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GRETTSTADT
40 Jahre Ehrenamt: „Ich hab's gern gemacht“
Julia Haug
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:08 Uhr

Greubel: Ich hatte meistens mit Bernd Kroll Dienst. Wir waren ein Team. Und haben Fernseh geschaut oder Karten gespielt, Unter Raus oder was ähnliches. (lacht) Irgendwas mit Zehnerlich. Oder Bernd hat Spaghetti Bolognese gekocht. Wir waren im Nachtdienst eine Krankentransport- und eine Rettungsdienst-Mannschaft aus je zwei Personen. Heutzutage gibt es nur noch eine Mannschaft im Nachtdienst. Gekocht wird nicht mehr. Und die haben ohne Pause zu fahren, das hat sich alles geändert.

2002 waren Sie Helfer beim Oder-Hochwasser in Dresden. Aber Sie haben auch sportliche Großereignisse als Rettungsassistent miterlebt.

Greubel: Ja, zur Fußball-WM 2006 war ich im Kontingent aus Unterfranken. Weil es unter der Woche und kein Katastrophenfall war, musste man Urlaub nehmen. Ich war in München und Nürnberg im Stadion, zum Beispiel England gegen Tunesien. Vom Spiel habe ich nichts mitbekommen. Wir wurden damals schon von der Polizei auf Terrormaßnahmen geschult: Wenn eine Bombe hochgehen sollte, hieß es, Patient auf die Trage und ab. „Load And Go“. Das war für uns neu. Man musste ja damit rechnen, dass eine zweite Bombe per Fernzündung die Helfer treffen sollte.

Gilt das heute auch schon im normalen Rettungsdienst?

Greubel: Nein. Bei uns heißt es, erst vor Ort stabilisieren, dann ins Krankenhaus. In New York, USA, wird schon lange bei Terroralarmen „Load And Go“ befolgt, weil hier das Netz der Krankenhäuser sehr dicht ist und man schneller im Krankenhaus ist.

Da durften Sie mal reinschnuppern…

Greubel: Ja, 1995 waren Bernd und ich in New York und sind mit dem Rettungsdienst zwei Schichten durch die Bronx gefahren. Dabei haben wir auch Fire-Fighter kennen gelernt. Wie ich später erfahren habe, sind einige davon am 11. September 2011 umgekommen.

Ist Ihnen ein Unterschied zum deutschen Rettungsdienst aufgefallen?

Greubel: Es ging alles viel ruhiger ab. Im jüdischen Krankenhaus in Manhattan haben wir einen Patienten abgegeben. Die leitende Nurse, die Krankenschwester, hat angeordnet, wo der Patient hingebracht werden soll. Die Ärzte mussten nur von einer Kabine zur nächsten und die Patienten versorgen. Die Hektik aus „Dr. House“ oder diesen Sendungen hab ich nie erlebt.

Und den Stellenwert, den Feuerwehr und Rettungskräfte in Amerika haben, hätten Sie den auch gerne?

Greubel: Wir sind keine Helden. Aber es geht um Anerkennung. Man hat manchmal den Eindruck, die Ehrenamtlichkeit ist erst 2015 mit Ankommen der Flüchtlinge erfunden worden. Was Ehrenamtliche in Feuerwehr, Sportverein oder Rettungsdienst leisten, ist oft eine Selbstverständlichkeit geworden. Das stößt vielen auf. Trotzdem bereue ich keinen einzigen Tag. Die Auszeichnung vom Innenministerium sehe ich als Auszeichnung für uns alle, für uns Ehrenamtliche. Denn ohne Ehrenamt würde in unserer Gesellschaft vieles nicht mehr funktionieren.

 
 
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