurück nach Laudenbach ging.
Siedlung an der "Schwarzen Pfütze" zum bevölkerten Mittelpunkt der Gegend machen
Der Versuch einer größeren Siedlung an der "Schwarzen Pfütze" war also gescheitert. Und das, obwohl die königliche Landdirektion in Bad Kissingen im Jahr 1816 sogar gefordert hatte, die Siedlung an der "Schwarzen Pfütze" zum "bevölkerten Mittelpunkt" der Umgegend zu machen.
So merkt denn auch der Verfasser der Facharbeit, Joachim Herbst, folgerichtig an: "Somit war durch den Widerstand der Gemeinde Rottershausen ein Versuch gescheitert, der das Bild meiner Heimatgemeinde völlig hätte verändern können. (…) Vielleicht wäre Rottershausen heute ein Ortsteil von Ferdinandsfeld?"
Jetzt gibt es Umgehungsstraßen.
war damals, wenn mich meine Geschichtslehrer nicht falsch informiert haben, Teil des Fürstbistums Würzburg. Deshalb wurde die Vorläufer Straße der alten B19 von Würzburg aus so angelegt, dass die Straße von Kirchturm zu Kirchturm so gerade wie landschaftlich möglich gebaut wurde. In meiner Jugend war das stellenweise noch gut erkennbar, dass man geradezu auf den nächsten Kirchturm zu fuhr.