Die gesamte Energie für das eigene Haus selbst zu produzieren: Das wünschen sich viele Verbraucher nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen. Neben Photovoltaik oder Windanlagen gibt es eine weitere Möglichkeit: Kraft-Wärme-Kopplung, kurz KWK. Die Blockheizkraftwerke erzeugen gleichzeitig Strom und Wärme, ein Verbrennungsmotor treibt dabei einen Stromgenerator an. Die anfallende Abwärme wird dann für die Heizung und das Warmwasser genutzt.
Das in Schweinfurt ansässige Unternehmen SenerTec stellt solche KWK-Anlagen her. Über 37 000 hat die 1996 gegründete Firma nach eigenen Angaben inzwischen verkauft. Die Leistungen von fünf Kilowatt genüge für Mehrfamilienhäuser, sagt Hagen Fuhl, Kommunikationsleiter bei SenerTec. Eine KWK-Anlage sei wirtschaftlich und umweltfreundlich zugleich und quasi "Partnerin der erneuerbaren Energien": "Denn wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, übernimmt die Anlage die notwendige Lieferung von Wärme und Strom für das ganze Haus und das eigene E-Auto.“ Mit einer KWK-Anlage könne bis zu 50 Prozent Kohlendioxid und 36 Prozent fossiler Brennstoff eingespart werden.
Versorgungssicherheit durch Erdgas
Aktuell wird jede zweite Anlage mit dem Brennstoff Gas betrieben, wie der KWK-Evaluierungsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2019 zeigt. Die Tendenz: steigend. Erdgas eigne sich aufgrund des bestehenden großen Netzes zur breiten Versorgung und biete eine gute Versorgungssicherheit, sagt Fuhl. Biomasse, also Biogas, wird für die Kraft-Wärme-Kopplung eher im industriellen Bereich eingesetzt.
Als fossiler Brennstoff wird bei Erdgas jedoch noch große Mengen an CO2 ausgestoßen. Für die avisierte Klimaneutralität braucht es neue Energieträger: Der klimaneutrale Wasserstoff kommt ins Spiel. Über Elektrolyse-Prozesse kann dieses Gas mit Überschussenergie aus Photovoltaik und Wind erzeugt und dann ins bestehende Erdgasnetz eingebracht werden. So könne, sagt Fuhl, das Erdgasnetz immer grüner werden - und Wasserstoff als Brennstoff für KWK-Anlagen dienen.
Für eine klimaneutrale Zukunft
In Brennstoffzellen findet Wasserstoff heute schon Verwendung. Der Wasserstoff reagiert hierbei mit einem Oxidationsmittel wie Sauerstoff. Die entstehende Reaktionsenergie wird in elektrische Energie umgewandelt und nebenbei ein geringer Teil Wärmeenergie freigesetzt. Deshalb eignen sich solche Zellen für Ein- oder Zwei-Familienhäuser, bei denen der Wärmebedarf nicht so groß ist. Die Firma SenerTec entwickelt in Zusammenarbeit mit zwei Hochschulen und dem Stadtwerk Haßfurt eine spezielle Anlage, den „Wasserstoff-Dachs“.
Die Herausforderung: Gerade am Anfang wird nur ein sehr geringer Anteil an Wasserstoff ins Gasnetz gemischt. Die Anlage soll sich dann ohne manuelle Einstellungen automatisch auf den Wasserstoffanteil anpassen und so immer die bestmöglichen Wirkungsgrade unter Einhaltung der Emissionsgrenzwerte erreichen. Damit wäre der "Dachs" komplett klimaneutral, sagt Hagen Fuhl. Das Ziel: ein emissionsfreier Gebäudebestand. In in paar Jahren soll der "Dachs" in einer neu gebauten Schule in Haßfurt eingesetzt werden, da die Stadt hier ihr Gasnetz bereits mit Wasserstoff speist.
Allerdings sollen KWK-Anlagen nicht mehr, wie zurzeit üblich, auf Dauerbetrieb laufen. Sabine Gores vom Freiburger Öko-Institut kritisiert die mangelnde Flexibilität größerer Anlagen mit mehreren 100 Megawatt: „Derzeit laufen solche Anlagen auch, wenn Erneuerbare Energien gerade wegen Netzengpässen abgeregelt werden. Der Betrieb erfüllt damit zum Teil vertragliche Versorgungsaufträge, er folgt aber auch verschiedenen ökonomischen Anreizen und betriebstechnischen Abwägungen.“ Es brauche bessere Anreizsysteme für regelbar betriebene Anlagen, die das Angebot der fluktuierenden Erneuerbaren Energien ausschließlich ergänzen.
Soll heißen: Es sollen Anlagen gebaut werden, die regulierbar sind. „Wir brauchen Anlagen, die nach links und rechts schauen und dann liefern, wenn kein Strom und keine Wärme von den erneuerbaren Energien kommt“, sagt Gores. Ähnlich sieht das Fuhl: „Die KWK hilft, die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen. Damit kann die Versorgungssicherheit in Deutschland auch dauerhaft gewährleistet werden“. Laut KWK-Evaluierungsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums werden heute bereits 19 Prozent des deutschen Gesamtstrombedarfs durch Kraft-Wärme-Kopplung sichergestellt.
KWK-Anlagen eignen sich beispielsweise gut für dichte Siedlungsgebiete. Bei Neubaugebieten biete sich an, ein Wärmenetz zwischen mehreren Häusern aufzubauen, sagt Clemens Galonska von der Umweltstation Würzburg. Wo zu viel Wärme vorhanden sei, könne diese über ein Nahversorgungsnetz zu anderen Gebäuden wie Altenheimen oder Schwimmbädern gelangen, so Galonska: „Dadurch können wir gerade in der Städteplanung eine hohe Energieeffizienz erreichen.“
Gesetze und Regularien als Hindernisse
Trotz der Fördergelder für KWK-Anlagen zögern viele Haushalte noch mit der Anschaffung, verunsichert vor allem durch die Fülle an Regularien und Vorschriften. Hagen Fuhl appelliert an die Politik: „Wir brauchen Planbarkeit. Gesetze und Regularien müssen einen längeren Bestandscharakter haben und sie müssen transparenter, einfacher und verständlicher werden.“
„Die Qualität der KWK ist die Regelbarkeit und die müssen wir ausnutzen“, so Sabine Gores. Und Hagen Fuhl ist sicher: „Die Kraft-Wärme-Kopplung und damit auch die Brennstoffzelle sind die Zukunft der Energieversorgung.“