
Einst machte der Verlag Verluste
Diese Idee von Verlagsgründer Carl Gustav Vogel ist lange her, und „Vogelianer“-Generationen danach erlebten nicht nur Höhenflüge. Noch vor zehn Jahren machte der Verlag Verluste. Spätestens da war der Chefetage klar: Die Medienwelt der nahen Zukunft verlangt eine massive Richtungsänderung des großen Schiffes – Einschnitte inklusive.
Bis heute hat der Verlag nach eigenen Angaben 25 Millionen Euro in die Hand genommen, um das Haus in Richtung Digitalgeschäft auszubauen. Mehr noch: Vor acht Jahren wurde eine „Vier-Felder-Strategie“ ausgegeben, die bis heute gilt und die die aufgefächerte Ausrichtung von Vogel zeigt. Print, Digital, Events und Services sind seither diese Felder, die der Verlag beackert.
Total digital - doch Print gibt es weiter
Dabei wird deutlich: Gedruckte Produkte gibt es weiterhin. Doch sie gehen einher mit weit verzweigten Parallelangeboten im Internet. Beispiel „Konstruktionspraxis“: Das Heft hat eine Auflage von 23 000 Exemplaren. Der dazu passende Auftritt im Kurznachrichtendienst Twitter hat knapp 4500 Follower mit ungefähr 11.000 Tweets – beachtliche Werte.
Dazu kommen 10 „Unterseiten“ von „Konstruktionspraxis“ bei Twitter, die sich wiederum speziellen Themen widmen. Was „Konstruktionspraxis“ bei Twitter hat, haben dort die anderen Titel von Vogel in ähnlicher Weise. Unterm Strich kommt ein Füllhorn an digitalen Adressen des Verlages zusammen. Von anderen Internet-Netzwerken wie Facebook ganz zu schweigen.
Damit nicht genug: Die Fachredakteure des Verlages pflegen eigene, personalisierte Auftritte in diesen Netzwerken. Stephan Maderner zum Beispiel: Der Chefredakteur des Vogel-Magazins „bike und business“ hat viel beachtete Auftritte bei Facebook und Twitter.
Fulminanter Wandel innerhalb von 10 Jahren
„In den vergangenen zehn oder 15 Jahren haben wir mehr Veränderungen gehabt als in den 110 Jahren davor“, sagt Vogel-Sprecher Gunther Schunk. Ein Zündfunke all dieser Veränderungen war die Bildung der hauseigenen „Future Group“ 2005. Sie gibt es heute noch und darf als Gruppe von Vordenkern und Tüftlern gelten. Pfiffige Sprüche an den Bürowänden und ein Kinder-Bällebad in der Ecke zeugen davon, dass hier der Arbeitsalltag weit weg von Konventionen ist.

Diese Ideenfabrik hat entscheidenden Anteil an der mittlerweile weit gefächerten Struktur von Vogel. In einem Videostudio werden Webinare fürs Fachpublikum angeboten, das verlagseigene Institut für Wissen in der Wirtschaft (IWW) bietet Apps und Online-Infodienste für Ärzte, Steuerberater, Apotheker und andere Selbstständige an.
Eckernkamp stellte Weichen
Unumstrittener Grandseigneur des Unternehmens ist Kurt Eckernkamp. Der heute 81-Jährige kam 1970 zu Vogel. Dort stellte er Weichen: Auf sein Wirken geht das erste Computermagazin Deutschlands zurück: Chip. Es wurde später zwar verkauft, doch mit dem Heft machte sich Vogel eine Zeit lang auch beim breiten Publikum bekannt.
Geistiger Vater ist Eckernkamp auch für ein vergleichsweise neues Firmenstandbein: das Vogel Convention Center (VCC). Die früheren Druckhallen ließ Eckernkamp in eine der heute in Würzburg bekanntesten Adressen für Tagungen umbauen. Das war anfangs nicht unumstritten im Verlag, aber es hat funktioniert.
So ist der Bereich Event zu einer der Säulen des Verlags geworden, obwohl er mit Druck oder Digital zunächst gar nichts zu tun hat. Das VCC sei aber wichtig, um Entscheider neben all den Magazinen und Online-Angeboten zusammenzubringen, so Sprecher Schunk. Wissensvermittlung von Angesicht zu Angesicht, sich vernetzen – auch das sei eine Strategie von Vogel.

Unternehmen gibt sich werteorientiert
Verleger Eckernkamp hat zudem in anderer Hinsicht Leitplanken für Vogel gesetzt: „Wir sind ein werteorientiertes Unternehmen. Für uns von Vogel leitet sich die gesellschaftliche Verantwortung aus unserer Tradition und Unternehmenskultur ab.“ Diese Verantwortung brachte ihn dazu, im Jahr 2000 mit seiner Frau Nina Eckernkamp-Vogel die Vogel-Stiftung zu gründen.
„Das bürgerschaftliche Engagement hat in unserem Unternehmen eine lange Tradition. Die Vogel Stiftung macht das sichtbar. Vor allem die medizinischen Forschungsprojekte liegen uns dabei am Herzen: eine Demenz-Studie, zwei Kinderkrebsprojekte und aktuell die Verringerung von Herz-Kreislauf-Stillständen.“ Ein solcher Einsatz fürs Gemeinwohl nennt man heute Corporate Social Responsability (CSR). Für Eckernkamp hat dies wirtschaftliche Tragweite: „Auf Dauer sind verantwortungsvolle Unternehmen immer auch die erfolgreicheren.“