Blockchain ist nicht nur ein Thema für einen kleinen Expertenkreis, sondern trifft auch in Mainfranken auf immer mehr Interesse. Das zeigte die Veranstaltung „Bitcoin – Hype oder Milliardenmarkt“ an der Universität Würzburg mit gut 200 Teilnehmern. Veranstalter war die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt.
Mehr als nur ein Hype
Axel Winkelmann, Professor für Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Wirtschaftsinformatik, Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsweise und Professor Phuoc Tran-Gia, Lehrstuhlinhaber für Kommunikationsnetze hielten jeweils Vorträge. Ihre Einschätzung: Blockchain könnte nicht nur das Währungssystem revolutionieren, sondern bei entsprechender Weiterentwicklung einen Milliardenmarkt erschließen und unsere Wirtschaft grundlegend verändern.
Bitcoins seien das berühmteste Beispiel: Sie machen Banken überflüssig, die Teilnehmer sorgen gegenseitig für Kontrolle und Sicherheit.
Doch von Blockchain sind längst nicht alle Experten begeistert. Im Interview mit dieser Redaktion hatte kürzlich der Digitalexperte Michael Seemann der Technologie Blockchain eine klare Absage erteilt:„Niemand braucht das.“ Seemann war an diesem Donnerstag zum Kongress mainIT nach Eibelstadt bei Würzburg eingeladen worden, um über das Thema zu sprechen.
Parken leicht gemacht
Anstatt die Daten wie beim Internet auf einem zentralen Server zu speichern, sind die Informationen bei Blockchain dezentral auf vielen verschiedenen Rechnern gesichert. Manipulation wird so unmöglich. Experten behaupten, dass die Technologie so zu mehr Datensicherheit, Transparenz und niedrigeren Preisen durch den Wegfall von Gebühren führt.
Die Technologie beinhaltet zwei Aspekte: Erstens werden Daten gespeichert, die unveränderbar sind und jeder Teilnehmer einsehen kann. Zweitens sind sich selbst erfüllende Verträge, sogenannte „smart contracts“, möglich. Bei der Parkplatzsuche zum Beispiel reicht es mit Hilfe von Blockchain, wenn das Auto auf dem Parkplatz abgestellt wird: Automatisch wird die Parkgebühr digital und ohne Zutun des Parkenden überwiesen. Parkuhren als Zwischenkomponente braucht dann niemand mehr.
Bitcoins nur eine Anwendung von vielen
Gerade im vergangenen Jahr herrschte ein gewaltiger Hype um die Kryptowährung „Bitcoin“ und die dahinterstehende Technologie Blockchain. Überweisungen über Blockchain seien viel günstiger als über Banken, besonders wenn es sich um kleine Beträge handle, so BWL-Professor Axel Winkelmann. „Die Technologie steckt noch in den Startlöchern, doch schon jetzt setzen Unternehmen wie Bosch oder Airbus viel Energie und Geld in die Blockchain.“
Fast alle Unternehmen seien im Moment daran interessiert und versuchten herauszufinden, wie sie Blockchain für sich nutzen könnten. Es sei sicherlich viel Hype im Spiel, aber Blockchain könne in Zukunft einen unheimlich großen Stellenwert erreichen. Bereits jetzt gebe es schon viele Start-ups, die sich nur mit Blockchain beschäftigen. „Es wird aber sicherlich noch Jahre dauern, bis dafür die Strukturen in den Unternehmen geschaffen werden.“
Damit man weiß, woher das Fleisch kommt
Winkelmann erklärte den Zuhörern in Würzburg die grundlegenden Veränderungen, die Blockchain mit sich bringt: „Beispielsweise vertrauen Sie darauf, dass der Metzger sein Fleisch nicht aus der Nähe des Atomkraftwerkes in Tschernobyl bezieht. Provokant gesagt: Sie wissen eigentlich nie, woher der Zwischenhändler das Fleisch bezieht, das später beim Metzger landet. Sie schenken ihm blindes Vertrauen. So läuft es bei fast jedem anderen Kauf.“
Durch Blockchain indes könnten alle Daten des Lieferprozesses gespeichert werden. Wenn das Fleisch von glücklichen Tieren aus sicherer Umgebung komme, werde dies im System hinterlegt. Niemand mehr könne diese Information manipulieren. Gleichzeitig könne jeder die Herkunft nachvollziehen. Der Zwischenhändler falle weg.
Gewaltige Preissenkungen denkbar
Genauso sei es durch Blockchain möglich, Notare oder Makler bei Grundstückskäufen überflüssig zu machen. Egal, ob Notare, Makler oder Banken – alle verlangen Geld für ihren „Zwischendienst“. Gerade wenn es zu vielen Transaktionen zu vermeidlich günstigen Preisen komme, werde Blockchain interessant, so Winkelmann. Wenn ein Lied nur wenige Cent koste, seien die Gebühren der Anbieter teurer als der Song selbst. Mit Blockchain könnten Musikliebhaber Lieder direkt von ihrer Lieblingsband kaufen – ohne Vermittlungsgebühren von Plattenfirmen oder Managern und ohne Überweisungsgebühren der Banken.
Kaum noch Manipulationen
Der Industriekonzern Bosch arbeitet laut Winkelmann mit Blockchain, damit manipulierte Kilometeranzeigen von Tachos der Vergangenheit angehören. Der Kilometerstand werde erfasst und sofort in die Blockchain überschrieben. Falls beispielsweise ein Auto verkauft werde, könne der Kunde sich auf den richtigen Kilometerstand verlassen.