Die von Bund und Freistaat beschlossenen Lockerungen der Corona-Regeln sind in Mainfrankens Wirtschaft auf unterschiedliche Resonanz gestoßen. Denn wie die neuen Vorschriften umgesetzt werden können, ist nicht immer klar.
Von einem Hoffnungsschimmer für viele Unternehmen spricht man in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt. Dass in den kommenden Tagen Unternehmen diverser Branchen wieder öffnen dürfen, sei gut und wichtig: "Gerade die kleineren Betriebe brauchen dringend Einnahmen, um auf Dauer ihre Kosten stabil decken zu können", wird IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Jahn in einer Mitteilung vom Donnerstag zitiert.
Einzelhandel: Warum gerade 800 Quadratmeter?
Im Einzelhandel ist die Zahl 800 schlagartig wichtig geworden. Denn so viele Quadratmeter Verkaufsfläche darf ein Händler höchstens haben, damit er am 27. April wieder öffnen darf. Für IHK-Chef Jahn ist das Limit von 800 Quadratmetern aber "nicht nachvollziehbar". Hygiene- und Abstandsregeln könnten unabhängig von der Ladengröße gewährleistet werden. Es sollte größeren Geschäften erlaubt werden, die Verkaufsfläche vorübergehend zu verkleinern, um ebenfalls am Montag wieder Kunden empfangen zu dürfen.
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Ähnlich sieht das Bezirksgeschäftsführer Volker Wedde vom Handelsverband HBE in Würzburg. Warum es gerade 800 Quadratmeter seien, könne er nicht nachvollziehen. Vor allem der Möbelhandel mit seinen oft großen Häusern an den Peripherien kritisiere die Regel. Er bekomme laufend Anrufe von Unternehmern, die ihren Laden vorübergehend verkleinern wollen, um unter den 800 Quadratmetern zu liegen, so Wedde.
Outlet-Center: Wohl auch weiterhin zu
Noch unklar ist, wie es in speziellen Einkaufsadressen wie dem Wertheim Village an der Autobahn Würzburg-Frankfurt (A3) weitergeht. Das künstlich angelegte Dorf besteht aus vielen Boutiquen, die in Gebäudeblöcken untergebracht sind. Es bleibe wahrscheinlich geschlossen, so eine Sprecherin der Stadt Wertheim am Donnerstag gegenüber der Redaktion. Denn die Vorgabe der Bundesregierung sehe vor, dass bei Outlet-Centern mit Shop-in-Shop-Prinzip die Verkaufsfläche in Summe herangezogen wird. Und die beträgt meist mehr als 800 Quadratmeter. Die Stadt Wertheim warte noch ab, welche Detailvorschriften das Land Baden-Württemberg nun mache.
Gastronomie: Weitere Hilfe vom Staat gefordert
Auf jeden Fall geschlossen bleiben in Bayern weiterhin alle Gastwirtschaften, Cafés und Kneipen. Hotels dürfen keine Touristen als Übernachtungsgäste aufnehmen, sondern nur Geschäftsreisende.
"Die Befürchtungen, die wir hatten, haben sich bestätigt", war am Donnerstag die Reaktion von Michael Schwägerl auf die aktuellen Vorschriften der Staatsregierung. Der unterfränkische Geschäftsführer im Hotel- und Gaststättenverband forderte ein weiteres Hilfsprogramm des Staates für die unter der Corona-Krise leidenden Wirte und Hoteliers.
Friseure: Vorübergehend auch montags Termine möglich
Die Friseursalons dürfen mit Einschränkungen am 4. Mai wieder öffnen. Nach dann fünf Wochen Zwangsschließung sei das "allerallerhöchste Zeit", sagt Obermeisterin Monika Henneberger von der Friseurinnung Kitzingen. Der Landesinnungsverband werde in Kürze Details für die Saloninhaber herausgeben, wie sie die Abstands- und Hygieneregeln umsetzen sollen.
Die Terminbücher der Friseure seien proppevoll, so Henneberger. Sie geht davon aus, dass der in der Branche übliche freie Montag "zunächst fallen wird". Viele Salons bräuchten ihn, um den Kundenstau bewältigen zu können.
Was die Kunden grundsätzlich in den Läden erwartet
Plexiglasscheiben als Spuckschutz, Desinfektionsmöglichkeiten für Mitarbeiter und Kunden, Gesichtsmasken und Abstandsregeln: Was in den bisher geöffneten Geschäften schon üblich ist, werde sich in den anderen wieder zugänglichen Läden ebenfalls etablieren - davon ist Bezirksgeschäftsführer Frank Bernard vom Bund der Selbständigen in Lohr am Main überzeugt.
Wie dies im Einzelnen umgesetzt wird, müssten die Geschäftsleute selbst entscheiden. Bernard rät ihnen, die Regeln in ihren Läden schriftlich festzuhalten, um sie bei einer Kontrolle durch Behörden nachweisen zu können.
Gerade für größere Läden wird es nach Ansicht von Bernard nun wohl "nicht vermeidbar" sein, mit einer Art Türsteher zu regeln, dass sich nicht zu viele Kunden gleichzeitig im Inneren aufhalten. In kleineren Geschäften wie Metzgereien oder Bäckereien sei es bereits üblich, dass das Personal unter Umständen Kunden zum Warten vor die Tür schickt, wenn es vor der Verkaufstheke zu eng wird.
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