Künstlerisches Wagnis
Mit dem Pianisten Gerhard Oppitz allerdings hat er noch nie zusammengearbeitet. Man darf also ruhig von einem künstlerischen Wagnis sprechen, denn so viel Spontaneität dürfte auch erfahrene Musiker nicht kalt lassen. Nach gemeinsamer Kurzprobe beginnt das Konzert eine halbe Stunde verspätet, was das Publikum klaglos hinnimmt.
Oppitz erweist sich als einfühlsamer, verlässlicher Liedbegleiter, der sich klanglich nicht in den Vordergrund drängt. Christoph Prégardien – nur leise ahnt man, dass er sich zu Beginn des 75-minütigen Konzerts noch etwas schont – tritt beim Singen völlig hinter die Musik zurück. Er artikuliert deutlich und natürlich, arbeitet nur ganz sparsam mit Gesten.
Besonders intensiv gelingen ihm, der für seine klare, linear geführte Tenorstimme bekannt ist, die leisen, poetischen Momente der „Winterreise“, die wenigen Sekunden scheinbaren Trostes, auf die Bitterkeit und emotionale Not oft umso heftiger hervorbrechen. Still und zentriert „Der Lindenbaum“ als trügerische Oase des Friedens, freundlich schmeichelnd der Beginn des „Frühlingstraums“.