Bad Kissingen

Armstrongs Landung in Bad Kissingen

Vor 50 Jahren stattete der erste Mann auf dem Mond der Kurstadt einen Kurzbesuch ab. Bad Kissingen ist zwar Promis gewöhnt, dieser Auftritt war aber dennoch unvergesslich.

Wenn den Kissingern nicht die Corona-Krise dazwischengekommen wäre, hätte heuer beim Rakoczy-Fest der Mann im Mond vielleicht sogar einen eigenen Wagen im Festzug bekommen. Bei diesem Fest würdigen die Kissinger ihre sogenannten Historischen Persönlichkeiten. Die rekrutieren sich überwiegend aus den Reihen der Schönen und Mächtigen, die Kissingen in dessen Weltbadzeit mit ihrer Anwesenheit beehrten. Auch wenn Neil Armstrong erst an die 100 Jahre später nach Bad Kissingen kam, wäre gegen den ersten Menschen auf dem Mond bestimmt auch nichts einzuwenden gewesen. Noch dazu, wo sich sein Besuch in diesem Sommer zum 50. Male jährt.

Auf den Schultern von Polizisten

Für jenen Mann, der am 21. Juli 1969 als erster Mensch den Mond betreten hatte, war die Landung in Bad Kissingen keine große Sache. Er musste am 8. August 1970 ja nur aus dem Segelflugzeug aussteigen, mit dem er auf dem Flugplatz in der Au gelandet war. Der Autor Peter Ziegler berichtet in seinem Buch "Prominenz auf Promenadenwegen" aber sogar, mit welchem Fuß Armstrong zuerst Kissinger Boden betreten habe. Wie bei der Mondlandung mit dem linken. Schon daran lässt sich ermessen, dass die Kissinger den Auftritt des Astronauten als großen Schritt empfanden.

Für die Weiterbeförderung des Menschen, der nicht lange zuvor noch mit dem damals modernsten Verkehrsmittel des gesamten Weltalls gereist war, boten die Kissinger auf dem Weg zum Kurgarten das traditionsbewussteste Gefährt auf, über das sie verfügten. Die Postkutsche, die, trotz Corona, noch heute regelmäßig während der Saison von Bad Kissingen nach Aschach oder Bad Bocklet und zurück durch die unterfränkische Landschaft rollt.

Die kurze Fahrt vom Landeplatz ins Kurgebiet mit der oft für ihre Entschleunigung gelobten Postkutsche dauerte vermutlich länger als sonst. Denn die Kissinger kosteten Armstrongs Besuch weidlich aus. Die Kissinger Stadtpolizei , die damals noch ihren Dienst versah, hatte mit Lautsprecherdurchsagen vom Streifenwagen aus die Bevölkerung auf den berühmten Besucher aufmerksam gemacht. Peter Ziegler berichtet, in der Folge habe sich "eine wahre Völkerwanderung" Richtung Landeplatz bewegt.

Auch bei der Ankunft im Kurgarten muss das Aufkommen an Schaulustigen groß gewesen sein. Jedenfalls hätten zwei Polizisten , heißt es wieder bei Ziegler, den ersten Mann auf dem Mond auf ihren Schultern zum Arkadenbau getragen. Im Weißen Saal habe Armstrong sich danach in das Goldene Buch der Stadt eingetragen, dessen erste Seite die Unterschrift von Kaiserin Auguste Viktoria ziert.

Postkutsche geschenkt

Zur Erinnerung an seinen kurzen Besuch in der Kurstadt durfte Neil Armstrong eine Postkutsche im Kleinformat mit zurück in die Vereinigten Staaten nehmen. Der Aufenthalt in Bad Kissingen hat sich für ihn also durchaus ausgezahlt, obwohl er kürzer war als der Besuch auf dem Mond. 70 Minuten soll Armstrong Bad Kissingen mit seiner Anwesenheit beehrt haben. Auf dem Erdtrabanten soll er zusammen mit seinem Kollegen Buzz Aldrin 22 Stunden zugebracht haben, zwei davon außerhalb der Landefähre.

Neil Armstrong war übrigens nicht der Einzige, der es durch Auftritte anderswo zu Bekanntheit

gebracht hatte und Bad Kissingen 1970 einen Besuch abstattete. Im Dezember desselben Jahres suchten Andreas Baader und Gudrun Ensslin , Jan Carl Raspe, Holger Meins und Ulrike Meinhof sowie weitere Mitglieder der terroristischen Vereinigung, die sich später Rote Armee Faktion nannte, Unterschlupf in der Stadt . Bekannt geworden ist diese Episode erst durch ein Gerichtsverfahren im Jahre 1972 und den ausführlichen Bericht des Nachrichtenmagazins " Der Spiegel " darüber. Ihre Tage in einem früheren Sanatorium an der Bergmannstraße verbrachten die Terroristen damit, Pläne für die Zukunft zu entwickeln. Unter anderem sei die Rede davon gewesen, berichtete der "Spiegel" später, "Prominente zu entführen, um politische Gefangene freizubekommen". Vermutlich ging es auch um Geldbeschaffung. Denn "am Morgen des 19. Dezember" schrieb der "Spiegel", "brachen die Baader-Meinhof-Leute" von Kissingen aus in fünf Autos zu geplanten Banküberfällen in anderen Städten auf. Von der Postkutsche hatten Baader und Ensslin, Raspe, Meins und Meinhof keine Notiz genommen. Und einen Platz im Festzug zum Rakoczy-Fest hätte Bad Kissingen für sie auch ohne die Corona-Krise nicht übrig gehabt.Siegfried Farkas

 
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