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Würzburg
Böses Blut bei den Bauern
Maisfeld bei Hopferstadt.
Foto: Gerhard Meißner | Maisfeld bei Hopferstadt.
Tilmann Toepfer
Tilman Toepfer
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:32 Uhr

Nun gibt es eine neue Stufe der Eskalation. Ermutigt durch eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofes („Vogel-Urteil“) hat die Inkasso-Gesellschaft der Pflanzenzüchter mehr als 80 000 Bauern in Deutschland angeschrieben. Der Brief fordert dazu auf, Nachbau zu melden und die Gebühr bis 30. Juni zu zahlen. Andernfalls werde Schadensersatz geltend gemacht und der Staatsanwalt eingeschaltet. In der Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Würzburg heißt es, der Mahnbrief habe „viel böses Blut“ verursacht.

Ein BBV-Funktionär, der anonym bleiben möchte, äußert Verständnis für renitente Bauern. Er werde oft gefragt, warum man an die STV zahlen solle, wo es doch bei einzelnen Getreidesorten seit Jahren kaum züchterische Erfolge gebe. Der Mann macht sich für den Nach- und Anbau traditioneller Getreidesorten stark und sagt, bei Emmer, Dinkel und Einkorn sei „ein gewisser Grundstock“ nur durch den Nachbau bei den Bauern erhalten geblieben.

Die Zucht einer neuen Weizensorte dauere „mindestens fünf bis zehn Jahre“
Andererseits, so der BBV-Experte, sei Pflanzenzucht für Ernährung und Gesundheit wichtig. Die Zucht einer neuen Weizensorte dauere „mindestens fünf bis zehn Jahre“ und könne Millionen kosten. Deshalb müssten Pflanzenzüchter genug Geld verdienen, um am Markt überleben zu können. Gerade die regionalen Betriebe sind wichtig, so der Experte. Deren Pflanzen würden auf Frankens Böden und unter dem Klima hier am besten gedeihen.

Eugen Köhler ist Referent beim BBV in Würzburg und im Brüsseler Büro des Verbands für die Sparte Pflanzenbau zuständig. Der BBV hat seine Mitglieder nicht dazu aufgefordert, Nachbau zu melden und zu bezahlen. Man habe den Mitgliedern lediglich die Rechtslage erläutert und sie „ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jeder Landwirt selbst entscheiden muss“.

Viele Bauern werden das Angebot nicht annehmen, ist Georg Janßen von der Interessengemeinschaft Nachbau überzeugt. Die Zahl der Zahlungsverweigerer sei trotz aller „Einschüchterungen“ stabil. Ein Schutz der geistigen Eigentumsrechte an Saatgut wird von den meisten Bäuerinnen und Bauern abgelehnt. In einer Umfrage der Zeitschrift „top agrar“ gaben fast drei Viertel der befragten Landwirte an, dass der Nachbau Sache der Bauern bleiben muss.
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