
Interessant in diesem Zusammenhang die Frage, ob es 1989/90 Alternativen zur Wiedervereinigung gab. Während die Mehrheit am Podium dafür allein schon wegen der desolaten Wirtschaftslage der DDR keine Grundlage sah (Bötsch: „Das ist doch reine Theorie.“), widersprach der Mainzer Historiker Andreas Rödder. „Wenn es alle gewollt hätten, wäre ein zweiter demokratischer Staat schon möglich gewesen.“
Zumindest die Bürgerrechtler in der DDR wollten ihren Staat nicht auflösen, sondern zunächst mal demokratisieren. Meinungsfreiheit, freie Wahlen, mehr Umweltschutz und Reisefreiheit seien die Forderungen im Herbst 1989 gewesen, betonte Brigitta Wurschi, die zu den Mitbegründern des Neuen Forums in Würzburgs Partnerstadt Suhl gehörte. Dafür sei man auf die Straße gegangen. Erstmals im Dezember seien bei Demonstrationen in Suhl Forderungen nach der Wiedervereinigung laut geworden. Die Bürgerbewegung sei gespalten gewesen. Spätestens nach den Wahlen im März 1990, bei denen die von Helmut Kohl favorisierte „Allianz für Deutschland“ siegte, sei für alle klar gewesen, dass die Wiedervereinigung kommt.